„Illegale Aufbaggerung“ LWL-Archäologie empört über Grabung am Hohen Haus

„Illegale Aufbaggerung“: LWL empört über Grabung am Hohen Haus
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Das Gartenparadies des ehemaligen Burgmannhofes „Hohes Haus“ wollen drei lokale Macher in Abstimmung mit der Stiftung des Hauses aus dem „Dornröschenschlaf“ holen. Der Garten soll für alle geöffnet und die historischen Funde in die geplante Gartengestaltung integriert werden.

Dafür haben Winfried Leusbrock (Eggert GmbH/Georadar), Uwe Gruber und Markus Stöcker mit Erlaubnis der Haus-Stiftung das Areal bereits mit Georader-Technik untersucht und eine Probegrabung zur Verifizierung der detektierten Funde durchgeführt. Das macht die LWL-Archäologie fassungslos.

„Völlig inakzeptabel“

Dr. Michael Malliaris, Leiter der Mittelalter- und Neuzeitarchäologie beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), sucht im Nachgang an die Veröffentlichung des Artikels über die Gartenpläne am Hohen Haus das Gespräch mit der Redaktion. Und findet deutliche Worte zu den Vorgängen.

„Was da gelaufen ist, ist aus unserer Sicht völlig inakzeptabel“ betont er mit Nachdruck. Es sei damit gleich gegen „mehrere Paragrafen“ des Denkmalschutzgesetzes NRW verstoßen worden. Besonders die Probegrabung stößt dem Leiter der Mittelalter- und Neuzeitarchäologie übel auf: „Einfach mal ein Loch machen und schauen – das geht überhaupt nicht.“

Denkmalschutzgesetz NRW

Laut LWL – und belegt durch das Denkmalschutzgesetz – hätte noch nicht mal die Georadar-Sondierung stattfinden dürfen. Zumindest nicht ohne zuvor eingeholte Erlaubnis.

Im Denkmalschutzgesetz NRW heißt es dazu: „Der Erlaubnis der Oberen Denkmalbehörde bedürfen 1. das Verwenden von Mess- und Suchgeräten, die geeignet sind, Bodendenkmäler aufzufinden, ohne dazu nach anderen Rechtsvorschriften befugt zu sein, 2. das Graben nach Bodendenkmälern sowie 3. die Bergung von Bodendenkmälern.“

Ein Bauplan
So sah mal die Planung für die Bebauung des Gartens vom Hohen Haus aus. Die LWL-Archäologie sah auch das kritisch. Ob es dafür eine Genehmigung gegeben hätte, ist unklar. Die Investoren zogen ihre Pläne von selbst zurück. © Planer

Diese hätte der Kreis Borken als Obere Denkmalbehörde in Absprache mit der Unteren Denkmalbehörde (Gemeinde) und dem LWL erteilen müssen, wie Michael Malliaris erklärt – obwohl der Garten des Hohen Hauses laut LWL nicht als Bodendenkmal bei der Gemeinde Heek geführt wird.

Winfried Leusbrock und seine Mitstreiter sind überrascht über den Vorstoß des LWL, als die Redaktion sie dazu befragt. „Wir möchten der Gemeinde doch nur etwas Gutes tun“, betont Winfried Leusbrock. Dafür habe man für die bisherigen Arbeiten schon viel Geld aus eigener Tasche investiert.

Komplexe Gemengelage

Dass die Gemengelage komplex ist, ist in mehreren Aspekten begründet. Der Garten ist kein Bodendenkmal, das Hohe Haus steht unter Denkmalschutz. Dass der Garten nicht in der Liste der Bodendenkmäler geführt ist, sei für die „Einschätzung als Bodendenkmal“ laut LWL aber nicht entscheidend.

Zum einen sei „der gesamte Bereich der historischen Burg“ für das LWL und die Baudenkmalpflege ein „hochkarätiger Denkmalbereich“. Zum anderen geht das LWL im Garten des Hohen Hauses „auch ohne Messungen aus guten wissenschaftlichen Gründen von einem vermuteten Bodendenkmal aus“.

Und ein solches sei nach dem neuen Denkmalschutzgesetz den eingetragenen Denkmälern gleichgestellt. Entsprechend hätte es für eine Untersuchung eine Genehmigung gebraucht.

Dinge, von denen Winfried Leusbrock und Mitstreiter nichts gewusst haben, wie sei beteuern. „Es gibt doch ein Interesse in der Gemeinde an dem, was wir hier vorhaben. Wir haben doch mit dem, was wir vorhaben, nur gute Absichten“, betont Leusbrock mit Nachdruck.

Zwei Männer stehen vor einem alten Haus
Diederik von Bönninghausen (l.) aus dem Vorstand der Stiftung Burg Hohes Haus und Winfried Leusbrock (Eggert GmbH/Georadar Heek) wussten nicht, dass sie die LWL-Archäologie übergehen würden, wenn sie den Garten mit modernster Technik sondieren. © Till Goerke

Dass ein Vorhaben in der Umsetzung komplex oder gar unmöglich werden kann, wenn es historische Funde gibt, zeigen auch die alternativen Pläne für den Garten des Hohen Hauses. Schon 2020 waren diese sehr konkret.

Der Redaktion liegen Dokumente vor, aus denen hervorgeht, dass im vorderen Teil des Gartens zur Hauptstraße hin drei Mehrfamilienhäuser entstehen sollten. Auch dort, wo jetzt die historischen Funde gemacht wurden.

Und diese Planungen sollen so weit vorangeschritten und mit den zuständigen Stellen abgesprochen gewesen sein, dass eine denkmalrechtliche Erlaubnis bereits beantragt worden, aufgrund der hohen Kosten für das Bauvorhaben aber auch wieder zurückgezogen worden sein soll.

Ob es diese gegeben hätte? Eher nicht. Der Kreis Borken teilt auf Anfrage mit, dass er in diese Angelegenheit nicht involviert war, da dies eine Sache der Unteren Denkmalbehörde, also der Gemeinde Heek, gewesen sei.

Pläne verworfen

Aus Unterlagen politischer Sitzungen aus 2020 geht hervor, dass die Gemeinde dabei war, „die erforderlichen Maßnahmen [...] mit dem LWL- Westfälisches Amt für Denkmalpflege und Archäologie vorabzustimmen.“

Natürlich sind auch Michael Malliaris diese Pläne bekannt, wie er bestätigt. Er stellt dazu klar: „Da waren wir seinerzeit auch sehr skeptisch wegen der Bodenfunde.“ Letztlich wurden die Pläne des Investors auch verworfen, da die Kosten wegen der Bodenbeschaffenheit zu hoch gewesen sein sollen.

Ein großer Garten
Der große Garten des Hohen Hauses ist kein Bodendenkmal ist einem solchen laut LWL aber gleichgestellt. © Till Goerke

Bleibt also noch das Thema mit der Gartenöffnung für die Bevölkerung. Nur wie geht es da jetzt weiter? Der LWL bleibt bei seinem Standpunkt und spricht von einer „illegalen Aufbaggerung“. Derzeit prüfe man „intensiv“, wie man jetzt weiter vorgehe.

Etwas, das die drei Macher aus dem Ort nicht aus der Ruhe bringt. Sie wollen ihre Pläne weiter konkretisieren, damit auch Gemeinde und Lokalpolitik ein handfestes Konzept an der Hand haben, auf dessen Basis das weitere Vorgehen abgestimmt und konkretisiert werden kann.

Denn am liebsten würden die Macher das Ganze zusammen mit Gemeinde und Politik realisieren. Und mit dem jetzigen Wissensstand natürlich auch im Einklang mit der LWL-Archäologie. Ob es dazu kommen wird, werden die kommenden Wochen und Monate zeigen.