Apothekerin Kerstin Spriwald mit einem Medikament zum Senken des Blutdrucks. Eines der Präparate, das in der Westerwinkel-Apotheke immer mal wieder knapp wird. © Till Goerke

Lieferengpässe bei Medikamenten

Westerwinkel-Apotheke: Welche Medikamente knapp sind und was Kunden dazu wissen müssen

In der Westerwinkel-Apotheke ein Rezept einlösen? Eigentlich kein Problem. Doch es gibt Medikamente, die knapp sind. Da kann man schon mal leer ausgehen. Doch es gibt Lösungsansätze.

Herbern

, 25.05.2019 / Lesedauer: 4 min

Sie ist wie eine kleine Insel. Mitten im Ortskern, an der Ecke Merschstraße/B54: die Westerwinkel-Apotheke. Die Einzige im Ort. Hier bekommen die Herberner fast alles, was mit und ohne Rezept in einer Apotheke zu erhalten ist. 2013 hat sich Susanne Wienzek mit der Apotheke selbstständig gemacht. Das Wohl der Kunden steht im Fokus. Natürlich. Doch es gibt Grenzen.

Und zwar dann, wenn es zu Lieferengpässen bei Medikamenten kommt. Ein Problem, das seit einigen Jahren bundesweit existiert. Leidtragende sind die Kunden, die in der Apotheke trotz Rezeptes leer ausgehen. „Uns tut das jedes Mal leid, aber wir haben da leider keinen Einfluss drauf“, sagt Apothekerin Kerstin Spriwald.

In Herbern gibt es Engpässe bei blutdrucksenkenden Mitteln

Zwar verlangt das Arzneimittelgesetz von Herstellern und Händlern eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung von Medikamenten, doch die Realität sieht anders aus. Aber welche Medikamente sind in Herbern knapp? „Wir haben immer mal wieder Engpässe bei Candesartan“, so Spriwald. Ein Mittel, um den Blutdruck zu senken.

Impfstoffe seien ebenfalls von Zeit zu Zeit knapp. In einigen Ausnahmen sei auch mal das Schmerzmittel Ibuprofen in den höheren Dosierungsstufen betroffen. „Das ist aber nur punktuell und wird besser.“

Alles Dinge, die auch bundesweit rar sind. Mal mehr, mal weniger. Michael Schmitz von der Apothekerkammer Westfalen-Lippe erklärt: „Das wechselt praktisch täglich.“ Derzeit umfasse die Liste der Medikamente, die knapp seien, rund 200 Positionen. „Aber Blutdrucksenker und Impfstoffe sind fast immer vorne dabei.“

Im Warenwirtschaftssystem der Westerwinkel-Apotheke erkennt man, dass Ibuprofen (je nach Konzentraion, Menge und Hersteller) derzeit nicht lieferbar ist. Die kleinen roten Einkaufswagen (rechts) zeigen dies an. © Till Goerke

Doch wie kommt es überhaupt zu diesen Medikamenten-Engpässen? Die Gründe sind vielfältig. Beim Blutdrucksenker Candesartan liegen diese im Mai 2018. Denn seinerzeit wurden valsartanhaltige Arzneimittel (also auch Blutdrucksenker) aufgrund einer Verunreinigung zurückgerufen und verschwanden vom Markt.

„Es wird eng bei der Nachfrage.“Michael Schmitz, Apothekerkammer Westfalen-Lippe

„Viele Patienten sind daraufhin auf Candesartan umgestiegen“, sagt Spriwald. Und die davon produzierte Menge reiche derzeit nicht aus, um die Markt-Nachfrage kontinuierlich zu decken. „Bei Candesartan gab es einen erheblichen Anstieg“, bestätigt Michael Schmitz von der Apothekerkammer. Zahlen lägen der Kammer nicht vor, aber: „Es wird eng bei der Nachfrage.“

Bei Ibuprofen spiele, so teilen es die Pharmaunternehmen AbZ und Ratiopharm mit, die grundsätzliche Rohstoffknappheit die entscheidende Rolle. Und für Impfstoffe gibt es derzeit nur zwei Hersteller auf dem Markt. „Da stößt man auch an Grenzen“, so Schmitz. Immerhin soll das neue Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), das Anfang Mai in Kraft getreten ist, Engpässe bei Grippe-Impfstoffen vermeiden. Ob’s hilft, wird sich zeigen.

Auslaufende Rabattverträge können Medikamenten-Mangel auslösen

Probleme treten auch immer dann auf, wenn sogenannte Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Pharmaunternehmen auslaufen, erklärt Michael Schmitz. Denn erhält ein anderer Medikamentenhersteller in der Folge den Zuschlag der Krankenkasse, muss die Produktion erst mal anlaufen. Die Folge: Der Markt wird zunächst schleppend versorgt. Die Apotheker selbst müssten sich dennoch an diese Firmen halten. Medikamenten-Knappheit ist die Folge.

Und noch etwas kann mitunter problematisch sein, wenn es zu einem Wechsel des Herstellers kommt. „Wenn sich dadurch die Farben der Tabletten oder der Verpackungen ändern, kann das ältere Menschen durcheinander bringen“, sagt Kerstin Sprewald. Das sei nicht ungefährlich. Hier gelte es, gut aufzupassen und genau hinzuschauen.

Wenn sich durch einen Herstellerwechsel die Farben der Tabletten ändern, kann das für ältere Menschen verwirrend sein, sagt Apothekerin Kesrtin Spriwald. © dpa

Muss man sich in Herben denn jetzt Sorgen wegen der Versorgung mit Medikamenten machen? „Nein, definitiv nicht“, so die Apothekerin, „da kann ich alle beruhigen.“ Zwar habe man schon mal Kunden an Apotheken in Ascheberg oder Werne verweisen müssen, aber das seien bisher die Ausnahmen gewesen.

Vorausschauendes Handeln ist für Patienten wichtig

„Da steht natürlich das Wohl des Patienten über dem kaufmännischen Gedanken“, stellt die Apothekerin klar. Und für Menschen, die (nicht mehr) mobil sind, bietet die Westerwinkel-Apotheke einen Botendienst an. Zudem könne Jeder, der auf Medikamente angewiesen sei, selbst etwas dafür tun, nicht in die Bre­douil­le eines Engpasses zu kommen.

Stichwort: Vorausschauendes Handeln. „Man sollte sich nicht erst ein neues Rezept besorgen, wenn nur noch ein paar Tabletten übrig sind“, so Spriwald. Und für Impfungen gilt, „sich rechtzeitig darum zu kümmern, sodass wir als Apotheke genügend Vorlauf haben, den Impfstoff zu besorgen.“

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