Ein echtes Jubiläum ist es nicht, ein denkwürdiges Jahr ist 2023 dennoch: Vor 55 Jahren, also 1968, wurde die Metzgerei an der Brückenstraße in Asbeck von Burghard und Irmgard Kemper gegründet, seit 25 Jahren (1998) führen Sohn Stefan und seine Frau Anja den Betrieb. Und deren Sohn Damian hat sich auch beruflich für das Fleischerhandwerk entschieden - wie Großvater und Vater.
Während andernorts Metzgereien schließen, ist bei Kemper in Asbeck Aufhören ein Fremdwort. Das hat Gründe. Viele gute sogar. Und die liegen hauptsächlich in der Familie. Doch zurück auf Anfang!

Bäckerei zum Verkauf
Es ist das Jahr 1965, als Theo Kikenberg in Ostwestfalen in einer Fachzeitschrift vom Verkauf einer Bäckerei und Konditorei nebst Gaststätte, Laden und Pension an der Kirchstraße 18 mitten im münsterländischen Asbeck erfährt. Der Vorbesitzer Josef Leyers hatte einen tödlichen Unfall erlitten und seine Witwe hatte sich zur Aufgabe des Geschäfts entschlossen.
Theo Kikenberg sagt nur allzu gerne zu, weil der Bäcker- und Konditormeister, der zwischenzeitlich in anderen Berufsfeldern aktiv war, die Chance sieht, mal wieder in seinem originären Beruf Fuß zu fassen. Also siedelt er mit Frau und Familie nach Asbeck um, bezieht die Wohnung über dem Geschäft. Ehefrau und Kinder helfen mit, wo immer sie gebraucht werden.
Start der Metzgerei
So kommt es auch, dass sich in der Wirtschaft Tochter Irmgard und Burghard Kemper begegnen und aus ihnen ein Paar wird. 1967 wird geheiratet. Nur ein Jahr später wird aus der Bäckerei eine Metzgerei. Theo Kikenberg übergibt am 1. Januar 1968 das Geschäft an seinen Schwiegersohn, Metzgermeister Burghard Kemper. Genau an dem Tag, als in Deutschland die Mehrwertsteuer eingeführt wird.
Warum dieser Branchenwechsel? „Im Ort gab es zu der Zeit bereits vier Bäckereien“, erinnert sich Irmgard Kemper, deren Mann Burghard vor eineinhalb Jahren gestorben ist.
Auch die „Gründerzeiten“, die Verantwortung in der Selbstständigkeit, sind ihr gut in Erinnerung: „Es wurde viel gearbeitet und gespart, um Anschaffungen zu tätigen.“ Die ganze Familie und eine Angestellte helfen beim Start mit. Anfänglich gibt es ja auch noch die Wirtschaft, die erst 1978 geschlossen wird.

Vater Burghard ist bei den Bauern des Ortes bei Hausschlachtungen und Wursten aktiv, in der Metzgerei werden Fleisch und Wurst angeboten. Und nach und nach kommen auch fertige Gerichte dazu. Irmgard Kemper: „Kartoffeln haben wir selbst geschält, Möhren geschrappt, Erbsen und Bohnen gepult.“ Gulaschsuppe und Zwiebelfleisch werden anschließend in Gläsern und Dosen haltbar gemacht. Heute erfolgt das alles maschinell.

Mit einem Anhänger vom Bruder in Laer startet Burghard Kemper auch das Marktgeschäft. Zuerst Epe, später sind dann auch Ochtrup und Legden Ziele, die der Kempersche Marktwagen ansteuert. Und da fährt auch Sohn Stefan schon als Junge gerne mit, ist überhaupt in allen Geschäftsbereichen früh mit dabei. Dass er aber auch den Betrieb übernehmen soll, ist für die Eltern kein Muss. Im Gegenteil. „Wir haben immer gesagt, überleg‘ dir das gut!“
Das hat er offensichtlich getan und sich dazu entschlossen, beruflich in die Fußstapfen von Vater und Großvater zu treten. Nach der Ausbildung zum Fleischer-Gesellen in Wüllen schließt er die Meisterschule erfolgreich mit dem Meisterbrief ab. Und der Betrieb wächst. Ein Meilenstein dafür ist, dass das Gebäude Eismann sozusagen ums Eck, in dem sich auch mal die Asbecker Post befand, dazu erworben und umgebaut werden kann.
Stefan Kemper übernimmt
Fortan ist die Metzgerei Kemper viel mehr als nur ein Geschäft. Wurstküche, Produktion, Laden - all das befindet sich jetzt unter einem Dach. Besonders stolz ist Stefan Kemper darauf: „Wir machen komplett alles selbst.“
Was heißt das genau? Vorzugsweise vom Asbecker Bauernhof Hölscher stammen die Schweine, die aus reiner Getreidemast stammen und nach Tierwohl-Standard gehalten werden. Auf Regionalität legt Stefan Kemper beim Einkauf der Tiere generell Wert.
Vor Ort bei Kemper werden die Schweine-Hälften oder Rinder-Viertel zerlegt und weiter verarbeitet. Vorzugsweise zu münsterländischen Spezialitäten, zu klassischen Wurstwaren, Schinken, zu Wurste- und Leberbrot - die Angebotspalette ist umfangreich. Inzwischen machen aber Fertigprodukte (Rouladen, Hochzeitssuppe, Grünkohleintopf, Sauerbraten ...) mehr als die Hälfte des Kemper-Geschäftes aus.

Angesichts einer solchen Betriebsgröße gehören inzwischen rund 10 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zum Team. Darunter auch die Gesellen Ludger Hölscher, Matthias Eidhoff und Thomas Lichtenberger, die alle seit der Ausbildung der Firma Kemper die Treue halten. Zum Teil schon seit über 30 Jahren. Nach wie vor ist auch die Familie im Einsatz. Wie Ehefrau Anja, die ihre Ausbildung hier absolviert hat, Stefans Schwester Sandra Gehling, oder die „tolle Schwiegermutter Rosel Puls“.
Und Sohn Damian (26) ist bereits auf dem Weg zum Fleischer-Meister. Anders als seine vier Geschwister, die ganz andere Berufe gewählt haben. Er schätzt, wie er sagt, das „Hand-werk“ dieses Berufes, dass man sehen kann, was man schafft. „Das habe ich bei Opa und Papa so gesehen.“
Der Junior ist mittendrin in der Kemper-Metzgerei und ein kreativer Kopf: „Ich probiere auch gerne neue Sorten aus.“ Wenn man diese Familie und ihren Zusammenhalt erlebt, wird ersichtlich, was die Stärke dieser Asbecker Metzgerei ausmacht.

Familiäre Strukturen
Dieses Familiengefühl geht über den engen Familienkreis hinaus. Familiär ist nämlich auch der Umgang mit den Kunden. Wenn telefonisch angefragt wird, ob man eine Bestellung vorbeibringen könne, dann wird sie auch gebracht. Gegen Vorkasse werden die Produkte auch verschickt.
Übrigens halten Stefan und Damian Kemper noch einen anderen Teil der Familientradition lebendig. Die Vorlage dazu kam von Firmengründer Burghard Kemper, dem Bäcker- und Konditormeister. „Samstags backen wir Weißbrot und Schmalzstuten, und in der Advents- und Weihnachtszeit Spekulatius“, erzählt Stefan Kemper.
Mehr als nur ein Job
Dennoch darf das alles nicht darüber hinwegtäuschen, dass man ein solches Arbeitsleben auch wirklich wollen muss: frühes Aufstehen, an Markttagen mitten in der Nacht, Personalmangel, hohe Kosten nicht nur bei der Energie, und immer mehr bürokratischer Aufwand.
Das alles bleibt, trotz eingeschränkter Geschäfts-Öffnungszeiten: Donnerstag, Freitag (7.30 bis 12 Uhr) und Samstag (6.30 bis 11.30 Uhr). Dienstags und mittwochs ist Wurstküchenverkauf am Marktwagen von 9 bis 12 Uhr. Zum Markt geht es donnerstags nach Ochtrup, freitags nach Epe (jeweils 8 bis 12.20 Uhr) und anschließend nach Legden (13.45 bis 17.30).
Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, dass sich Damian Kemper trotz der passenden Berufswahl noch nicht entschieden hat, mal den Betrieb übernehmen zu wollen. Und seine Eltern halten es genauso wie schon die Großeltern: „Wir wollen ihn auf keinen Fall dazu drängen.“

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