Es gibt wohl kaum eine solche malerischere Kulisse in Legden als die an der Düstermühle. Scheint die Sonne, spiegelt sich die alte Mühle in der Dinkel – aktuell lassen die bunten Herbst-Blätter den Ort zu einem kleinen Paradies werden. Kein Wunder, dass sich Bianca Jugel dort schon jetzt mit ihrem Restaurant nebenan so richtig wohlfühlt. Und das, obwohl sie erst seit knapp einem halben Jahr dort Gäste bewirtet.
Erstmals wird die Mühle anno 1151 erwähnt, ist Getreide- und auch Ölmühle und soll im Mittelalter auch als Gerichtsstätte genutzt worden sein. Fast 900 Jahre später ist aus dem traditionellen Gasthaus an der Mühle „Jugel‘s Landgasthof Düstermühle“ geworden. „Es ist wirklich schön hier“, freut sich Bianca Jugel. „Wir mussten zwar einiges renovieren, aber jetzt sind wir sehr zufrieden, wie es hier aussieht.“ Zusammen mit dem „Gartenbaubetrieb Lösing“ brachte die zweifache Mutter vor allem die Pflanzen rund um das Restaurant wieder auf Vordermann. „Das war schon alles verwildert“, sagt sie mit einem Lachen.
Auch im vergangenen Jahrhundert sind die Düstermühle und der benachbarte Gasthof ein beliebtes Reiseziel - für Familien, die ihre Kinder einfach ein wenig unter den Bäumen spielen lassen und in der Dinkel baden lassen wollen. Oft wird dafür dann der knapp einstündige Weg aus Legden an die Mühle zu Fuß angetreten. Das gleiche gilt für die Wanderer, die von Schöppingen nach Ahaus unterwegs sind. Und der ganze Ort atmet Tradition.
Wer sich zum Beispiel die Mühle genau anschaut, der findet noch heute über der Tür eine Inschrift zu einem Neubau im Dezember 1799 sowie ein Wappen mit drei fliegenden Vögeln. Als Erbauerin wird darin „Maria C. Freiin von Galen vom Hause Ermelinghof, Äbtissin zu Asbeck“ genannt.

Zurück in die Jetztzeit: Bis Anfang 2022 ist die 46-Jährige Betreiberin noch Besitzerin der Brüningmühle in Schöppingen, weil es dann alles etwas zu klein wird, der Pachtvertrag sowieso ausläuft, zieht es sie nach Legden. Am 20. April wird dann der Landgasthof an der Düstermühle eröffnet. Allerdings ist es nicht ganz richtig, immer nur von Bianca Jugel zu sprechen. Das Team ist größer und vor allem, das wird im Gespräch schnell klar, familiärer.
Vater Franz-Josef Dohms sitzt während des Interviews hinter der Theke, da wo er seine Tochter auch die meiste Zeit unterstützt. Mutter Roswitha hilft in der Küche aus. Vor fünf Jahren sind beide, nur um Bianca Jugel zu helfen, aus Erkenschwick ins Münsterland gezogen. „Das ist eigentlich völlig verrückt, sie haben damals alles für mich aufgegeben“, freut sich die Tochter heute noch.
„Er ist hier quasi der Seniorchef, Kneipier und gute Seele zusammen. Ohne meine Familie wäre das Ganze hier nicht möglich“, so Jugel, die den Laden immer mit einem breiten Grinsen zusammen hält.
Bianca Jugel zog im April ein
„Natürlich muss ich ab und zu auch mal richtig Chefin sein, aber sonst ist es mir einfach wichtig, dass sich alle Angestellten wohl fühlen. Ich glaube, dass sich das dann auch auf die Kellner und Köche auswirkt und dann am Ende auch auf die Gäste. Dann kommen die Leute einfach gerne wieder“, so die Inhaberin, die da auch ganz passend über sich selbst sagt:
„Wer nichts wird, wird Wirt“, so die 46-Jährige lachend. „Ich glaube, ich kann ganz gut mit Gästen umgehen und meine gute Laune weitergeben.“ Ganz besonders gut scheint das bei den Stammgästen zu funktionieren, denn die kennen Jugel sogar schon seit ihrer letzten Station an der Brüningmühle. „Den Bikertreff werde ich nicht los, aber das will ich auch gar nicht.“, sagt sie.

Sogar auf der Restaurant-Homepage haben die Motorrad-Fahrer ihren Platz, denn klar: Der idyllische Platz an der Düstermühle ist eigentlich der ideale Ort für eine Pause zwischendurch – genauso für Wanderer oder Radfahrer. „Was will man mehr“, fragt sich auch Vater Franz-Josef da ganz passend. Die Gäste seien einfach eine bunte Mischung aus allem.
„Gut bürgerlich mal anders“ steht derweil auf der Speisekarte des recht neuen Lokals, in dem neben Essensgästen auch immer wieder Feiernde für Hochzeiten oder Geburtstage in den zwei Partysälen Platz finden. Für die Inhaberin bedeutet das, dass es bei ihr westfälisch-münsterländische „Landhaus-Style“-Gerichte gibt, aber eben auch Speisen, die eigentlich nicht so ganz ins Klischee passen.
„Wir servieren zum Beispiel auch viele Burger, da könnte man ja eigentlich meinen, dass das die klassische 70-jährige Münsterländerin nicht essen möchte. Aber gerade die ist es, die dann ihren Burger genießt und sich darüber freut, dass sie mal was anderes auf den Tisch bekommt“, sagt Bianca Jugel und lächelt.
Und so freut sie sich vier bis fünf Tage pro Woche - im Winter hat das Lokal von Montag bis Mittwoch geschlossen und im Sommer montags sowie dienstags - auf viele Gäste, die den Weg an die Mühle auf sich nehmen. In Zeiten, die aktuell keine leichten sind.

„Es ist ja überall große Angst. Wir haben beispielsweise unsere Öffnungszeiten geändert und machen mittags nicht mehr auf, weil es sich einfach nicht lohnt. Und ich bekomme eigentlich jeden Tag Mails, dass irgendwo wieder Lieferschwierigkeiten sind.“ Allerdings liegt der Preis für das große Pils (0,3 Liter) hier noch unter drei Euro.
Unklar, ob das zu halten ist. Gleichwohl ist sich Bianca Jugel sicher, dass sie in jedem Fall auf ihre insgesamt 22 Mitarbeitenden zählen kann. „Wir halten alle zusammen, und das macht es auch so schön hier. Natürlich gibt es immer wieder kleinere Streitigkeiten, aber das geht ja auch gar nicht anders“, sagt sie lachend.
Ganz besonders ist die Geschichte der „guten Seele des Hauses“ Ulrike Krächting. Sie war nämlich schon vor 20 Jahren in der Düstermühle aktiv, wechselte dann zu Bianca Jugel nach Schöppingen und ist nun als Rentnerin wieder „zuhause“. „Sie kennt das Haus hier besser als wir und hilft trotz ihres Alters, wo sie kann. Solche Leute brauchen wir einfach.“
Ganz besonders wird die Legdenerin ihre Mitarbeitenden im nächsten Sommer brauchen, schließlich geht es für sie dann zum ersten Mal seit sieben Jahren in den Urlaub. „Es bleibt alles offen und es wird eine etwas kleinere Karte geben. Aber ich freue mich jetzt schon drauf, dann endlich mal 14 Tage weg zu sein“, so die 46-Jährige. Und den Urlaub hat sie sich auch ganz sicher verdient.
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