Steuergeld-Verschwendung? Wirbel um „Luxus-Fahrradabstellanlage“ am Rathaus

Wirbel um neue „Luxus-Fahrradabstellanlage“ am Rathaus
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Hat die Gemeinde Heek „Steuergeldverschwendung“ betrieben, um sich eine „Luxus-Fahrradabstellanlage“ für 85.000 Euro hinter das Rathaus bauen zu lassen? Und das alles, ohne für diese Investition überhaupt grünes Licht von der Lokalpolitik bekommen zu haben? Ein komplexer Fall.

Ende Juni deutete nur ein Bauzaun und eine Sandfläche darauf hin, dass sich hinter dem Heeker Rathaus baulich etwas tun wird. Innerhalb weniger Wochen ist dann die 6x12 Meter große Fahrradabstellanlage gebaut worden. Jetzt steht die Inbetriebnahme kurz bevor. Doch im Hintergrund brodelt es.

Die Worte „Luxus-Fahrradabstellanlage“, „Steuerverschwendung“ und „unverschämt“ sind bereits gefallen. Sie stammen von der Heeker FDP-Fraktion. Diese kritisiert die Kosten und das Vorgehen der Verwaltung scharf.

Ein Bauzaun um eine Sandfläche
Ende Juni 2024 sah es noch so hinter dem Rathaus aus. Die Vorbereitungen zum Bau der Anlage waren angelaufen. Jetzt steht die Inbetriebnahme zeitnah bevor. © Till Goerke

Vorweg das Zahlenwerk: Kalkuliert war die Anlage „tatsächlich“ mit 85.000 Euro, wie die Verwaltung auf Anfrage der Redaktion bestätigt. In der Juni-Ratssitzung räumte Bürgermeister Franz-Josef Weilinghoff zudem offen ein, dass man über diese Summe „streiten“ könne.

Aber: Die Maßnahme wird mit 50 Prozent über die „Nationale Klimaschutzinitiative“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert. Die Verwaltung hat der Redaktion als Beleg die entsprechende Urkunde des Ministeriums vorgelegt.

Kosten geringer

Hinzu kommt, dass die „tatsächlichen Kosten voraussichtlich geringer ausfallen“ sollen als der Haushaltsansatz über 85.000 Euro, wie Heeks Bauamtsleiter Herbert Gausling auch Nachfrage betont.

Aktuell würden diese auf 70.000 Euro geschätzt. Der Eigenanteil der Gemeinde beträgt somit rund 35.000 Euro. Die Gesamtkosten der Anlage sind laut Verwaltung unter anderem in der Größe, dem Gründach (Kosten: 16.000 Euro) sowie den Lademöglichkeiten für E-Bikes begründet.

So viel zum Streitpunkt der Kosten. Der FDP-Fraktion – die zum Bau der Anlage auch eine lange Stellungnahme in den sozialen Netzwerken veröffentlicht hat – stößt aber auch das gesamte Vorgehen der Verwaltung übel auf. An dieser Stelle wird es komplex. Viele Dinge greifen ineinander.

Die Summe über 85.000 Euro für den Bau der Abstellanlage war bereits im Haushalt 2023 – den die Lokalpolitik genehmigt hatte – eingestellt. Zuvor wurde das Vorhaben Anfang desselben Jahres seitens der Verwaltung der Lokalpolitik zur „Kenntnisnahme“ vorgestellt.

Problem: Als Investition mit einem politischen Beschluss wurde der Bau der Fahrradabstellanlage nicht genehmigt. Das räumt auch die Verwaltung auf Nachfrage ein. Schon während der Ratssitzung Ende Juni sagte der Bürgermeister, dass der Verwaltung im Gesamtablauf „ein Fehler“ unterlaufen sei.

Allerdings – auch das macht die Verwaltung deutlich – sei diese Vorgehensweise (politische Projektgenehmigung durch Absegnung des Haushaltes) „so auch in vielen anderen Fällen so gehandhabt worden“. Also ohne Beschluss.

Bau verzögert sich

Dass genau jetzt das Thema wieder hochkochte, ist darin begründet, was der Bürgermeister als „Fehler“ bezeichnete. Die 85.000 Euro für den Bau der Anlage waren auch im Haushaltsentwurf (!) 2024 enthalten. Dass die Anlage nicht schon 2023 gebaut wurde, hing laut Verwaltung damit zusammen, dass seinerzeit noch über eine Rathauserweiterung diskutiert wurde.

Das geht auch aus den entsprechenden Unterlagen im Ratsinformationssystem hervor. Mit dem Hinauszögern des Baus der Fahrradabstellanlage sollte vermieden werden, dass diese einer potenziellen Ratshauserweiterung im Weg steht. Jetzt ist diese aber vom Tisch. Der zusätzliche Flächenbedarf wird aus Kostengründen über die Anmietung von Räumlichkeiten kompensiert.

Entsprechend war der Weg für die Fahrradabstellanlage frei. Allerdings wurde durch die Komplexität der Haushaltsstellen der Ansatz über 85.000 Euro laut Verwaltung „irrtümlich“ aus dem Haushalt 2024 herausgenommen. Die Politik segnete diesen also ohne diese Summe ab.

Da der Auftrag für den Bau laut Verwaltung aber bereits 2023 vergeben wurde, war es jetzt notwendig, dass die Lokalpolitik diese Summe im aktuellen Haushalt „erneut zur Verfügung stellt“. CDU, SPD und DB hatten damit kein Problem, die FDP lehnte dies vehement ab.

Eine Fahrradabstellanlage
6x12 Meter groß ist die Fahrradabstellanlage hinter dem Heeker Rathaus geworden. Die Kosten für den Bau sollen laut Verwaltung geringer als der dafür vorgesehene Haushaltsansatz ausfallen. © Till Goerke

Fraktions-Chef Tobias Neumann wetterte: „Wie sollen wir das den Bürgern erklären. Das ist Steuergeldverschwendung. Brauchen wir das überhaupt?“ Auf der Internetplattform Facebook legte seine Fraktion nach.

Dort heißt es: „Wir finden es unverschämt, so mit dem Steuergeld unserer Bürgerinnen und Bürger umzugehen. Es ist halt ein liberaler Grundgedanke, so zu handeln, wie man selbst behandelt werden will.“

Geholfen hat es nichts. CDU, SPD und DB überstimmten die FDP. Das Geld wurde erneut in den Haushalt eingestellt. Für eine Fahrradabstellanlage, die laut Verwaltung in Zukunft auch dafür gedacht ist, dass Bürger dort ihr Fahrrad sicher abstellen können, um dann mit dem Bus weiterzufahren.

Die abschließbare Anlage biete zudem die Möglichkeit, dass nun alle Mitarbeiter der Verwaltung dort ihr Rad sicher ab- und unterstellen können. An der alten Anlage sei das nicht möglich gewesen.

Zudem habe die Verwaltung in Sachen Klimaschutz eine Vorreiterrolle. Dazu gehöre auch die Förderung des Radverkehrs samt Infrastruktur. Ebenfalls seien die Räder samt Akkus gut vor Diebstahl geschützt. In der Vergangenheit sei genau das bereits mehrfach passiert. Zudem gleiche sich die Fahrradabstellanlage dem Aussehen nach der Mobilitätsstation vor dem Rathaus an.

Viele positive Fakten. Die FDP-Fraktion stellt auf Facebook dennoch klar, dass „noch viele Fragen“ – auch mit Blick auf die Auftragsvergabe – offen seien. Als Fraktion halte man sich daher „eine unabhängige Prüfung“ vor...

Diesen Bericht haben wir am 6. August 2024 veröffentlicht.