Im Stich gelassen Lokalpolitik verweigert Mutmachwerkstatt finanzielle Nothilfe

Lokalpolitik verweigert Mutmachwerkstatt finanzielle Nothilfe
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Gisa Sendfeld kämpft zuerst mit den Tränen, dann mit den Worten. Es dauert etwas, ehe sie sich emotional gefangen hat. Dann sagt sie: „Mit der Entscheidung kann und muss ich leben. Nicht aber mit der Art und Weise, wie ich behandelt wurde.“ Worte, die in Richtung Heeker Lokalpolitik gehen, die mit einem fragwürdigen Vorgehen finanzielle Fakten geschaffen hat.

Über Trauer reden, sie verstehen und bewältigen: Das sind einige Aspekte, die Gisa Sendfeld in ihrer Mutmachwerkstatt – ein uriges Gebäude in der Hauptstraße – Betroffenen ehrenamtlich anbietet. Ein Angebot, das - so traurig es ist - rege genutzt wird. Weit über die Grenzen Nienborgs hinaus.

Gisa Sendfeld fotografiert sich selbst im Spiegel
Gisa Sendfeld denkt noch nicht an das Aufgeben ihrer Herzensangelegenheit Mutmachwerkstatt. Da die Heeker Lokalpolitik nicht helfen will, müssen andere Lösungen gefunden werden. © privat

Zukunft nicht gesichert

Keinen Cent verdient die gelernte Sozialpädagogin mit dieser Arbeit. Im Gegenteil: Sie muss noch Privatvermögen hineinstecken, um den Betrieb überhaupt aufrechtzuerhalten. Die Spenden reichen einfach nicht aus. Das sei die „traurige Wahrheit“, wie es Gisa Sendfeld selbst nennt.

Ein finanzielles Aus konnte Ende 2023 gerade noch abgewendet werden. Zumindest für das Erste. Auch, weil Gisa Sendfelds Vermieter ihr sehr entgegenkam, wie die Wahl-Nienborgerin berichtet. Bis Ende 2024 steht die Finanzierung. Doch darüber hinaus fehlt noch die wirtschaftliche Perspektive.

„Es braucht Geld. Es geht so nicht mehr weiter. Der Spagat ist nicht mehr stemmbar“, sagt Gisa Sendfeld offen im Gespräch mit der Redaktion. Worte, die ihr hörbar schwer über die Lippen kommen. Viel zu sehr hängt sie an ihrer Arbeit, mit der sie schon „so, so vielen Menschen in Not geholfen“ hat. Und es noch immer tut.

In ihrer finanziellen Not wandte sich Gisa Sendfeld an die Gemeinde Heek und die Lokalpolitik. Reichte Unterlagen ein, setzte ein Antragsschreiben auf und bat um eine finanzielle Unterstützung für ihr ehrenamtliches Projekt.

Jährliche Hilfe

Miete und Nebenkosten belaufen sich für die Mutmachwerkstatt auf rund 2000 Euro im Monat. Die Hälfte davon (12.000 Euro/Jahr) wünschte sich die Nienborgerin von der Gemeinde als finanzielle Hilfe. „Ich musste ja eine Zahl nennen“, so Gisa Sendfeld. Weniger hätte auch schon geholfen.

Doch geben wird es keinen Cent. Obwohl es in der Gemeinde, das bestätigt Bürgermeister Franz-Josef Weilinghoff auf Anfrage, einen Topf für soziale Dinge gibt, der mit 10.000 Euro jährlich gefüllt ist. Geld, das etwa die karitativen Organisationen „Familie in Not“ und „Dienst am Nächsten“ abgreifen.

Diesen Entschluss fasste jüngst einstimmig der Schul- und Sozialausschuss und ließ Gisa Sendfeld und ihre Mutmachwerkstatt damit im Regen stehen. Ihr Hilferuf verhallte ungehört. Und das sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Jenen Punkt, den Gisa Sendfeld auch nicht nachvollziehen kann.

Ihr Antrag war Top III der Tagesordnung. Gut vorbereitet ging die gelernte Sozialpädagogin in die Sitzung. Hatte die Hoffnung, „dass ich mein Projekt den Ausschussmitgliedern noch mal vorstellen darf“, wie sie im Vorfeld der Redaktion berichtete. Doch diese Hoffnung platzte rüde.

Die CDU-Fraktion beantragte eine Behandlung im nicht-öffentlichen Teil. Inklusive der dazugehörigen Diskussion. Eine Erklärung, warum das nötig sei, gab es nicht. Gisa Sendfeld musste unverrichteter Dinge wieder abziehen, bekam die Entscheidung erst im Nachgang durch die Verwaltung mitgeteilt.

„Es war schon traurig, wie man mich behandelt hat. Ich wurde nicht begrüßt, durfte meine Arbeit nicht vorstellen und wurde einfach ignoriert“, nagt die Nienborgerin noch immer am Vorgehen der Lokalpolitik.

Trauer ist Not

Und sie stellt klar: „Ich möchte doch niemanden Geld wegnehmen. Ich habe keine Namen genannt. Einfach nur um Hilfe gebeten. Denn Menschen, die trauern, sind auch in großer Not.“ Und davon gebe es „leider“ genug. Auch in Heek und Nienborg.

Kritische Nachfrage im Rathaus. Was ist hinter verschlossenen Türen zur Mutmachwerkstatt und dem Antrag von Gisa Sendfeld besprochen worden? Bürgermeister Franz-Josef Weilinghoff kann natürlich nicht ins Detail gehen, sagt aber, dass die Abstimmung mit „nein“ einstimmig ausgefallen sei.

Und er räumt ein, dass es „doof aussah“, alles in den nicht-öffentlichen Teil zu schieben. Eine Diskussion hätte durchaus öffentlich geführt werden können. Wohlgemerkt: Können, nicht müssen. Und: „Die Politik hat so entschieden und das ist aus meiner Sicht auch so vertretbar gewesen.“

Zur politischen Begründung: Das Geld, das für „Familien in Not“ und „Dienst am Nächsten“ zur Verfügung steht, werde unmittelbar an Menschen in finanzieller Not weitergegeben. Das sei etwas anderes als eine „institutionelle Förderung“, die es im Falle der Mutmachwerkstatt gewesen wäre.

Aufgeben keine Option

Und der Bürgermeister betont: „Eine Dauerförderung ist eben nicht so einfach.“ Jedes Jahr 12.000 Euro an Förderung zu zahlen, sei eben etwas anderes, als mal ein „Einzelprojekt“ zu unterstützen. Diese Tür bleibt für die Mutmachwerkstatt in der Gemeinde nämlich auf. Zumindest in der Theorie.

Dinge, über die Gisa Sendfeld nur müde lächeln kann. Mehr denn je ist sie nun selbst gefragt, wieder eine Lösung für ihr Ehrenamtsprojekt zu finden. „Ich lasse mich nicht unterkriegen. Ich kämpfe bis zum Schluss“, betont sie. Daran ändere auch die getroffene politische Entscheidung nichts.