
© Christiane Hildebrand-Stubbe
Die vielen beruflichen Glücksfälle der Sabrina Lange (35) aus Legden
Glücksserie
Sabrina Lange (35) hat ihr berufliches Glück lange Zeit außerhalb von Legden gesucht. Jetzt ist sie wieder zurück, ist hier angekommen. Als Mitarbeiterin der Gemeinde. Ein echter Glücksfall.
Es sind so manche Umwege, die Sabrina Lange gegangen ist, bis sie sich für eine Zukunft in der alten Heimat entschied. Seit November teilt sie sich mit Karin Green eine Stelle in der Gemeinde, ist hauptsächlich für Tourismus, aber auch für Aufgaben des Bürgerservice zuständig. Doch der Reihe nach: In Wesel gebürtig kommt sie mit der Familie zuerst nach Lünen und schließlich 1998 nach Legden. Dort finden die Eltern für Sabrina und ihre beiden Brüder ein neues Zuhause.
Am Alexander-Hegius-Gymnasium in Ahaus macht sie sich auf den Weg zum Abitur, muss aber in der Stufe 11 entdecken, dass für sie nicht das passende Angebot an Leistungskursen realisierbar ist. Also wechselt sie zur Lise-Meitner-Schule in Ahaus mit ihren dualen Möglichkeiten und strebt eine Ausbildung als Erzieherin an. Praktika führen sie ins Jugendzentrum nach Gronau. „Da hat es mir super gefallen und ich hätte gerne auch das Anerkennungsjahr da gemacht“, sagt sie. Die Möglichkeit gibt es aber nicht. Alternativen hätten sich bei Kinderheimen ergeben, oder auch in Kindergärten. „Die Arbeit im Heim habe ich mir einfach nicht zugetraut und Kindergärten waren so gar nicht meins.“
Zur Ausbildung nach Essen
Also belässt sie es beim „Abi in der Tasche“ und schaut sich um nach neuen Möglichkeiten. Bei ihrer Suche im Netz stößt sie auf ein Ausbildungsangebot zur „Reiseverkehrskauffrau“. Sie bewirbt sich bei BCD Travel in Essen, einer der ganz Großen der Branche für Geschäftsreisen-Management. Bevor sie aber den „Zuschlag“ erhält, muss sie sich unter 100 Bewerbern behaupten, durchläuft ein umfangreiches Assessment-Center – und wird schließlich genommen. Als eine von sechs Azubis. Mit 20 startet sie in eine berufliche Zukunft in Essen, die so ganz anders ist, als mal geplant.
Umfrage
- Wir haben unsere Legdener Leserinnen und Leser gefragt: „Mensch, wie glücklich bist Du?“
- Die Umfrage kann nicht als repräsentativ gesehen werden, aber sie gibt ein Stimmungsbild zu Corona-Pandemie-Zeiten auch aus dem Dahliendorf wieder.
Sie zieht um und ist erst einmal froh über den Wechsel vom „Dorf“ in die große Stadt. Von ihrem Schlafzimmerfenster aus hat sie die Autobahn vor Augen und beginnt nach und nach Dinge zu vermissen: Familie, Freunde, die Natur des Münsterlandes. Im Unternehmen arbeitet sie im Großraumbüro, in Teams, mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen und einem jeweils halbjährlichen Wechsel. Die Wirtschaftskrise lässt in ihr zusätzlich den Wunsch reifen, die eigentlich dreijährige Ausbildung zu verkürzen. Gegen alle Bedenken von außen ist ihr klar „ich zieh das durch“.
Neuer Arbeitsplatz in Coesfeld
Parallel erfährt sie von einer Stelle in Coesfeld im Reisebüro Schlagheck, pendelt von Essen nach Coesfeld zum Probearbeiten. Und noch im Auto bekommt sie den Anruf des Chefs, dass man sie im Team haben möchte. Mit Hilfe eines Crash-Kurses schafft sie die Prüfung und kündigt. „Dann war ich eine Woche arbeitslos, bin dann am 1. Februar 2010 nach Legden umgezogen und in Coesfeld gestartet“, erzählt sie und schwärmt. Von dem tollen persönlichen Betriebsklima, den Chefs, den Kollegen und von der beruflichen Vielfalt.
Auch hier sind es vor allem Firmenkunden, die sie betreut, sorgt für Rundum-Pakete. Von Buchungen für Flug und Bahn bis hin zur Beschaffung der Visa. Und dann kommt Corona. Eine enorme Herausforderung für Sabrina Lange und ihre Kollegen: „Es ging vor allem darum, die Menschen, die in aller Welt verteilt waren, zurückzuholen.“ Stichwort Work and Travel – da häuften sich die Telefonate mit Eltern, die sich um ihre Kinder sorgten. Überhaupt muss ständig umgebucht werden, Flüge werden wieder gestrichen und neu gebucht. „Das war eine ganz schreckliche Zeit“, erinnert sie sich.
Corona verändert alles
Hinzu kommt die andere, bittere Konsequenz von Corona: Kurzarbeit. Statt der Arbeit im Kollegen-Team ist sie plötzlich alleine auf sich gestellt. Muss sich auf immer neue Modalitäten einstellen. Erst recht, als Kurzarbeit nur noch einen Tag im Monat bedeutet: „Da brauchte man Zeit, um wieder drin zu sein, und dann war der Tag schon vorbei.“ Schließlich ist es mit der aktiven Arbeit ganz vorbei: 100 Prozent Kurzarbeit! „Corona hat mir echt den Spaß an der Arbeit genommen“, sagt sie und gibt dennoch nicht auf.
Ihre Frage damals: Will ich komplett was Neues anfangen oder nur etwas für zwischendurch?“ Als passende Möglichkeit bietet sich ihr die Selbstständigkeit mit proWIN, einem Direktvertrieb für Reinigungsmittel, Kosmetik und Tiernahrung an. „Das war sehr praktisch, weil ich das alles von zuhause aus organisieren konnte.“ Das ist deshalb von besonderem Vorteil, weil sie da bereits Mutter von drei Töchtern ist: von Sophie (10), Nele (7) und Jule (4). Zwischen den Geburten pausiert sie jeweils nur ein Jahr und arbeitet danach weiter.
Lockdown als Extremsituation
Für die Mutter von drei Töchtern beschert die Pandemie aber weitere Herausforderungen: „Im richtigen Lockdown waren alle Kinder zuhause, das war einfach nur mega anstrengend.“ Vor allem das Homeschooling bringt sie an echte Grenzen. Entlastung spürt sie, als die „Kurze“ wieder in den Kindergarten, die Großen zur Schule gehen können. Dennoch spürt sie, dass etwas fehlt: „Kollegen wieder live zu erleben, mit Erwachsenen zu sprechen.“ Da tut sie das, was sie schon immer getan hat: Sie schaut sich um und entdeckt das Stellenangebot der Gemeinde Legden, das wie für sie gemacht scheint.
Vor dem Vorstellungsgespräch sei sie so aufgeregt gewesen, wie noch nie zuvor, sagt sie. Auch anschließend habe sie nicht einschätzen können, wie sie angekommen sei. Weitere Klippe: Die Stelle ist als Vollzeitstelle ausgeschrieben, ihr aber nur Teilzeit möglich. Als sie dann aber auf Karin Green getroffen sei, die sich mit ihr die Stelle teilen wolle, habe sie sofort gespürt, dass es passt, dass die Chemie stimmt. Das habe sich auch am Arbeitsplatz so fortgesetzt.
Die Arbeit, selbst das Neuland Verwaltungsbereich, mache ihr unglaublich viel Spaß. „Ich bin so froh, dass man uns beide ausgewählt hat.“ Ein echter Glücksfall. Nicht nur wegen des kurzen Wegs zum Arbeitsplatz – mit dem Rad und nicht mehr mit dem Auto. Einziger Wermutstropfen: „Der Abschied von Schlagheck macht mich schon traurig.“
Seit über 30 Jahren dem Medienhaus treu verbunden geblieben, zunächst in Steinfurt und jetzt in Ahaus. Hegt eine Leidenschaft für gute Geschichten, Menschen und ihre Schicksale.
