Pünktlich um 15 Uhr läutete am Samstag (27. April) im Heimathaus, Altenhammstraße 20, die alte Schulglocke. Damit eröffnete das Museumsteam des Herberner Heimatvereins seine neueste Ausstellung „Alltag früher und heute“.
Egon Zimmermann, 1. Vorsitzender des Heimatvereins, begrüßte die Besucher: „Ab und zu werde ich von meinen Enkelkindern gefragt, wie es früher in meiner Kindheit war. Ich bin in Krefeld aufgewachsen, die Stadt war stark vom Krieg gezeichnet. Neben uns war eine Ruine, das war unser Abenteuerspielplatz. In den Ferien fuhr ich zu meinen Großeltern nach Herbern. In dem Haus gab es kein fließendes Wasser und keine Zentralheizung. Morgens machte man einen Ofen an. Im Winter wärmte ein im Ofen und dann in Decken eingehülltes Bügeleisen die Betten. An den Fenstern gab es Eisblumen.“
In der Waschküche von Egon Zimmermanns Großeltern stand ein „Schweinepott“, in dem das Schweinefutter zubereitet wurde. „Am Wochenende diente er als Badewanne, die Fenster wurden verhängt, und dann durfte die Oma als erstes baden, anschließend ohne Wasserwechsel dann Opa, Tante und die Kinder ganz zum Schluss“, schilderte er seine Erinnerungen.
Auch erzählte Zimmermann von der damaligen Toilette, dem Plumpsklo. Fein säuberlich geschnittene Zeitungsblätter dienten als Toilettenpapier. „So war unsere Jugendzeit. Das können sich die Kinder heute gar nicht vorstellen. Die Ausstellung versucht, diese Zeit deutlich zu machen“, so Zimmermann.

Eine Bäuerin (Lisa Krampe) und ein Bauer (Franz Wemhoff), gekleidet in der damaligen Sonntagstracht, begrüßten die Gäste zur Ausstellungseröffnung mit Schnaps und Schokolade. Die Trachten wurden nach alten überlieferten Schnittmustern vor einigen Jahren nachgeschneidert.
Die Besucher erleben in der Ausstellung eine Reise in die Vergangenheit. Eine komplett eingerichtete kleine Wohnung aus der damaligen Zeit kann hier besichtigt werden und spiegelt die Lebensverhältnisse zur Zeit des 1. Weltkrieges wieder. Kochbücher in Sütterlinschrift liegen in der alten Küche aus, die damals den Mittelpunkt des häuslichen Lebens bildete. An den Wänden hängen alte Fotos.
Über eine ausgetretene Stiege gelangen die Besucher in den ersten Stock zu den Schlafräumen. Geschlafen wurde in „Anderthalbschläfern“. Das waren 90 cm breite Betten, in dem oft die ganze Familie schlief - einige mit dem Kopf oben, einige mit dem Kopf am Fußende. In dem Mantelstock (ein offenes Regal mit Vorhang) und in Truhen war die Wäsche untergebracht. Alte Kleidungsstücke, oft aus weißem Leinen, Holzschuhe und Nachttöpfe, ein Nähzimmer und eine alte Vorratskammer sind zu bewundern.

Stall und Schulzimmer
In der Ausstellung sind auch ein Stall und und ein Schulzimmer zu sehen. Eine Figur als Lehrerin in ihrer damaligen schwarzen Kleidung steht mit ihrem Rohrstock an einem alten Schulpult. Die Lehrerinnen, so erzählt Gerda Peters vom Museumsteam, waren unverheiratete Fräuleins. Wollten sie heiraten, mussten sie den Schuldienst verlassen. Die Schulregeln aus der Zeit um 1900 sind hier nachzulesen: „... jedes Kind legt seine Hände geschlossen auf die Tischschultafel, die Füße werden parallel nebeneinander auf den Boden gestellt, sämtliche Kinder schauen dem Lehrer fest in die Augen“. Auch für das Melden der Kinder gab es Vorschriften, dies durfte nur bescheiden mit dem Zeigefinger der rechten Hand erfolgen.
Bereits in der ersten halben Stunde der Ausstellungseröffnung konnte das Team des Heimatvereins über 30 Besucher zählen. Geöffnet ist die Ausstellung bis zum 26. Oktober, jeden Samstag und Sonntag von 15 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei. Mit Anmeldungen unter Tel. 02599 1715 oder 02599 2411 sind Führungen, auch auf Plattdeutsch, möglich. Einen kleinen Einblick bietet eine neue Infotafel im Fenster des Museumshauses, in der wechselnde Ausstellungsbilder zu sehen sind.
