Mauer stellte Gefährdung dar Kreis ordnet Abrisse an und legt Baustelle dann still

Sicherheitsbedenken: Kreis Borken legt Baustelle in Nienborg still
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Es ist ein drastischer Schritt. Jedoch einer, der konsequent und letztlich unausweichlich war. Die Bauaufsichtsbehörde des Kreises Borken hat eine Baustelle in der Nienborger Hauptstraße auf unbestimmte Zeit stillgelegt.

Auslöser waren akute Sicherheitsbedenken. Daraus entwickelte sich dann auch noch ein Verstoß gegen eine vom Kreis erteilte Baugenehmigung. Auch der Gemeinde Heek ist alles ein Dorn im Auge. Denn die Fassade – das war klare Vorgabe – sollte vom Bauherren nicht abgetragen werden.

Auf der Baustelle – direkt neben der Mutmachwerkstatt und gegenüber der Schenkwirtschaft Wissing – ist am Dienstagmorgen (29. Oktober) keine Menschenseele zu sehen. Die Baustelle ist eingezäunt, ein Baugerüst steht vor den Resten einer Backsteinfassade zur Hauptstraße hin.

Rund drei Meter ist diese noch hoch. Bis vor einigen Tagen waren es noch sechs Meter. Die Steine liegen in einer Ecke der Baustelle auf einem großen Haufen. Der Baukran schwenkt im leichten Wind.

Fassaden-Dilemma

Und es waren jene Fassadenreste des ehemaligen Hauses, die das ganze Baustellen-Dilemma ausgelöst haben. Entstehen soll an dieser Stelle ein modernes Mehrfamilienhaus. Der Bauherr war am Dienstag telefonisch nicht zu erreichen.

Das Grundstück erwarb dieser vor längerer Zeit von der Gemeinde Heek, die zuvor darauf ihr Vorkaufsrecht gezogen hatte. Lange tat sich nichts. Nach Informationen dieser Redaktion ließ der Bauherr sogar die Bauverpflichtung verstreichen. Entsprechend soll auch ein Ratsbeschluss zur Rückabwicklung existieren. Aufgehoben soll dieser noch nicht geworden sein.

Eine Baustelle in Nienborg
Die Fassade musste nach Vorgaben des Kreises auf drei Meter abgetragen werden. Doch jetzt entspricht dies nicht mehr den Vorgaben der Baugenehmigung. © Markus Gehring

Zum Thema Bauverpflichtung hält sich die Gemeinde auf Anfrage bedeckt. Bürgermeister Franz-Josef Weilinghoff spricht aber von „groben Unstimmigkeiten im Vorfeld“. Es sei alles kompliziert gewesen, daher sei es zu deutlichen Verzögerungen in Sachen Baustart gekommen.

Dass die Baustelle jetzt durch den Kreis stillgelegt wurde, ist im Sinne der Gemeinde. Der Kreis hält sich mit Angaben zurück, ob das Ganze auf Drängen der Gemeinde geschehen ist, aber die Aussagen des Bürgermeisters lassen da kaum Interpretationsspielraum.

Sicherheitsmängel

Die Sicherungsmaßnahmen seien „nicht so erfolgt, wie nötig“. Die ursprünglich sechs Meter hohen Fassadenreste drohten auf die Hauptstraße zu stürzen. Was das für Folgen hätte haben können, kann sich jeder ausmalen.

Daraufhin gab es laut Gemeinde ein Gespräch mit dem Kreis. Dieser habe zwei Optionen aufgezeigt: Mauer abtragen oder die Haupstraße sperren. Eine Sperrung lehnte die Gemeinde bei der so wichtigen Durchgangsstraße des Ortsteiles jedoch ab.

Der Kreis bestätigt auf Nachfrage, dass der Bauherr zunächst telefonisch am 22. Oktober informiert worden und die Baustelle als solche dann durch „schriftliche Ordnungsverfügung“ stillgelegt worden sei.

Zudem ordnete der Kreis an, dass die sechs Meter hohe Fassade wegen der „vermuteten Gefahr“ umgehend durch den Bauherren auf die jetzt drei Meter abgetragen werden musste, um „alle Sicherheitsbedenken“ aus der Welt zu räumen. Doch genau das zog weitere Probleme nach sich.

Ein Luftbild von Hüsern in Nienborg
Die beiden Gebäude mit dem roten Punkt wurden abgerissen. Entstehen soll auf der Fläche laut Gemeinde ein Mehrfamilienhaus. Doch die Baustelle ist jetzt erst mal stillgelegt. © Geodatenatlas Kreis Borken

Der Gemeinde passt es nicht, dass die Fassade abgetragen wurde. Sie sollte - das war klare Vorgabe - erhalten werden. „Wir gehen darum auch davon aus, dass alles so wieder hergerichtet wird, wie es ursprünglich war“, betont der Bürgermeister. Es gehe um die Wahrung des Ortsbildes.

Ob es dazu kommt? Noch unklar. Denn noch gravierender ist jetzt, dass laut Kreis wegen des erfolgten (Teil-) Abbruches der Fassade „abweichend von der Baugenehmigung agiert“ worden sei. Heißt im Klartext: Dies war über die zuvor erteilte Baugenehmigung nicht erlaubt.

Die Folge: Jetzt liegt dem Bauherren seitens des Kreises keine gültige Baugenehmigung mehr für sein geplantes Mehrfamilienhaus vor. Entsprechend – das betont der Kreis – sei es unausweichlich gewesen, die Baustelle auf unbestimmte Zeit stillzulegen. Und das ab sofort.

Die Nienborger werden sich an den Anblick der Baustelle wohl erst mal gewöhnen müssen. Denn wie es jetzt weitergeht, ist völlig offen. Mehrere Szenarien sind möglich. Soll der Bau noch realisiert werden, brauche es einen neuen Bauantrag, wie der Kreis klarstellt.

Rückabwicklung?

Ob es dazu komme, hänge entsprechend vom Eigentümer ab. Der Kreis spielt den Ball also nach Nienborg zurück. So oder so werden wohl erst mal Wochen ins Land ziehen, ehe etwas passieren dürfte. Bauantrag stellen und das dazugehörige Genehmigungsverfahren kosten eben ihre Zeit.

Alternativ wäre auch denkbar, dass es eine Rückabwicklung des Grundstückgeschäftes geben könnte. Hier kommt der bereits gefasste und bisher nicht umgesetzte Ratsbeschluss zur Rückabwicklung ins Spiel. Die Lokalpolitik könnte also auf die Umsetzung dieses Beschlusses drängen.

Ob der Bauherr durch den Verstoß gegen die Baugenehmigung auch noch mit weiteren Konsequenzen durch den Kreis Borken zu rechnen hat, ist unklar. Der Kreis teilt auf diese Frage kurz und knapp mit, dass man sich diesbezüglich wegen des „laufenden Verfahrens“ nicht äußern werde.

Diesen Artikel haben wir am 29. Oktober 2024 veröffentlicht.