Peter Maasewerd aus Ascheberg entdeckt Objekte im Weltall „Ich war erstmal gar nicht aufgeregt“

Salie’s und Hazy Pearl Nebula: Peter Maasewerd entdeckt Objekte im Weltall
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Eigentlich, sagt Peter Maasewerd, hatte er an diesem einen Tag im August 2022 ein ganz anderes Ziel. Der Ascheberger, von Beruf Geologe, fotografiert in seiner Freizeit leidenschaftlich gern das Weltall. „Ein zeitintensives Hobby“, sagt er. Nur eine Aufnahme benötigt Stunden. „Mein eigentliches Ziel war es, einen großen Supernova-Überrest im Sternbild Schwan zu fotografieren“, erklärt er. Überbleibsel aus einem Riesenstern, der am Ende seines Lebenszyklus explodiert und blaue sowie rote Wolken von Wasserstoff, Sauerstoff und Schwefel hinterlässt. Doch das kleine Teleskop, was er dafür benötigt, war ausgefallen. Stattdessen musste das größere herhalten. Was sich wohl als Glück herausstellte.

Um ein Weltall-Foto anschaulich und farblich darzustellen, legt Maasewerd bis zu 500 Fotos übereinander. Der Computer hilft, die hellen, leuchtenden Sterne herauszurechnen, um Gebilde wie eine Supernova darstellen zu können. Und da war sie auf einmal: eine kleine Blase. „Erstmal geht man davon aus, dass das schon jemand entdeckt hat“, sagt Maasewerd. „Ich war erstmal gar nicht aufgeregt. Ich fand es viel spannender, herauszufinden, was das ist.“ Mittels mathematischer Berechnungen und Internet-Datenbanken wird Maasewerd dann klar: Er hat möglicherweise einen sogenannten planetarischen Nebel entdeckt, den vor ihm noch niemand gefunden hat.

Hazy Pearl (MAA1) versteckte sich im Supernova-Überrest SNR G065.3+5.7. Das Kürzel bezeichnet seine Position relativ zur Galaktischen Ebene.
Hazy Pearl (MAA1) versteckte sich im Supernova-Überrest SNR G065.3+5.7. Das Kürzel bezeichnet seine Position relativ zur Galaktischen Ebene. © Maasewerd

„Ein Meer von Sternen“

„Die Region, um die es geht, ist sehr nah an der Milchstraße. Da gibt es unglaublich viele Sterne. Ein Meer von Sternen. Es ist sprichwörtlich der Wald, vor dem man die Bäume manchmal nicht sieht“, sagt Maasewerd. Umso erstaunter sei er gewesen, dass ihm keine Datenbank über die Form, die er entdeckt hat, Auskunft geben konnte. „Dann wird man natürlich irgendwie heiß, wenn man glaubt, als Amateur irgendwas gefunden zu haben“, sagt Maasewerd. Auf seiner Suche nach einer Antwort stößt der Astro-Fotograf auf den Franzosen Pascal Le Dû, der eine Datenbank über bisher entdeckte planetarische Nebel pflegt.

Doch ihn einfach so anzuschreiben, das sei nicht möglich, erklärt Maasewerd. Denn zu groß wäre die Flut an E-Mails von Personen, die vermeintlich etwas Neues entdeckt haben, wäre die Kontaktaufnahme direkt möglich. Also musste Maasewerd zunächst einmal unter anderem sicherstellen, dass es sich bei dem Himmelsphänomen um keine Reflektion der eigenen Geräte handelt, es die richtige Form hat und sich im Zentrum des Nebels ein sogenannter weißer Zwerg befindet - der kompakte Überrest eines roten Riesen.

Hier ist der Hazy Pearl Nebel zu sehen (rechter Ausschnitt), der sich im Supernova-Überrest befindet.
Hier ist der Hazy Pearl Nebel zu sehen (rechter Ausschnitt), der sich im Supernova-Überrest befindet. © Maasewerd

Da all dies der Fall war, schrieb Maasewerd Le Dû an, mit einem Portfolio seiner Entdeckung. Doch eine Antwort blieb aus - wochenlang. Maasewerd wendete sich an einen weiteren Astro-Fotografen, Marcel Drechsler, der bereits 135 Objekte im Weltall entdeckt hat. Und fragt ihn nach seiner Einschätzung zu seinem Fund. „Er war sich sofort sicher, dass es sich um einen planetarischen Nebel handelt“, sagt der Geologe. Drechsler wiederum nahm daraufhin Kontakt zu Le Dû auf. Offenbar waren Maasewerds Dateien zu groß, sodass der französische Experte die Mail von Maasewerd nicht gesehen hatte. Doch dieses Mal klappte die Kontaktaufnahme.

„Auch er war sich sicher, dass es ein planetarischer Nebel sei und er neu ist“, erklärt Maasewerd. Le Dû aber muss die Unterlagen weiterleiten: an die sogenannte Hash-Datenbank in Hongkong, die von der Universität von Hongkong, dem Australian Astronomical Observatory und dem Strasbourg Observatory gemeinsam gepflegt wird. Hier verifizieren Wissenschaftler, ob es sich bei Objekten im Weltall um ebensolche handelt oder nicht. In Hongkong ist man sich sicher: Es handelt sich möglicherweise um einen planetarischen Nebel. Die Entdeckung von Peter Maasewerd, die er MAA1 nach den Anfangsbuchstaben seines Nachnamens und „hazy pearl nebula“ getauft hat, bekommt den Status „possible PN“ (möglicher planetarischer Nebel).

Salie's Nebel oder zu Englisch Nebula haben die Maasewerds nach ihrer Tochter benannt.
Salie's Nebel oder zu Englisch Nebula haben die Maasewerds nach ihrer Tochter benannt. © Maasewerd

Zweite Entdeckung wenig später

Ein Himmelsobjekt, das man selber entdeckt hat und fortan für alle Ewigkeit den eigenen Namen trägt: So etwas können wohl nur wenige Menschen für sich behaupten. Doch um das noch zu toppen, findet Maasewerd nur wenige Monate nach seiner ersten Entdeckung ein weiteres Objekt. „Im November habe ich eine ganz berühmte Galaxie fotografiert - die Dreiecksgalaxie. Da gibt es viele bunte Emissionsobjekte“, erklärt der Ascheberger.

„Da taucht durch Zufall wieder so eine Blase auf.“ Auch dieser Fund im Sternbild Dreieck war nirgendwo verzeichnet. Wieder kontaktiert Maasewerd Le Dû - und hört zunächst nichts. Bis er eine E-Mail bekommt, in der Le Dû erklärt, dass er seinen Fund bereits nach Hongkong weitergeleitet hat, wo der Leiter des Laboratory of Space Research, Professor Quentin Parker, Maasewerds Fund bereits begutachtet hat. MAA2 und Salie‘s nebula, wie Peter Maasewerd und seine Frau Gerlind die Entdeckung taufen, - benannt nach der gemeinsamen Tochter - bekommt den Status „likely PN“ und wird damit als sehr wahrscheinlicher planetarischer Nebel eingestuft.

Was Maasewerd nun in beiden Fällen noch fehlt, ist die letzte Verifizierungsstufe: true PN - ein wahrer, offiziell bestätigter planetarischer Nebel. Doch darauf wartet der Ascheberger aktuell weiter. „Wann das passiert, ist ein Glücksspiel“, sagt Maasewerd. Er wirbt dafür, dass die Hürden für Hobby-Astronomen gesenkt werden, damit es auch diesen möglich ist, derartige Entdeckungen mithilfe von Kontakten zu Wissenschaftlern mit der entsprechenden Technik zu verifizieren. Eines aber ist bereits sicher: Diese beiden Objekte im Weltall kann ihm niemand mehr streitig machen.