Seit Monaten blockiert ein Bauschuttcontainer zwei Parkplätze am Spielplatz im Baugebiet Up´n Berge. An der nordwestlichen Ecke des Spielplatzes ist eine etwa vier mal vier Meter große Baugrube ausgehoben. Das Loch ist mit Absperrbaken gesichert. „Das ist bestimmt schon seit September so“, erzählt Marina Sanjakov im Gespräch mit der Redaktion vor Ort.
Die Firma Westnetz plant an dieser Stelle eine neue Ortsnetzstation, wie Michael Berkemeier, Sprecher der Firma Westnetz, der Redaktion per E-Mail mitgeteilt hat. Dagegen wehren sich Eugen und Marina Sanjakov. Sie haben nicht nur Angst vor der Strahlung der Station selbst. Auch die Strahlung der Leitungen, die zu dieser Station führen, bereitet den Eheleuten Sorge.
Im Jahr 2018 haben die beiden ihr Haus an der Ecke Händelstraße/Bergers Kamp gebaut. „Die Kinderzimmer unserer beiden Jungs (3 und 5) liegen in Richtung Spielplatz und demnächst wohl auch in Richtung Trafostation“, erläutert Marina Sanjakov. Der Abstand zwischen ihrem Haus und dem geplantem Standort der neuen Ortsnetzstation beträgt nur etwa 12 Meter.
Abstand erhöhen
„Grundsätzlich sehen wir die Notwendigkeit der Anlage ein“, sagt sie, „aber muss die Station unbedingt hier vorne gebaut werden?“. Man könne sie doch auch im hinteren Bereich des Spielplatzes bauen, dadurch würde der Abstand zu ihrem Wohnhaus enorm gesteigert, sagt die besorgte Legdenerin.
Auch wenn die Firma Westnetz die Befürchtungen der Eheleute als unbegründet zurückweist und versichert, dass von den „Betriebsmitteln im öffentlichen Raum“, wie der Unternehmenssprecher schreibt, keine Gefahr ausgeht. Eugen und Marina Sanjakov haben vor allem Angst vor langfristigen Gesundheitsschäden ihrer beiden Söhne.
Regelmäßige Messungen
Bezüglich der elektromagnetischen Verträglichkeit würden werksseitig regelmäßig Messungen und Tests durchgeführt. Bei dem geplanten Stationstyp in Legden werden an allen Messpunkten, 20 Zentimeter von der Station entfernt, Werte unter 100 Mikrotesla erreicht.
Um das in ein Verhältnis zu setzen: In sämtlichen Haushalten befinden sich elektrische Geräte, die wesentlich größere elektromagnetische Felder erzeugen, wie zum Beispiel WLAN-Router oder Funkuhren, schreibt Michael Berkemeier.
Einfach den Stecker ziehen
„Uns ist klar, dass auch bei uns zu Hause Strahlung von Elektrogeräten wie Mobiltelefonen, dem Fernseher oder der Mikrowelle ausgeht. Deren Betriebszeit kann ich aber beeinflussen, indem ich zum Beispiel den Stecker ziehe“, sagt Marina Sanjakov. Das gehe bei der Station ja nicht, ergänzt sie.
Die Firma Westnetz nehme die Sorgen der Eheleute Sanjakov durchaus ernst, versichert Michael Berkemeier. „Die Arbeiten wurden nach der Beschwerde der Familie daher auch vorerst gestoppt“, schreibt er in seiner E-Mail. Es habe einen Ortstermin mit der kommunalen Behörde gegeben, um zu überprüfen, ob eventuell doch noch eine Alternativlösung realisierbar wäre, erläutert der Sprecher der Westnetz.

Viele Faktoren spielen eine Rolle
Bei der Planung einer neuen Ortsnetzstation seien aber zahlreiche Aspekte zu berücksichtigen, schreibt Michael Berkemeier weiter. Neben technischen Herausforderungen, wie das Einbinden in das bestehende Stromnetz, künftige Nachverdichtungen oder geplante Neubaugebiete, würde selbstverständlich auch der Umwelt- und Gewässerschutz berücksichtigt.
„Aber auch die Interessen der Öffentlichkeit und der Anwohnerinnen und Anwohner werden beachtet“, so der Unternehmenssprecher. „Ebenfalls haben wir im Planverfahren Alternativen zur Standortwahl in Betracht gezogen. Leider sind diese aus technischer Sicht nicht umsetzbar.“
Versprechen nicht eingehalten?
Enttäuscht sind Eugen und Marina Sanjakov auch von Bürgermeister Dieter Berkemeier. „Zur Wahl hat er noch geklingelt und versichert, er sei jederzeit ansprechbar und würde sich für die Belange der Bürger einsetzen“, erzählen die beiden. Jetzt fühlen sie sich von ihm im Stich gelassen. Dieter Berkemeier weist die Anschuldigung entschieden zurück.
„Selbstverständlich haben wir auf die Einwände der Eheleute reagiert. Das haben wir auch beim Ortstermin mit der Firma Westnetz verdeutlicht. Leider können wir die Gegebenheiten bei der Standortwahl nur begrenzt beeinflussen“, erklärt er im Gespräch mit der Redaktion. Außerdem müsse er auch die Interessen der übrigen Bürger berücksichtigen und die machen die Errichtung der Station dringend nötig, erklärt er.

Zu viel Regen
Auch wenn mit der Standortwahl nicht alle Seiten zu 100 Prozent zufrieden sind, wird die Station dort gebaut werden, wo seit Monaten ausgeschachtet ist. Aktuell ruhen die Arbeiten aufgrund der Niederschlagsmengen, schreibt Michael Berkemeier. Sobald es das Wetter zulässt, werden die Bauarbeiten für die Station wieder aufgenommen.
Nötig ist der Bau der neuen Ortsnetzstation, weil die Anforderungen und Belastungen an die Stromnetze ständig steigen. Das liegt an der massiven Zunahme von Elektroautos, dem Heizen mit Wärmepumpen und den vielen Photovoltaikanlagen, die Strom ins Netz einspeisen.
Gerade im Bereich Händelstraße/Bergers Kamp wurden in jüngerer Vergangenheit viele Photovoltaikanlagen auf den Dächern installiert. Um die Stabilität des Stromnetzes und damit die Versorgungssicherheit für die dortigen Anwohner auch zukünftig zu gewährleisten, ist es unumgänglich, hier eine neue Ortsnetzstation zu errichten, so der Unternehmenssprecher der Firma Westnetz abschließend.