Noch leben die 882 Schweine von Bernd Mersmann auf 0,75 Quadratmetern pro Tier. Doch ab Ende des Jahres hat jedes einzelne Schwein doppelt so viel Platz. Der Ascheberger baut auf seinem Hof einen für Deutschland neuartigen Stall - nach österreichischem Vorbild. Zwei Höfe hätten ihre bestehenden Ställe zwar schon nach diesem Modell in Deutschland umgebaut, einen Neubau wie den in Ascheberg gab es aber laut Mersmann bisher noch nicht.
Noch ist von dem Vorhaben nicht viel zu sehen. Wer auf den Hof des Aschebergers zufährt, kann allerdings bereits einen großen Erdhaufen links des Anwesens und eine planierte Fläche erkennen. 1750 Quadratmeter soll der neue Stall groß werden. Und die beiden bisherigen Ställe für die Endmastschweine, die aktuell 300 und 400 Quadratmeter messen, ersetzen. Was der Ascheberger vorhat, hört sich fast wie ein Luxus-Apartment für Schweine an: Künftig sollen die Tiere über einen Stall mit drei „Wohnbereichen“ verfügen.

Instinkte der Tiere nutzen
Ein Bereich wird als Ruhebereich für die Tiere herhalten, ein weiterer wird zum Aktivitätsbereich und ein dritter wird der Kotbereich. Ruhe- und Aktivitätsbereich werden beide über einen Betonboten mit Stroh verfügen. Man mache sich die Instinkte der Tiere zunutze, um die Ausscheidungen der Tiere auf den Kotbereich zu fokussieren.
Denn nur im Kotbereich werden die Schweine direkten Kontakt zu anderen Schweinen der benachbarten Gruppen haben. Und hier ihr Revierverhalten ausleben - durch Koten und Urinieren. „Wir haben eine sehr hohe Sicherheit, dass das funktioniert“, so Mersmann. Auch wenn natürlich auch in den anderen Bereichen mal etwas daneben gehen könne. Schweine seien allerdings darauf aus, diese anderen Bereiche von sich aus sauber zu halten. Also nicht da zu koten, wo sie schlafen, essen und wohnen. Und genau hier liegt auch die Besonderheit am Stall.
Denn zum einen verringere man durch diesen Kotbereich die Oberfläche, in der Emissionen entstehen. Zum anderen verfügt der Kotbereich als einziger Bereich im Stall über einen Spaltenboden, durch den Kot und Urin durch eine trichterförmige Untergrund-Konstruktion abtransportiert und separat aufgefangen werden können. Denn durch das Aufeinandertreffen von Kot und Urin kommt es naturgemäß zu einer Reaktion, die hauptsächlich für die Emissionen sorgt.
Besonderheit Naturschutzgebiet
Rund 60 Prozent an Emissionen soll der neuartige Stall für eine Million Euro gegenüber einem konventionellen Stall ohne Luftfilteranlage einsparen. Dass der Fokus so sehr auf den Emissionen liegt, liegt an dem nur 500 Meter entfernten Naturschutzgebiet der Davert. Denn der ausgedünstete Stickstoff aus dem Stall käme unmittelbar in der Davert wieder an. Schon seit einigen Jahren sei klar, dass eine Renovierung des alten Stalls sich nicht mehr gelohnt hätte, erklärt Mersmann im Gespräch mit uns. Und ein konventioneller Neubau mit teurer Luftfilteranlage habe sich nicht gerechnet, so der Landwirt.
Der neue Stall wird nicht nur über Tierwohlstufe 4 verfügen, er könnte sogar künftig nach Bio-Standard betrieben werden, sollte man sich irgendwann entscheiden, den Hof abzugeben, so der Landwirt. Mit den sich immer weiter verschärfenden Tierwohl-Vorgaben habe man nun überlegt, dem ganzen Geschehen mit dem neuen Stall nun lieber einmal voraus zu sein, statt hinterher zu rennen, so Mersmann.
In acht Wochen etwa sollen die Betonarbeiten für den neuen Stall beginnen und dann etwa drei Monate dauern. Ende des Jahres dann, so der Plan, können die Schweine ihr neues Domizil beziehen. Die rund eine Million Euro für das Projekt werden zu rund 40 Prozent aus EU-Mittel gefördert, die weiteren Kosten trägt Mersmann durch Gespartes und einen Kredit.