Weder Glabotki noch Glagelski Wie Kirchhellen dem Namens-Gau knapp entkam

Weder Glabotki noch Glagelski: Wie Kirchhellen dem Namens-Gau entkam
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Die kommunale Neuordnung von 1975 hatte erhebliche Auswirkungen auf Kirchhellen. Bottrop war bis dahin kreisangehörig und zählte rund 115.000 Einwohner. Gladbeck brachte als bereits kreisfreie Stadt auf weitere 85.000, aus Kirchhellen als Landgemeinde kamen damals rund 16.000 Menschen hinzu. Gemeinsam hätten sie eine neue kreisfreie Stadt mit rund 200.700 Einwohnern gebildet – passend zur Vorgabe, dass im Ruhrgebiet kreisfreie Städte mindestens 200.000 Einwohner haben sollten.

„Glabotki“, ein Kofferwort aus den Namen der beteiligten Städte, hätte Realität werden können und wurde erst in letzter Minute verhindert. Es wäre ein Albtraum für die meisten Kirchhellener gewesen, schlimmer wäre wohl nur für die eine Eingemeindung in Gelsenkirchen gewesen.

Kaum denkbar, für was für Unruhen 1975 der Städtename „Glagelski“ gesorgt hätte – doch es kam alles anders.

Rettendes Nikolausurteil

Kirchhellen verfügte als kleine Landgemeinde nicht über die personellen und fachlichen Ressourcen, um moderne Infrastruktur und Sozialaufgaben eigenständig zu bewältigen. Durch die Fusion sollten zentrale Fachabteilungen entstehen, Verwaltungskosten sinken und gebündelt werden.

Die Idee lautete, Gladbeck, Bottrop und Kirchhellen zusammenzuschließen. Doch keiner der drei Orte war glücklich damit, ganz im Gegenteil. Der Ruf „Rettet Kirchhellen“ hallte damals durch die hiesigen Straßen, wie aus dem Archiv des Heimatvereins Kirchhellen hervorgeht.

Bild aus Dezember 1975 mit Kirchhellens letztem Bürgermeister Willi van Oepen
Aus den Ruhr Nachrichten im Dezember 1975: Im vollbesetzten Zelt sprach Willi van Oepen, Kirchhellens letzter Bürgermeister, über den Kampf um die Selbstständigkeit. Der ehemalige Bürgermeister gilt als Wegbereiter der Städte-Ehe. © Ruhr Nachrichten

Die Stadt Gladbeck legte gegen diesen Zusammenschluss Verfassungsbeschwerde ein. Am 6. Dezember 1975 erklärte der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen den Zusammenschluss für nichtig, da die angestrebte Bürgernähe und Verwaltungseffizienz nicht erreicht wurden.

Dieses Urteil, bekannt als „Nikolausurteil“, führte dazu, dass Gladbeck und Kirchhellen vorübergehend wieder eigenständige Gemeinden wurden.

Einheit der Gemeinde bleibt

Sowohl die Ruhr Nachrichten als auch die WAZ berichteten damals von läutenden Kirchenglocken und Böllerschüssen. Die CDU ließ sogar ein 1.000 Quadratmeter großes Festzelt aufbauen, um die neu gewonnene Selbstständigkeit mit einem Volksfest zu feiern.

Nach Eintreffen der guten Nachricht aus Münster stimmte man gemeinsam in der ehemaligen Wirtschaft Schulte-Wieschen „Großer Gott, wir lieben dich“ an. Doch die große Freude kam zu früh, denn nur ein Kompromiss sorgte für die Lösung.

Nach weiteren Verhandlungen und politischen Diskussionen wurde am 1. Juli 1976 eine neue Regelung getroffen: Gladbeck wurde als kreisangehörige Stadt dem Kreis Recklinghausen zugeordnet, während Kirchhellen dauerhaft in die Stadt Bottrop eingegliedert wurde.

Seitdem ist Kirchhellen ein Stadtteil von Bottrop, aber nur unter der Prämisse, dass Kirchhellen seine Bezirksverwaltungsstelle behielt und „dass die Einheit der Gemeinde in ihren heutigen Grenzen erhalten bleibe“, hieß es in den Ruhr Nachrichten am 14. Mai 1976.

Kaum verwunderlich, dass einige Kirchhellener noch heute ihre Zugehörigkeit zu Bottrop leugnen.