Medizin in Afrika Pensionierte Mediziner sammelten kostbare Erfahrungen in Äthiopien

Bottroper Ärzte sammelten kostbare Erfahrungen in Äthiopien
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Internist, Gastroenterologe und Onkologe Dr. Guido Trenn ist schon lange mit dem Kirchhellener Chirurgen Dr. Franz-Josef Schumacher freundschaftlich verbunden. Der Einladung von Ordensschwester und Gynäkologin Sr. Rita Schiffer, das äthiopische Attat-Hospital zu besuchen, folgte Dr. Trenn nur zu gerne. Schumacher ließ sich nicht zweimal bitten, ihn auf der Reise zu begleiten.

Was sie dort erlebten, lässt sich kaum in Worte fassen. „Die Medizin in Äthiopien ist nicht mit Deutschland zu vergleichen“, sind sich beide einig und berichten fasziniert: „Mit einfachsten Mitteln werden jährlich dort rund 92.000 Menschen versorgt.“

Man nimmt das, was da ist

Die Klinik liegt 175 Kilometer südwestlich von Addis Abeba inmitten eines freien Feldes. Die Menschen nehmen kilometerlange Strecken zu Fuß auf sich, um sich mit unterschiedlichsten Beschwerden an die Ärzte zu wenden: Schwerpunkte der Versorgung betreffen allgemeinmedizinisch-internistische, chirurgische und gynäkologische Krankheitsbilder sowie eine große Anzahl an Geburten. Fachgebiete, die den Bottropern alles andere als fremd sind, doch die Behandlungsarten in Äthiopien unterscheiden sich drastisch von den deutschen Standards.

Das Wartezimmer der äthiopischen Klinik: Patienten nehmen kilometerlange Fußwege auf sich, um sich hier behandeln lassen zu können.
Das Wartezimmer der äthiopischen Klinik: Patienten nehmen kilometerlange Fußwege auf sich, um sich hier behandeln lassen zu können. © Schumacher/Trenn

„Hier wird wirklich Basismedizin betrieben“, erklärt Dr. Guido Trenn. Dr. Schumacher ergänzt: „Bei den Operationen musste ich mich von der Hightech-Medizin in Deutschland verabschieden. Laparoskopische Eingriffe mit hochauflösenden Kameras, Einmalmaterialien, feinste Instrumente und Nahtmaterialien gibt es hier nicht. Man nimmt das, was gerade da ist.“

Schicksal wird hingenommen

Vor Ort sind die Umstände für uns völlig utopisch: Hochschwangere Frauen laufen für die Entbindung zig Kilometer zur Klinik. Tücher und Instrumente werden in Zeitungspapier eingewickelt und sterilisiert. Die Händedesinfektion zur Operation erfolgt mit Wasser und Seife, Desinfektionsmittel ist nicht genug vorhanden. Doch: Sehr viele Operationen werden schnell und mit großem Erfolg durchgeführt. „Wir sahen trotz der eingeschränkten hygienischen und mangelnden apparativen Ausstattung keine postoperativen Infektionen. Es geht alles Hand in Hand“, erläutert Dr. Trenn.

Dr. Schumacher und Dr. Trenn gemeinsam mit Ordensschwester und Gynäkologin Sr. Rita Schiffer bei der Visite einer Patientin
Dr. Schumacher und Dr. Trenn gemeinsam mit Ordensschwester und Gynäkologin Sr. Rita Schiffer bei der Visite einer Patientin: Die Krankenstationen sind mit deutschen Standards nicht zu vergleichen. © Schumacher/Trenn

Weiter bewundert er insbesondere die Einstellung der Patienten: „Auf Basis der gelebten Religion nehmen die Menschen in Äthiopien ihr Schicksal so hin, wie es ist.“

Besonders die Themen Nachversorgung und langfristige Therapien seien schwierig, da sie weder leistbar, noch finanzierbar für beinahe alle seien. „Wir begegneten vielen sehr freundlichen und zugewandten Menschen, die ihr Schicksal entgegennehmen, auch wenn die Diagnose noch so schwer ist“, sagt Dr. Schumacher.

Erfahrung sollte jeder machen

„Wir sind Menschen begegnet, denen mit geringem Aufwand ohne hochspezialisierte Medizin sehr gut geholfen wird“, so die beiden Ärzte. Passend zum Thema hochspezialisierte Medizin: Die Entwicklung hierzulande sieht Trenn kritisch: „Natürlich ist man unglaublich froh, in einem so weit entwickelten Land wie Deutschland leben zu dürfen. Aber die Erfahrung in Äthiopien zeigt, dass wir es hier auch manchmal ein wenig übertreiben.“

Besonders jungen Ärzten empfehlen die beiden Pensionäre, ähnliche Eindrücke in den frühen Zügen der Karriere zu gewinnen, um den Blick auf die Medizin erweitern zu können. „Man profitiert davon sicherlich auf dem gesamten weiteren Lebensweg“, betont Dr. Schumacher.

Das Krankenhaus finanziert sich zu 50 Prozent durch die Beiträge der Patienten und 50 Prozent durch Spenden. Dabei betont Dr. Trenn: „Wenn ein Patient nicht genügend Geld hat, wird die Behandlung dennoch durchgeführt.“

Für die landesweiten Programme gegen HIV, Tuberkulose und für Impfungen gibt es staatliche Unterstützung. Jede Hilfe ist herzlich willkommen. Auf Dr. Schumachers YouTube-Kanal (fjschum) können sich Interessierte einen Eindruck von der Reise verschaffen.

Spenden können an „Missionsärztliche Schwestern Deutschland“ mit dem Stichwort: Attat Hospital (sehr wichtig!), IBAN: DE40 3606 0295 0047 4000 15 gerichtet werden.

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