Ascheberger Parteien zum Merz-Eklat im Bundestag „Unverzeihliche Kurzschlussreaktion“

Parteien zum Merz-Eklat im Bundestag: „Unverzeihliche Kurzschlussreaktion“
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Es waren turbulente Szenen im Bundestag: Am Mittwoch (29. Januar) hat CDU-Vorsitzender Friedrich Merz neben FDP-Unterstützung eine Mehrheit mit Stimmen der AfD in Kauf genommen, um einen Unions-Antrag zur umfassenden Zurückweisung von Asylsuchenden zu verabschieden. Das hat nicht nur die SPD und die Grünen schockiert, auch aus der eigenen Partei hagelt es Erschütterung und Kritik für Friedrich Merz.

Am Donnerstag distanzierte sich zum Beispiel Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel deutlich von Merz, der noch im November selber gesagt hatte, für Anträge und Gesetze keine „zufällig oder tatsächlich herbeigeführte Mehrheit“ mit der AfD zustande kommen lassen zu wollen. Dieser politische Dammbruch hallt auch am Tag später noch nach. Wie stehen die Parteien in Ascheberg zu diesem Vorgehen?

Stephan Heitbaum, Vereins- und Fraktionsvorsitzender von „Wir für Ascheberg“
Stephan Heitbaum, Vereins- und Fraktionsvorsitzender von „Wir für Ascheberg“ © Wir für Ascheberg

Stephan Heitbaum (WfA) schreibt: „Am gestrigen Tag [Mittwoch, Anm. d. Red.] wurde die Demokratie für den Populismus geopfert. Die CDU hat einen Antrag gestellt, der keine direkte Auswirkung auf das politische Handeln hat und lediglich als Werkzeug im Wahlkampf dient. Das schreckliche Ereignis aus Aschaffenburg wurde instrumentalisiert, um alte Forderungen mit dem aktuellen CDU-Wahlprogramm zu verknüpfen. Merz versucht, in der aufgeheizten Stimmung Punkte zu sammeln, während der Antrag vor allem einer Fraktion zugutekommt: der AfD. Der Jubel und das Lachen dieser Partei waren kaum zu überhören. Zweifellos sind bessere Maßnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus und Gewalt, insbesondere von Islamisten und ausländischen Straftätern, notwendig. Doch die Verschiebung des öffentlichen Diskurses hin zur Behauptung, Migration sei das größte Problem Deutschlands, ist nicht nur falsch, sondern auch schädlich. Geflüchtete und Menschen aus dem Ausland pauschal abzulehnen, fördert eine gefährliche Rhetorik und untergräbt unsere Werte als offene Gesellschaft. Es ist an der Zeit, dass wir uns auf sachliche Diskussionen konzentrieren und Lösungen finden, die tatsächlich den Herausforderungen unserer Zeit gerecht werden.“

Maximilian Sandhowe von der CDU äußert sich wie folgt: „Friedrich Merz hat in den letzten Tagen mehrfach betont, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben wird. Dazu stehen wir. Für uns als Christdemokraten war, ist und bleibt klar, dass die AfD niemals ein Partner sein kann. Sie schürt Hass und Hetze und will, dass Deutschland aus EU und NATO austritt und sich stattdessen Putins eurasischer Wirtschaftsunion zuwendet. All das gefährdet Deutschlands Stabilität, Sicherheit und Wohlstand. Diese Partei will nicht gestalten, sondern nur zerstören.“ Gleichzeitig hält die Partei aber an der Notwendigkeit der „Bekämpfung irregulärer Migration“ fest. „Zum Beispiel durch die Beschleunigung von Asylverfahren bei geringer Anerkennungsquote, der Prüfung von Asylverfahren außerhalb Europas oder dem Abschluss echter Rückführungsabkommen mit den Hauptherkunftsländern. Alles übrigens Maßnahmen, auf die sich Bund und Länder schon im November 2023 verständigt haben.“ Schuld daran sei die Untätigkeit des Bundes, die am Ende die Kommunen belaste. In Ascheberg bekomme man das vor allem wegen des Ehrenamtes hin, „doch auch wir kommen zunehmend an unsere Belastungsgrenze“.

Christoph Höing von den Ascheberger Grünen teilt mit: „Es ist ein Tabubruch und eine Gefährdung der Demokratie, dass Friedrich Merz sein Versprechen wissentlich bricht, in keiner Weise Mehrheiten mit der AfD herbeizuführen. Das ist reiner Populismus und trägt nicht zur Lösung des Problems bei. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind zum größten Teil nicht praktikabel oder brechen deutsches und europäisches Recht. Darüber hinaus hätten sie keinen der beiden jüngsten Anschläge verhindert. Beschleunigung der Verfahren und bessere Kommunikation der verschiedenen Behörden untereinander wären zielführender. Hier vor Ort gibt es die ‚Flüchtlingshilfe der Kirchen‘, für die sich Vertreter aller hier im Rat vertretenen Parteien vorbildlich engagieren. Wir hoffen sehr, dass dort weiter eine Zusammenarbeit möglich sein wird.“

Christoph Höing von den Grünen in Ascheberg
Christoph Höing von den Grünen in Ascheberg © Privat

Die Ascheberger FDP durch Peter Leyers teilt mit: „Die Vorgehensweise von Herrn Merz ist eine Gradwanderung, die natürlich drei Wochen vor der Wahl sehr kontrovers diskutiert wurde. Das war allen Beteiligten bewusst und gilt sicherlich auch für Herrn Merz. Diese Art der Auseinandersetzung mit rechtsextremen Parteien, wie die AfD sich darstellt, werden wir wahrscheinlich künftig häufiger sehen. Im Bundestag und Landtag, bis in die Städte und Gemeinderäte. Hier müssen die Parteien, die sich der demokratischen Ordnung laut Grundgesetz verpflichtet fühlen, Antworten finden. Wie stimmt man über Anträge der AfD ab, die Themen aufgreifen, die auch von den Parteien bereits gestellt wurden oder in Planung sind, aber noch nicht eingebracht wurden? Eine Brandmauer funktioniert vielleicht theoretisch, aber die Praxis sieht oft anders aus. Aber was zu tun ist, und hier werden wir Liberalen der FDP alles unternehmen, mit unserer demokratischen Arbeit dafür zu sorgen, dass rechtsextreme Parteien, wie die AfD, gar nicht erst in die Parlamente gewählt werden. Das wird eine schwerer und langwieriger Weg werden. Aber nur das verspricht Erfolg.“

Volker Brümmer und Christian Ley von der SPD äußern sich wie folgt: „Das Ergebnis der Abstimmung im Bundestag, in der zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik eine demokratische Partei gezielt mit den Stimmen einer rechtsextremen Partei von aggressiven Demokratiefeinden eine Mehrheit gebildet hat, hat uns völlig schockiert. Wir sind erschüttert, dass dies trotz Warnungen zahlreicher zivilgesellschaftlicher Akteure zum Beispiel aus beiden christlichen Konfessionen und den Sozialverbänden geschehen ist. Dankbar sind wir für die deutliche Kritik von Frau Merkel, die ihrer Partei deutlich ins Gewissen geredet hat. Der CDU-Kanzlerkandidat hat sich hier wieder einmal durch seine fehlende Impulskontrolle zu einer diesmal unverzeihlichen Kurzschlussreaktion verleiten lassen, was zum gestrigen Tabubruch führte. Damit sich in der CDU-Fraktion im Bundestag „Vernunft breitmacht“, „appellieren wir besonders an die CDU im Münsterland auf ihre Abgeordneten einzuwirken.“