„Ich habe es geahnt“, sagte Hubert Schröer mit einem Seufzer, setzte den Gehörschutz ab und ließ sich auf einem Stuhl im Schießstand nieder. Das Schützenfest des Vereins St. Lambertus Osterbauerschaft war seit langem geplant, die Europameisterschaft im Fußball auch. Dass nun aber das Vogelschießen genau mit dem Viertelfinale zwischen Deutschland und Spanien zusammenfällt, hätte selbst die Glaskugel nicht voraussagen können.
So war es zeitweise ein ungleicher Kampf, bei dem der Ruf „Schieß doch“ mehr den Fußballern galt als den Schützen. Bis zum Ende der torlosen ersten Halbzeit gab es noch etwas „Betrieb“ unter der Vogelstange. Da konnte man dem Holzrumpf oben auf der Stange schon keine Garantie mehr geben, noch lange dort oben zu verweilen. Aber es war auch noch überhaupt nicht zu erkennen, wer am Ende den letzten Schuss abgeben würde.

Rio Reiser hatte mal in einem Song besungen, was er machen würde, wenn er König von Deutschland wäre. Unter den Schützen von St. Lambertus vermochte das offenbar noch keiner sich vorzustellen, König der Osterbauerschaft zu werden. So spielten sich, als das Schießen nach dem verlorenen Spiel mit Verlängerung endlich weiter ging, kuriose Szenen ab. Nach dem Motto „Halb zog es ihn, halb sank er hin“ versuchte jeder, der es wagte, das Schlimmste zu verhüten.
Bis Schießwart Hubert Schröer vor die Schützen trat und meinte „Sollen wir aufhören?“. Das wäre wohl die größte Blamage für einen Schützenverein und somit unmöglich. Also fand sich eine Handvoll mutiger Männer, die es dem Zufall überlassen wollten, wer denn nun Schützenkönig werden würde. Der zerzauste Vogel war schon recht mürbe. Und so kam das Ende schnell.
Es war Martin Fallenberg, der um 21.12 Uhr feststellen musste, dass er nach seinem Schuss - es war der 247 - nun der neue Regent in der Osterbauerschaft geworden war. Ihm blieb nicht lange Zeit, sich zu sortieren. Schon war er auf die Schultern gehoben und umringt von Gratulanten und den Musikern des Spielmannszuges. Findige Kameraden hatten schnell Sohn Lennard und Ehefrau Tanja ausfindig gemacht und ebenfalls auf die Schultern gehoben.
So gab es schließlich eine ganz besondere Familienzusammenführung in luftiger Höhe. Alle Anwesenden sollten sie sehen, ihre neuen Majestäten im Revier der St. Lambertus Osterbauerschaft. Das Familienglück wurde dann noch durch die Töchter Marie und Luisa komplettiert.