Fast 110 Jahre Lohnunternehmen Niehues Der vierte Franz ist Chef über Trecker und Co.

Fast 110 Jahre ackern für die Bauern: Legdens Lohnunternehmen Niehues
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Das Jubiläum zum 100-jährigen Bestehen hat das Lohnunternehmen Franz Niehues im Deipenbrock verpasst. Warum das so war, weiß heute, fast zehn Jahre später, in der Familie niemand mehr. Dabei hätte es viele Gründe gegeben, um das Hundertjährige ausgiebig zu feiern.

Begonnen hat alles mit Franz Niehues (Jhg. 1883). Und der hinterlässt den nachfolgenden Generationen nicht nur ein besonderes Geschäft, sondern auch seinen Vornamen. Selbst sein Urenkel und jetziger Eigentümer, Jahrgang 1982, heißt Franz. Und dessen Sohn (4) ebenso. Offensichtlich wird Tradition hier groß geschrieben.

Doch zuerst ein Blick auf die Anfänge: Es ist das Jahr 1915, als Franz Niehues in Wehr, wo er auch geboren wird, ein mobiles Dreschunternehmen gründet. Und nicht nur das. Mit zwei PS im Gespann, Dreschmaschine und angehängtem Motor bietet er den Bauern ringsum seine Dienste beim Dreschen des Korns an.

Auf den Höfen kennt man ihn, da er ohne Ausbildung zwar, aber über großes technisches Können verfügt und dort so manche Notlage „retten“ kann und Reparaturen durchführt. Vor allem an den sogenannten „Sauggasmotoren“, eine der ersten Verbrennungsmotoren auf Basis eines Luft-Wasserdampf-Gemischs. Sein Dieselmotor ist es dann aber, der den Grundstein für die lange Unternehmensgeschichte legt.

Tüftler Franz kombiniert nämlich besagten Dieselmotor mit einer Lichtmaschine und kann so neben dem Dresch-Service auch noch Strom und damit Licht auf den Höfen anbieten. Dementsprechend ist Franz Niehues zu seiner Zeit ein gefragter Mann.

Lohnunternehmer sind gefragt

Vorwiegend Handarbeit: Dreschen anno dazumal.
Vorwiegend Handarbeit: Dreschen anno dazumal. © Privat

Das ist auch Urenkel Franz über 100 Jahre später. Nach dem Tod seines Vaters Franz vor viereinhalb Jahren setzt er die Familiengeschichte jetzt in vierter Generation fort. Eigentlich hätte auch er aktuell Zeit für vorweihnachtliche Muße. Die Saison ist weitgehend vorbei und beginnt in der Regel auch erst im Februar wieder. Eigentlich. In diesem Jahr ist alles anders. Der Regen der vergangenen Wochen hat die Äcker unter Wasser gesetzt, sodass das Wintergetreide noch nicht gesät werden konnte.

Damit ist auch eine der Herausforderungen genannt, denen sich der Urenkel stellen muss. Parallel dazu sind die Aufgabenstellungen und damit die Geschäftsfelder gewachsen und die Maschinen ebenfalls.

Ein Bild aus dem Familienalbum zeigt den Gründer Franz mit Familie und Helfern.
Ein Bild aus dem Familienalbum zeigt den Gründer Franz mit Familie und Helfern. © Privat

Maschinen werden immer größer

„Die Maschinen sind immer größer geworden“, erinnert sich Mathilde Niehues (Jhg. 1954) an ein in vielerlei Hinsicht stetig gewachsenes Unternehmen. Ihr Mann steigt wegen des Unfalls eines Mitarbeiters bereits im Alter von 18 Jahren in den Betrieb ein und erlebt hautnah den enormen Wandel in der Landwirtschaft. Während der Großvater fast ausschließlich mit Dreschen und Stromerzeugen beschäftigt war, ist eine Vielzahl an Aufgaben hinzugekommen.

Zwar arbeitet Franz III. Niehues sogar noch in der Holzwirtschaft, ist aber als selbstständiger Lohnunternehmer im Dauereinsatz: Säen von Getreide, Mais legen, Pressen von Heu und Stroh, Ernten von Gras, Dreschen, Häckseln von Mais und Rüben - ein weites Feld.

Der Oldie im ansonsten hochmodernen Niehues-Fahrzeugpark.
Der Oldie im ansonsten hochmodernen Niehues-Fahrzeugpark. © Christiane Hildebrand-Stubbe

Zwar läuft die Haupt-Saison von Mai bis Oktober, Mathilde Niehues weiß aber ganz genau, dass die Saison auch mal in die Verlängerung geht: „Da am 2. Dezember 1977 unser Tochter geboren wurde, weiß ich genau, dass mein Mann an dem Tag in den Stoppelrüben war.“ Zwar helfen die Niehues-Brüder bei Bedarf mit, ohne Mitarbeiter geht es aber schon da nicht mehr.

1968 wird der Firmensitz zum Deipenbrock 41 verlegt, wo auch die ersten Hallen entstehen. Für die Fahrzeuge und Maschinen und auch als Reparatur-Werkstatt von Landmaschinen. „Das haben wir früher noch gemacht“, sagt der 41-jährige Franz Niehues.

Nicht nur damit haben er und sein Betrieb inzwischen nichts mehr zu tun: „Auch nicht mit Rüben und Kartoffeln“. Der jetzige Betriebsinhaber absolviert bereits seine Ausbildung im väterlichen Betrieb. Und für den Jüngsten der Familie ist

eigentlich immer schon klar, dass er die Familientradition fortsetzt. Keine der vier Schwestern hat ähnliche Ambitionen.

Wandel der Landwirtschaft

Seit dem Tod des Vaters steht er in der ersten Reihe und erlebt die Transformation der Landwirtschaft hautnah mit. Ob Klimawandel, strenge Verordnungen und Dokumentationspflichten auf der bürokratischen Seite ist es vor allem der rasante technische Fortschritt. „Alles wird digital“. Stichwort „Smart farming“. Ob beim passgenauen Einbringen von Saatgut und Dünger, ob GPS-gesteuerte Bodenbearbeitung und Ernteverfahren, Einsatz von Drohnen oder sogar KI, ein Ende der Entwicklung ist nicht in Sicht.

Stichwort „Ertragskarten“, auf denen digital festgehalten wird, wie genau jeweils der Ertrag auf welcher Fläche ist. Die auf einem USB-Stick gespeicherten Daten können dann beim Säen und Düngen gezielt umgesetzt werden. Franz Niehues: „Auf einem schweren Boden müssen zum Beispiel mehr Körner gesät werden.“

Ansprüche an die Qualität

„Vieles ist schneller geworden und auch bequemer“, nennt Franz Niehues Vorteile des Fortschritts. Gleichzeitig erlebt er, dass die Ansprüche an seinen Betrieb gestiegen sind - an die Qualität und auch an die Verfügbarkeit des Lohnunternehmers. „Geerntet werden soll immer zum optimalen Zeitpunkt und zu optimalen Bedingungen.“ Wenn also laut Wetter-App mit Regen um 14 Uhr zu rechnen sei, müsse eben vor 14 Uhr der Einsatz erfolgen.

Zum Niehues-Geschäftsfeld gehört mittlerweile auch das Ausbringen von Gülle. Zu diesem Zweck hat er sich zusammen mit einem Kollegen aus Gescher eine „Verschlauchungsanlage“ angeschafft. Mit Pflanzenschutz wie noch sein Vater hat er aber nichts mehr zu tun. Überhaupt betont er, dass Lohnunternehmer eben nur Auftragnehmer sind und nur das umsetzen, was die Landwirte vorgeben. Das schließt den regelmäßigen Austausch von Landwirten und Lohnunternehmern aber nicht aus.

Meist sind es Stammkunden, die die Dienste des Legdener Lohnunternehmens in Anspruch nehmen. „Das ist einfach Vertrauenssache, man kennt die Fahrer, und die kennen sich aus, kennen die Besonderheiten vor Ort.“ Für Franz Niehues ist klar, dass der besondere Vorteil für ihn war, dass er einen bereits etablierten Betrieb übernehmen konnte. Und irgendwie ist er sich fast schon sicher, dass er nicht der letzte Franz an der Spitze sein wird. Söhnchen Franz (4) will jedenfalls schon alles das machen, was Papa macht...

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Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 4. Dezember 2023.