Schwarzer Weg 6 im Legdener Gewerbegebiet. Der Benzin-Geruch, der den Besucher nach Betreten der Geschäftsräume sofort einhüllt, ist die Duftmarke des Betreibers Bernd Haunhorst. Womit der sich beruflich beschäftigt, wird sofort auch optisch deutlich: Reih an Glied stehen hier etliche Motorräder, die trotz unterschiedlichen Outfits eines gemeinsam haben: Sie stammen aus dem Unternehmen Harley-Davidson. Nicht erst seit dem Film „Easy Rider“ von 1969 eine Kultmarke.
Was der 58-Jährige damit zu tun hat? Schon fast sein ganzes Leben dreht sich um diese besonderen Motorräder. Längst auch professionell. Sein „Ride-Inn“ am Schwarzen Weg in Legden ist eine feste Adresse für H-D-Fans in ganz Europa. Hier repariert, baut und verkauft er individuelle Bikes. Wie es dazu kam?

Der gebürtige Gronauer fühlt sich schon früh zu Zweirädern hingezogen, schraubt an Fahrrädern rum und entwickelt schnell eine besondere Faszination für Motorräder. Besonders von denen der Marke Harley-Davidson. „Wenn man sie beobachtete, die BMWs oder Kawasakis, so waren sie doch alle irgendwo gleich“, erzählt er. Ganz anders wirken da auf ihn die Modelle aus dem amerikanischen Traditionshaus: „Die waren immer schon anders, wurden von anderen Typen gefahren.“ Beruflich entscheidet er sich aber erst einmal für vier Räder, absolviert eine KFZ-Lehre und geht als Geselle nach München: „Ich war neugierig, wollte noch mehr lernen.“
Nach verschiedensten Jobs - auch als Putzmann - kann er bei BMW anfangen. Zuerst während der Einarbeitung am Band, in der Montage. Drei Jahre später ist er Meister, KFZ-Meister der Industrie. Für viele Jahre bleibt er bei BMW, wechselt dort später zur Motorrad-Sparte des Unternehmens und schließt auch die als Meister ab.

Schrauben in Enschede
Eigentlich reicht ihm aber auch das nicht, durch Zufall lernt er eine Gruppe von Jungs aus Enschede kennen, die sich mit dem Thema „Chopper-Bau“ beschäftigen. Fortan pendelt er jedes Wochenende von München nach Gronau/Enschede und schraubt im Team mit. „Freitags Richtung Gronau und sonntags zurück, das schafft man nur, wenn man jung ist.“ Und er kann ganz viel lernen, vieles vertiefen und Neues entdecken. Aus dem gemeinsamen Hobby wird schließlich eine kleine Firma, bei der er weiter mitarbeitet. Kerngeschäft und ein erfolgreiches dazu ist der individuell gestaltete Rahmenbau.
Und: „Mit dem Kopf war ich da und mit dem Herzen hier“ sagt er heute. Trotz des sicheren Jobs bei BMW kehrt er nämlich ins Münsterland zurück. Ganz schnell findet er dort bei einer Firma für lufttechnische Anlagen neue Arbeit und kann an den Wochenenden weiter in Enschede mitbauen.

Im Ride-Inn-Verbund
Immer mehr aber sind es strenge Auflagen und Anforderungen, die bei der Umsetzung der individuellen Kundenwünsche beachtet werden müssen. Auch Bernd Haunhorst erkennt, wie wichtig Iso-Zertifizierung und TüV, wie bedeutsam die Ansprüche auch an die Sicherheit der Fahrzeuge und die entsprechende Beratung, für sein Metier werden. Da Stillstand nicht so sein Ding ist, folgt der nächste Schritt: der in die Selbstständigkeit. Durch Zufall wird es Legden, wo er 1996 ein Gewerbe anmeldet.
Auf einem Bauernhof in der Steinkuhle baut er mit Freunden die Scheune aufwendig um, investiert viel Geld darin und schließt sich schließlich dem „Ride-Inn-Verbund“ an. „Ich wurde der 5. Stützpunkt“. Fortan beschäftigt er sich in Eigenregie mit Bau, Umbau oder Reparatur von Harley-Davidson-Motorrädern, oder vielmehr ihren ganz individuellen Modellen. Ganz oben stehen dabei die Wünsche und Vorstellungen der Kunden, die übrigens, wie er selbst, meist schon reiferen Alters, zumindest Ü30 sind. Nach wie vor aber sind die unterschiedlichsten Berufe vertreten: Handwerker, Rechtsanwälte, Ärzte, ein Querschnitt der Gesellschaft. Und längst nicht mehr nur Männer.
Gleichwohl habe Individualität auch ihre Grenzen, sagt Bernd Haunhorst: „Ich kann nur das umsetzen, was ich selbst vertreten kann.“ Auch wenn für die Motorräder aus Legden fünf- bis sechsstellige Beträge gezahlt werden müssen.

Vom Hof in die Halle
2005 ist Schluss auf dem Bauernhof, müssen Bernd Haunhorst und sein Ride-Inn umziehen. In die neue Halle am Schwarzen Weg. In Legden will er nämlich bleiben, betont als Argument dafür auch die komfortable verkehrliche Anbindung des Ortes. Fast 20 Jahre schon legt er hier im wahrsten Sinne Hand an, zerlegt die Motorräder (neue wie auch gebrauchte) in sämtliche Einzelteile und baut sie wieder zusammen. Mit genau den Veränderungen, die der Kunde wünscht. Das aber ist für den Motorrad-Profi nicht nur eine Frage der Optik.
Es gehe vor allem darum, herauszufinden, was er mit dem Motorrad will. Will er es nur, um zur Eisdiele zu fahren, oder will er es für den Urlaub nutzen? Erst, wenn alle Fragen beantwortet seien, könne er auch die entsprechenden Vorschläge zur Gestaltung machen. Alles aber, was anschließend nach etlichen, oft Hunderten von Arbeitsstunden herauskommt, sei komplett Handarbeit, betont er stolz.

Die „neuen“ Kunden
Oft fehle es aber der heutigen Kundschaft an Verständnis, dass es deshalb locker ein halbes Jahr bis zur Fertigstellung dauern könne, bedauert er. Erst recht, wenn die passenden Teile, nicht auf Anhieb lieferbar seien. Überhaupt sieht der alte Hase Haunhorst Unterschiede bei den Harley-Fans von früher und heute. Immer noch gehe es um das Besondere, um dieses Lebensgefühl, sich abzuheben von der Masse. Der Legdener sieht aber auch, dass Äußerlichkeiten immer wichtiger würden. Mit Influencern im Zusammenhang mit Harley Davidson hat er auch seine Probleme.
Und nach seinem Verständnis gänzlich auf die Spitze getrieben werde es, wenn man sich bei Youtube anschauen müsse, wie ein Motorrad gewaschen werden müsse. „Wie haben wir das nur früher hinbekommen?“
Dieser Artikel erschien zuerst am 11. Januar 2025.