Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes wurde in vielen Kommunen mit Spannung erwartet: Die von der Stadt Tübingen (Baden-Württemberg) im Jahr 2022 eingeführte Steuer auf Einwegverpackungen ist mit dem Grundgesetz vereinbar. „Wir bewerten das Gerichtsurteil positiv, den Spielraum vor Ort zu haben, um selbst zu entscheiden“, erklärt Sascha Klaverkamp, Sprecher der Gemeinde Ascheberg. „Denn vor Ort können wir am besten beurteilen, welche Maßnahmen unter den jeweiligen Gegebenheiten angemessen sind.“
50 Cent für einen Wegwerf-Getränkebecher, 20 Cent für Einweg-Besteck – das ist der Satz, den die Gastronomen und Händler mancherorts in Deutschland bereits entrichten müssen, wenn sie Speisen und Getränke zum Sofortverzehr anbieten.
Die Kommunen, die diese Steuer eingeführt haben, erhoffen sich dadurch weniger Müll in der Öffentlichkeit und eine vollere Stadtkasse. Zumindest in Ascheberg scheint aber beides eher nicht ins Gewicht zu fallen. „Der Gemeindebauhof, der für die Säuberung hier im Ort zuständig ist, stuft das Müllaufkommen von Einwegverpackungen als sehr gering ein“, so Sascha Klaverkamp. „Zudem ist die Anzahl der Imbissbetriebe in der Gemeinde überschaubar – und Einwegverpackungen werden zum Großteil verwendet, um Speisen mit nach Hause zu nehmen und die Verpackungen dort ordnungsgemäß zu entsorgen.“
Aufwand zu groß
Größere Fast-Food-Ketten, die Speisen und Getränke für den Verzehr unterwegs oder im Auto mit oft größerem Müllaufkommen nach sich ziehen, sind vor Ort ohnehin nicht ansässig. Das Bundesverfassungsgericht überprüfte die Verpackungssteuer auf seine Rechtmäßigkeit, nachdem die Betreiberin einer Mc-Donalds-Filiale Beschwerde gegen die Tübinger Steuer eingereicht hatte. Dass die Verwaltung auf zusätzliche Einnahmen bei dieser Steuer hoffen kann, bezweifelt Klaverkamp: „In der Gemeinde Ascheberg würde der personelle Mehraufwand, ein solches Steuermodell abzuwickeln, den steuerlichen Ertrag deutlich übersteigen.“ Nach internen Beratungen folgte der Schluss: „Konkrete Pläne, eine Verpackungssteuer einzuführen, haben wir derzeit nicht.“
Kunden werden belohnt
Zur Förderung von Mehrweg-Systemen müsse eine solche Steuer auch nicht herhalten, meint die Gemeindeverwaltung – offiziell sind die Gastronomen ohnehin schon verpflichtet, ihre Speisen auch mit Mehrwegverpackungen anzubieten. „Unser Eindruck ist, dass die Mehrwegpflicht im Ort gut funktioniert“, berichtet Gemeindesprecher Sascha Klaverkamp. Es gebe zudem diverse Betriebe wie Bäckereien, die mittlerweile aus eigenem Angebot Mehrwegverpackungen zum Selbstkostenpreis anbieten.

„Einen sehr guten Beitrag leistet hier auch die ‚Unverpackt einkaufen‘-Aktion der Gruppe ‚Nachhaltiges DAH‘“, erwähnt Klaverkamp in diesem Zuge. Die Gruppe hatte im Herbst zum zweiten Mal im Zuge der Klimaschutzwoche hunderte Bürgerinnen und Bürger animiert, nachhaltig auf Einwegverpackungen in Läden und auf dem Wochenmarkt zu verzichten. Als weiteres Beispiel nennt der Gemeindesprecher die Bäckerei Röwekamp in Herbern: Sie belohnt Kunden, die unverpackt einkaufen, das ganze Jahr über mit einem Gewinnspiel und vermeidet so Verpackungsmüll.
Wie die Nachbarkommunen mit dem Thema umgehen, dürfte sich spätestens in den kommenden politischen Gremien zeigen. Bereits vor dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts signalisierten nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe (DUH) insgesamt 120 deutsche Städte ein Interesse an einer Verpackungssteuer. Unter anderem die Verwaltungen in Münster und Dortmund wollten aber erst die nun erfolgte Entscheidung der Karlsruher Richter abwarten.