In der ehemaligen Bäckerei Terwellen direkt am Festplatz in Grafenwald gibt es seit einigen Wochen etwas Neues zu entdecken. Dabei ist das frisch eröffnete Sushi-Restaurant „Midori“ noch gar nicht als solches erkennbar. Lediglich über den Lieferdienst Lieferando konnte man auf das neue Angebot bereits aufmerksam werden. Von einer Inneneinrichtung und Außenwerbung noch keine Spur.
Doch das Ehepaar Anastasia und Avetik Avetikyan, das aus Kiew floh, ist schon fleißig in der Küche zugange. Hier gibt es frische japanische Küche, zubereitet und angeboten von einer Ukrainerin und einem Armenier. „Wir sind überrascht, wie gut das Angebot angenommen wird“, freut sich Anastasia. Unendlich dankbar zeigen sich die zwei. Denn der Weg hierhin war lang und schwierig.
Nervenzehrende Flucht
Als im Februar des vergangenen Jahres die ersten russischen Raketen Kiew trafen, sah sich die Familie zum Handeln gezwungen. Sie lebten in einem kleinen Vorort, direkt neben Butscha. „Wir haben eine kleine Tochter, hörten die Raketen und wussten nicht, wo genau sie eingeschlagen sind“, erinnert sich der Familienvater. „Da war uns schnell klar: Hier können wir nicht bleiben“, ergänzt Anastasia.
Gemeinsam mit ihrer Katze machten sie sich auf den Weg zu einem Onkel in der Westukraine, einem Ort an der Grenze zur Slowakei. „Zum Glück haben wir Freunde in Bottrop. Sie boten uns an, uns zu helfen“, erzählt Avetik. So kamen sie vor anderthalb Jahren in diese Stadt und fanden glücklicherweise nach kurzer Zeit eine eigene Wohnung.

Ein neues Leben in Bottrop
Seither haben sie alles dafür getan, um ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen. „Wir wussten nicht, was wir tun sollten, konnten die Sprache nicht“, so Anastasia.. Erst belegten die beiden einen B1-Deutschkurs, dann B2. Sie war früher Englisch-Lehrerin, arbeitete dann im Management. Avetik ist eigentlich Bau-Ingenieur, arbeitete in Kiew für Uber und hatte dann ein eigenes Logistik-Unternehmen mit stilvollen Möbeln.
„All das passt nicht mehr in unser Leben hier in Deutschland“, sagen sie. In der Ukraine ist Sushi ein absoluter Renner. „Es gibt zahlreiche Pizzerien und Imbissbuden in Bottrop. Wir wollen eine köstliche und gesunde Alternative bieten“, erklärt Anastasia. So belegte sie kurzerhand einen Kurs bei einem japanischen Chefkoch aus Tokio in Düsseldorf.
Nach einer herausfordernden Suche nach einem geeigneten Ladenlokal landeten sie an der Grafenmühle 2 in Grafenwald. Von Dienstag bis Sonntag kann hier über Lieferando eine große Auswahl Sushi und japanischer Speisen zum Abholen und Liefern bestellt werden.
Im Januar sollen dann auch die Inneneinrichtung sowie Außenwerbung fertig sein. „Dann können unsere Kunden auch hier essen“, freuen sich Anastasia und Avetik. Für das positive Feedback und die große Unterstützung im Ort sind sie sehr dankbar.
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