Hanna Hüwe ist Grünen-Bundestagskandidatin Fakten statt Affekt, Miteinander statt Hetze

Grünen-Kandidatin Hanna Hüwe will wieder mehr Fakten in der Politik
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Als sich Hanna Hüwe aus Billerbeck 2019 in die Kommunalpolitik eingebracht hat, geschah das noch auf kleiner Ebene. Stoffwindeln sollten gefördert werden, forderte die heute 33-Jährige damals. Doch wegen der Menschen und dem Miteinander, schreibt sie auf ihrer Internetseite, sei sie dran geblieben, in die Partei Bündnis ‘90/Die Grünen eingetreten. Nur sechs Jahre später schaut Hüwes Gesicht die Bürgerinnen und Bürger von Wesselmännern und Wahlplakaten aus an. Dieses Mal geht es um die ganz große Ebene. Sie kandidiert für den neuen Bundestag.

Ein Merkmal, das sich durch Hüwes politischen Werdegang zieht: Auf jeder Ebene gab es Dinge, die die Billerbeckerin gestört haben. Und für die sie sich eine Verbesserung wünschte. 2021 trat sie dem Grünen-Kreisverband bei, um dort die wahrgenommene Unstrukturiertheit anzugehen und wurde zur Kreissprecherin. Nun, vier Jahre später, gibt es andere Dinge, die sie störten und die sie auf Bundesebene angehen möchte.

Hann Hüwe macht Wahlwerbung im Kreis Coesfeld
Was die Menschen bewegt, davon konnte sich Hanna Hüwe auf ihrer Wahlkampftour in den Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern ein Bild machen. © Privat

Hüwes Steckenpferd sind die Themen Digitalisierung und Gleichberechtigung. Was auf den ersten Blick sehr schwammig klingt, wird klarer, als Hüwe im persönlichen Gespräch ihr Anliegen erklärt. „Digitalisierung betrifft einfach total viele und jeden, allein durch die Verwaltungsgänge, wodurch man dann auch lange Fahrten im Zweifel zu bestimmten Ämtern nicht mehr hat.“ Das beziehe sich zum einen auf die Beantragung von Ausweisdokumenten, zum anderen gehe es aber viel weiter, wenn man etwa an das Thema Landwirtschaft denke.

Nicht selten komme es vor, dass ein Landwirt bestimmte Formulare im Umgang mit seinen Tieren bis zu drei Mal ausfüllen müsse. Das will Hüwe durch ihre Arbeit im Bundestag vereinfachen. Und auch Steuererklärungen sollen digital leichter abzugeben seien, sodass etwa die persönlichen Stammdaten vorgespeichert sind und nur noch die wirklich eingaberelevanten Informationen ausgefüllt werden müssen.

Beim Thema Gleichberechtigung will Hüwe bundesweite Hürden abbauen. „Ich habe mich beim 49-Euro-Ticket geärgert, dass das 49 Euro gekostet hat.“ Denn damit habe man den Bürgerinnen und Bürgern sofort suggeriert, dass sich nicht jeder dieses Ticket würde leisten können. Unverständlich sei für sie auch gewesen, dass auf Bundesebene Regeln zur Zertifizierung von Räumen für Deutschkurse von Geflüchteten geschaffen worden seien, die die Umsetzung vor Ort - da, wo Politik nun mal am Ende wirke - aufgestellt worden seien. Das erschwere Prozesse oft, wie etwa das Ehrenamt.

„Das sind immer wieder so Sachen, die vor allem auch in der Kommunalpolitik auffallen, wo es mir wichtig wäre, da auch einfach einen sehr guten Draht zur Kommunalpolitik zu haben und zu den Bürgern im Wahlkreis.“ Damit auf Bundesebene auch wirklich das ankommt, was die Menschen bewegt. Was die Menschen bewegt, davon konnte sich Hüwe auf ihrer Wahlkampftour in den Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern ein Bild machen. Dabei stellte sie fest, dass die Jüngeren ganz andere Dinge als wichtig empfinden als die Älteren. „Bei den Jüngeren ist es tatsächlich so, dass sie sich viele Gedanken machen um das Klima, aber tatsächlich auch um Renten und das Rentensystem.“ Ältere Menschen hingegen trieben die Themen Migration, Flucht und Innere Sicherheit um.

Info-Stand Grüne Kreis Coesfeld
An Info-Ständen im Kreis Coesfeld können sich Bürgerinnen und Bürger mit Hanna Hüwe austauschen. © Privat

„CDU bedient sich der AfD“

Lange hätten sich auch die Grünen gesperrt, sagt Hüwe, die seit langem reformbedürftige Rente in Form von ETFs - börsengehandelte Indexfonds - anzulegen. Das soll sich jetzt ändern, jedoch sollen die ETFs dann bei nachhaltigen und sozial verantwortungsbewussten Unternehmen angelegt werden. So soll die staatliche Rente gewährleistet werden. Beim Thema Migration und Flucht vermisst Hüwe im Schlagabtausch zwischen CDU und AfD einen echten, faktenbasierten Diskurs auf Bundesebene. „Die CDU hat leider die Sprache und die Argumente der AfD komplett übernommen.“

Doch auch den Grünen sei in den Pizza-und-Politik-Debatten im Kreis vorgeworfen worden, nach rechts gerückt zu sein, sagt Hüwe. Denn gemeinsam mit der SPD stimmte die Partei für Grenzkontrollen. Hüwe nimmt Entscheidungen auf Bundesebene heute immer wieder als Kurzschlussreaktionen war. Etwa infolge von Gewaltattentaten, die durch Medien überproportional hohe Aufmerksamkeit erhielten. „Aber es gab auch noch weitere Messerangriffe von Deutschen, die überhaupt nicht thematisiert wurden.“ Politischer Diskurs und Entscheidungen müssten wieder aufgrund tatsächlicher Faktenbasis stattfinden und getroffen werden, so die Grünen-Politikerin. Und gleichzeitig müssten die Ängste und Gefühle der Bevölkerung Gehör finden.

Migration wird gebraucht

Es brauche Migration, auch nicht nur von Fachkräften, um die deutsche Wirtschaft zu stärken, sagt Hüwe. Gleichzeitig müssten - auch Geflüchtete - schneller in Job und Sprachkurs kommen, ohne ewig auf bürokratische Entscheidungen warten zu müssen. „Migration wird auf jeden Fall gebraucht und Geflüchtete müssen natürlich irgendwie Schutz bekommen können.“ Hier Gelder für die Integration einzustreichen, hält Hüwe für den falschen Weg. Gleichzeitig brauche es sogenannte dritte Orte, Orte der Begegnung, wie den Fußballplatz, auf dem sich Menschen tatsächlich begegneten und wo Ängste abgebaut würden.

Beim Thema Innere Sicherheit plädiert Hüwe für mehr Präventionsarbeit, etwa indem Menschen auf digitalem Weg nicht mehr durch Chatgruppen radikalisiert werden können. Um das Problem an der Wurzel anzupacken. Gleichzeitig sollen Polizeibehörden einfacher digital miteinander kommunizieren können. Beim Thema Wohnraummangel wünscht sich Hüwe neben einer Mietpreisbremse auch Zuschüsse zum Umbau von Einfamilienhäusern, sodass Menschen einerseits in ihrem gewohnten Lebensumfeld verweilen können, gleichzeitig aber freier Wohnraum für Suchende geschaffen wird.