
Alles Beckhaus oder was? Die „Hermannshöhe“ ist tatsächlich eine reine Familienangelegenheit. (v.l.) Britta und Andreas Beckhaus mit Sohn Hendrik, Maria und Felix Beckhaus. Daneben Dorothee (verh. Rusche) und Gabriele Beckhaus. © Christiane Hildebrand-Stubbe
Bei Hermann auf der Höhe: Von der Zollstelle zum Landhotel-Restaurant
Kneipengeschichte(n)
Wenn der Münsterländer von einer 90-Meter-Erhebung spricht, dann ist das für ihn gefühlt wie ein Berg. Das erklärt auch, wie die „Hermannshöhe“ zu ihrem Namen kam: bei Hermann auf der Höhe.
Die Geschichte der „Hermannshöhe“, heute Landhotel-Restaurant an der Landstraße 474, geht nicht nur namentlich auf den Gründer Hermann Beckhaus zurück. Seine Familie bewohnt über Jahrhunderte einen kleinen Kotten der Egelborg und wird 1865 Pächterin einer sogenannten „Chausseegeldhebestelle“. Allerdings erst, nachdem sie die Bedingung erfüllt hat, das Wohnhaus um 12 Fuß direkt an die Chaussee zu versetzen. Aus der Zollstelle entwickeln sich auch Kneipe, Gastwirtschaft und Hotel. Allerdings dauert das noch Jahrzehnte. Zehn Jahre muss die Familie Beckhaus nämlich zuerst auf die Bewirtungs- und Schankerlaubnis warten.
Das lange Warten auf die Genehmigung
Ihr erster Antrag von 1874 wird mit der Begründung abgelehnt, es gebe schon genug Schankwirtschaften in der Umgebung. Erst der zweite Anlauf führt 1884 zum Erfolg, und Hermann Beckhaus und seine Frau Elisabeth sind das erste Wirtsehepaar der „Hermannshöhe“. „Wie goaht no Hermann up de Höh“, heißt es. 1896 wird Hermann auch Besitzer der Hermannshöhe, die er vom Freiherrn von Oer gekauft hatte, und legt nicht nur den Grundstein für den Besitz.

An der „Chaussee“ liegt die „Hermannshöhe“ immer noch, hat sich aber im Laufe der Jahrzehnte zu einem modernen Landhotel-Restaurant gewandelt. © Christiane Hildebrand-Stubbe
Seitdem nämlich hat sich hier nicht nur die alte Zollstelle mit Kneipe über die Jahrhunderte kontinuierlich weiterentwickelt, sondern führt von Anfang an und bis heute die Familie Beckhaus die Regie. Seit 1963 ist das in dritter Generation Felix Beckhaus, der aktuell mit seinem Sohn Andreas die Geschäfte leitet. Zuvor hatte nach dem Tod von Hermann Beckhaus (1948) dessen Sohn Josef mit seiner Frau Maria 1949 ein neues Gasthaus gebaut und 1952 die Erlaubnis für den Betrieb einer Gaststätte, zwei Gastzimmer und eine Gartenanlage erhalten.
Felix Beckhaus übernimmt
1963 wird Felix Beckhaus Chef in der Hermannshöhe, seit der Heirat 1973 ist auch Ehefrau Maria aus der Hermannshöhe nicht mehr wegzudenken. Sie erinnert sich gut an die Zeiten, als man hier Übernachtungsmöglichkeiten für „Kostgänger“ und „Reisende“ anbot. Und auch an längst überholte Begriffe wie „Fremdenzimmer“, die dann durch „Gästezimmer“ und schließlich „Hotelzimmer“ ersetzt wurden. Auch daran lässt sich die gastronomische Entwicklung ablesen.

Eine historische Ansicht der „Hermannshöhe“ © Privat
Seit den 1970er-Jahren wächst die Hermannshöhe eigentlich stetig, bekommt in allen Bereichen Zuwachs: ob der große Gartenbereich mit ausgiebigen Spielmöglichkeiten oder der Anbau eines weiteren Gastraums, die Erweiterung und Modernisierung der Küche. Ein Meilenstein in der Geschichte des Hauses ist sicher 1982 der Bau eines großen Saales und zweier Kegelbahnen. 1989 folgt die Fortsetzung: Ein kleinerer Saal kommt dazu.
Über Jahrzehnte wird immer gebaut und modernisiert
Ab da geht es eigentlich Schlag auf Schlag. Einige Stichworte: 1993, das Jahr der großen Hotelerweiterung mit großer Rezeption, Frühstücks- und Seminarräumen, Wellnessbereich mit Hallenschwimmbad, Sauna und Co., Bau der hauseigenen Wäscherei. Auch in den Folgejahren wird immer irgendwo gebaut, renoviert. Ein großes Kühlhaus kommt hinzu, ein Stuhllager, ein Löschteich, ein kleiner Park.
Und immer wieder wird draußen wie drinnen modernisiert, alles den wechselnden Ansprüchen der Gäste angepasst. Riesen-Investitionen. Dazu gehört auch, dass in Corona-Zeiten die Fachwerkhütte als Teststelle den „Corona-Jägern“ der Familie Heuser zur Verfügung gestellt wurde.

Ein Foto der „Hermannshöhe“ aus den 1980er-Jahren. © Privat
Und ja, Corona hat es auch der Familie Beckhaus nicht leicht gemacht. Aber trotz einer zweimonatigen Zwangspause sagt Andreas Beckhaus heute: „Wir haben das schon ganz gut hinbekommen.“ Vermutlich ist ein Grund die Stärke der Familie. Neben den Eltern Felix und Maria mit Sohn Andreas gehören auch dessen Ehefrau Britta (Hotelfachfrau) und die Schwestern Dorothee (Bankkauffrau) und Gabriele (Hotel- und Restaurantfachfrau) zum operativen Team der „Hermannshöhe“. Auch die Brüder Thomas (Diplom-Betriebswirt und Hotel- und Restaurantfachmann) und Stefan (Landschafts- und Gartenbauer) sind bei Bedarf zur Stelle.
70 Mitarbeiter als Säulen des Betriebs
Eine wichtige Säule des Betriebs sind aber sicher auch die rund 70 Mitarbeiter und elf Auszubildenden. „40 Prozent kommen aus dem Ausland“, beschreibt Andreas, dass man auch hier flexibel reagiert hat. Schon sehr früh hat man nämlich 2018 eine Kooperation mit einer Agentur aus Sachsen eingestielt, die Nachwuchskräfte aus Indonesien vermittelt. Andreas Beckhaus: „Acht Auszubildende haben im letzten Jahr die Prüfung erfolgreich bestanden.“ Voraussetzung sei aber, dass man den Mitarbeitenden mit Wertschätzung begegne. So sei der geplante neue Mindestlohn kein Thema, da man ihn bereits jetzt zahle. Gerade wird auch ein neues Mitarbeiterhaus gebaut.

Auf der Tafel im Gastraum sind noch die Gebühren der alten Zollstelle ablesbar. © Christiane Hildebrand-Stubbe
Das alles ist die Basis dafür, dass sich die „Hermannshöhe“ längst als besonderes Landhotel-Restaurant mit 60 Zimmern und guter Küche einen Namen bei Gästen, Touristen wie auch Teilnehmern von Tagungen und Seminaren, gemacht hat. Als Pluspunkte nennt Andreas Beckhaus die Verbindung von Historie und Anpassung an moderne Zeiten, die Verlässlichkeit wie tägliche Öffnungszeiten und natürlich die Atmosphäre eines Familienbetriebs, der alle Bereiche des Hauses in der Hand hält.
Vor diesem Hintergrund sieht sich die Familie Beckhaus auch stark für die Herausforderungen der Zukunft. Die aktuelle Situation mit explodierenden Preisen bei Energie und Lebensmitteln macht ihnen allerdings schon „große Sorge“: „Das ist gar nicht kalkulierbar.“ Eine Sorge müssen sie aber wohl nicht haben: Für Sohn Hendrik (7) ist schon jetzt klar, dass er mal mitarbeiten will.
Seit über 30 Jahren dem Medienhaus treu verbunden geblieben, zunächst in Steinfurt und jetzt in Ahaus. Hegt eine Leidenschaft für gute Geschichten, Menschen und ihre Schicksale.
