Schützenkönig Christoph Ruhmöller (55) „Wahnsinn, ich hab‘ jetzt noch Gänsehaut“

Schützenkönig Christoph Ruhmöller: „Ich hab‘ jetzt noch Gänsehaut“
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Christoph Ruhmöller sitzt an diesem Tag bequem daheim im Wohnzimmer-Sessel. Er lächelt, er strahlt. Es ist wie ein inneres Glühen, das ihm Farbe ins Gesicht zaubert. Das Adrenalin, das heute noch durch die Blutbahn wogt, hat seinen Ursprung fast auf die Stunde genau eine Woche zuvor. Am Freitag, 2. Juni 2023, 18.55 Uhr, ist Christoph Ruhmöllers innigster Wunsch in Erfüllung gegangen.

Der 55-Jährige, verheiratet und Vater einer 19-jährigen Tochter, fasst sich in die Ellenbogen-Beuge, zupft leicht an seiner Haut. „Ich hab‘ schon wieder Gänsehaut, wenn ich daran denke“, sagt er und strahlt äußerlich und innerlich. Was andere vielleicht wie einen Sieg in einem x-beliebigen Sportwettkampf abhaken würden, hat für Christoph Ruhmöller fast schon existenziellen Charakter. „Ich wollte schon immer Schützenkönig werden. Schon als Kind.“ Jetzt hat er es geschafft.

Alle freuten sich mit Christoph Ruhmöller über seinen Titelgewinn beim Vogelschießen des BSV Herbern.
Alle freuten sich mit Christoph Ruhmöller über seinen Titelgewinn beim Vogelschießen des BSV Herbern. © Günther Goldstein

„Ich bin sehr heimatverbunden“

Familie Ruhmöller stammt aus Münster-Hiltrup, zog aber schon wenige Jahre nach der Geburt von Christoph nach Herbern. Herbern ist nicht irgendein Ort für den 55-Jährigen. Herbern ist seine Heimat. „Ja“, sagt er, „ich bin sehr heimatverbunden. Dazu gehört auch der Bürgerschützenverein“. Er lächelt versonnen in sich hinein. Dann hebt er etwas den Kopf, schaut aus dem Wohnzimmerfenster und sagt halblaut: „Mich kriegt hier keiner weg.“

Fünf Jahre war der junge Christoph nach seiner Ausbildung zum Koch in der Weltgeschichte unterwegs. Das hat ihm gereicht. Das war nichts für ihn. Er sattelte beruflich um, fing bei der Firma Euroroll in Herbern an. Die zog vor einigen Jahren um. „Zum Glück nur nach Werne“, sagt Ruhmöller. Er musste seine Heimat nicht verlassen. „Zum Glück“, sagt er noch einmal. Familie, Freunde, das Vereinsleben, der Bürgerschützenverein - „das ist einfach wunderbar“. Er zupft wieder die Haut in der Ellenbogen-Beuge. Gänsehaut.

Christoph Ruhmöller mag den Halt und die Struktur, die ein Schützenverein bedeutet. Biwak, Antreten, Oberst und Major, Schießen - was anderen vielleicht zu militärisch sein mag, kommt ihm entgegen: „Ein bisschen Struktur muss schon da sein, sonst funktioniert es nicht.“

Vor 33 Jahren in BSV eingetreten

Als er vor 33 Jahren den Beruf wechselte und sich fest in Herbern niederließ, trat er sofort dem Bürgerschützenverein bei. Wollte er eigentlich schon früher, doch sein Vater bestimmte damals: „Du beendest erst die Lehre, dann kannst du machen, was du willst.“

Das tat Ruhmöller dann auch. Engagierte sich im BSV, fand so etwas wie eine zweite Familie. „Mein guter Freund Robert Schlüter ist natürlich auch dabei.“ Mit ihm zusammen redete er oft über seinen Kindheitstraum: einmal Schützenkönig werden. „Im Grunde habe ich es Robert zu verdanken, dass ich dieses Jahr Schützenkönig geworden bin“, sagt er. Da ist es wieder, dieses innere Strahlen.

Robert Schlüter freute sich ganz besonders, dass sein Freund Christoph endlich den Vogel abgeschossen hat.
Robert Schlüter freute sich ganz besonders, dass sein Freund Christoph endlich den Vogel abgeschossen hat. © Günther Goldstein

Seit zehn Jahren versucht

In den vergangenen zehn Jahren hatte es Christoph Ruhmöller schon „drei oder vier Mal ernsthaft versucht“, den Vogel abzuschießen. Doch auch im vergangenen Jahr klappt es nicht. „Dieses Jahr wollte ich eigentlich nicht“, sagt er. Doch Freund Robert machte ihm Mut. „‘Wenn du hingehst, gehe ich auch hin‘ hat er gesagt.“ Ruhmöllers Augen glänzen. Er sitzt jetzt nicht mehr im Wohnzimmer-Sessel, sondern steht wieder unter der Vogelstange.

„Am Schluss waren nur noch vier Finalkandidaten im Rennen.“ Als Daniel Krampe den Vogel beinahe erlegt hatte, schien klar: Der nächste Aspirant wird König. „Das war Robert, danach war ich erst dran.“ Doch Robert erlegte das hölzerne Federvieh wider Erwarten nicht. Ob er bewusst danebengezielt hat, um seinem Freund dessen innigsten Wunsch zu erfüllen? „Ich habe ihn ein paar Mal gefragt. Aber er beteuert, dass er ganz normal geschossen hätte.“ Christoph Ruhmöller muss gar nicht mehr sagen. Man sieht ihm an, dass er wieder Gänsehaut hat.

Eine Zeit wie im Rausch

Die nächsten Stunden und Tage nach dem Siegestreffer verliefen wie im Rausch. „Alle, die Freunde, die Familie, mein toller Hofstaat, der ganze Verein, haben mich unterstützt.“ Auch Ehefrau Nicole (51), die aber schon in den Vorjahren signalisiert hatte, sie wolle nicht die Schützenkönigin an der Seite ihres Mannes ein. An ihre Stelle tritt als Mitregentin Rebecca Schlüter, Nichte seines Freundes Robert.

Ein Jahr kann Christoph Ruhmöller nun den Status eines Schützenkönigs auskosten. „Ich freue mich da richtig drauf“, sagt er. Seine Augen leuchten. Wie wichtig ihm der Titel ist? Er muss nicht lange überlegen: „Die Hochzeit, die Geburt meiner Tochter - ich würde schon sagen, an dritter Stelle.“

Die finanziellen Verpflichtungen, im mittleren vierstelligen Bereich, waren ihm von vornherein klar. „Das weiß man, da spart man etwas drauf, das ist gut tragbar“, sagt er. Andere geben viel Geld für Urlaube oder Hobbys aus. Christoph Ruhmöller hat sich einen Lebenstraum erfüllt. Da spielt Geld keine Rolle. Er zupft sich wieder leicht in der Ellenbogen-Beuge, schaut wieder aus dem Wohnzimmerfenster und sagt: „Ich war erst fünf Minuten König, da habe ich gesagt: ‚Das müsst ihr alle mal machen‘.“

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