Der 46-jährige Kirchhellener Björn Maas lebt ein Leben, bei dem der ein oder die andere sicherlich ins Staunen gerät. Er ist unheilbar krank, stark eingeschränkt, erhielt seine Diagnose per Zufall und lässt sich dennoch nicht aufhalten: „Es ist die Geschichte meines Lebens“, sagt er.
Mit ehrlicher Maloche komme man weiter, meint der Sportler und arbeitet deswegen unaufhörlich an seinem Traum. Dass er zum Leistungssport durch seine Erkrankung nicht taugt, hat Maas nie eingesehen. Im Gegenteil: Um sein Ziel von der Teilnahme als Triathlet an den Paralympischen Spielen 2024 in Paris zu ermöglichen, arbeitet er unaufhörlich an seiner Leistung. Über das Level der Frustration sei er längst hinaus, sagt Maas.
Multiple Sklerose per Zufall erkannt
Die Multiple Sklerose des zweifachen Vaters wurde durch Zufall erkannt, als die Genesung nach einem Beinbruch nicht recht geradlinig verlaufen wollte. Bereits der Weg zur Diagnose war ein Kampf, erzählt er. „Davor habe ich nie groß Sport gemacht, ab und zu war ich Laufen, aber nichts Besonderes“, so Maas. „Während der Reha intensivierte ich den Sport. Der Arzt empfahl mir langfristig einen Stock. Da hat mein Kopf gesagt: Nein, das mache ich nicht!“
Der Kirchhellener hat die besonders gemeine Variante von MS: Die Erkrankung verläuft stetig schlechter und kann höchstens ab und zu das Level halten. „Ich konnte tatsächlich jahrelang das Level halten, aktuell baue ich eher wieder ab.“ Für seine Variante gibt es genau ein zugelassenes Medikament. Dieses setze das Immunsystem allerdings massiv nach unten, erklärt er.
Das größte Problem: Der Körper könnte dann damit aufhören, zum Beispiel Krebszellen zu bekämpfen. Die Medikamente einzunehmen, ist Abwägungssache, und klar ist: „Nehme ich die Medikamente, ist mit dem Leistungssport Schluss“, betont Maas. Doch dafür ist er noch nicht bereit und deswegen sei 2024 sein Ziel: „Danach kann man noch einmal überlegen, ob man in den medikamentösen Bereich einsteigt.“

Bevor es das Medikament gab, gab es immer den Sport, um MS entgegenzuwirken. Maas leidet unter Spastiken in beiden Füßen sowie im linken Arm. Probleme zeigen sich hier vor allem in der Fähigkeit der Koordination. Besonders Radfahren funktioniert gut, zwar sei Laufen schwieriger, aber deshalb sei der Triathlon eine gute Disziplin für den Familienvater.
Unbändiger Ehrgeiz
Er trainiert bis zu 15 Stunden in der Woche, weitere 15 Stunden gehen für die Vorarbeit und Regeneration drauf, um sein Ziel zu erreichen. Hinzu kommt das fordernde Berufs- und Privatleben. Sein Mittel gegen Depressionen sind zwei Hunde, sein Schlüssel zum Glück seine Frau und zwei Kinder.
Was ihm bei seinem stundenlangen Training entgegenkommt: „Es geht eigentlich nur um Ermüdung, Schmerzen kenne ich nicht. Dafür fehlen mir vermutlich die Synapsen“, erklärt er. Um die hohen Leistungen trotz schwankenden körperlichen Zustands aufrechterhalten zu können, feilt und schraubt er ständig an Umstellungen und Anpassungen, vor allem bei seinem Equipment. Doch auch das will bezahlt werden, was zum nächsten Problem führt.
Geld sollte keine Grundsatzfrage im Leben sein. Doch Fördergelder sind rar gesät und Sponsoren ebenso. Schließlich muss Maas für seine Reisen zu internationalen Wettbewerben und Profi-Equipment selber zahlen. Doch ist das eben auch unabdinglich im Leistungssport, denn um an den Paralympischen Spielen teilnehmen zu können, muss er im internationalen Wettkampf Punkte sammeln.
Die Punkte in seiner Klasse werden in Übersee vergeben. Als nächstes auf dem Programm stehen im Frühjahr Australien und Dubai. Für den Traum, an den Spielen im September teilzunehmen, gibt Björn Maas alles. „Eigentlich bin ich gegenüber den 20-Jährigen viel zu alt und zu krank für den Sport“, erklärt er, doch taktisch sieht er es durchaus im Bereich des Möglichen, sein Ziel zu erreichen. Für ihn zählt: Dabeisein ist alles.
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