Die Emotionen kochen zuweilen hoch. Einige Bauern reden sich während der Winterversammlung der Heeker und Nienborger in Rage, stehen auf, wollen gehen. Es dreht sich um ein Thema: Rinderherpes oder BHV-1. Für den Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 31. März hat der Kreis Borken für die Gemeinde Heek und die Bauerschaft Ammeln eine Sperrzone erlassen. Für die 105 Rinderhalter gelten strikte Maßnahmen.
Die aufgewühlte Stimmung am Mittwoch hat einen Grund: Einige Bauern fürchten um ihre Existenz. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Tierseuchenkasse. Die gehört als Sondervermögen zur Landwirtschaftskammer NRW. „Die Zahlungen erfolgen nicht“, bemängelt ein Landwirt. Die Bearbeitung dauere viel zu lange. Doch von der Tierseuchenkasse ist niemand anwesend. Die Kritik verhallt oder trifft einfach die Falschen.
„Der überwiegende Teil der Bauern kritisiert nicht die Maßnahmen“, sagt Kreisveterinärdirektor Dr. Michael Kerkhoff am Freitag im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Landwirte wüssten, dass die Maßnahmen nötig seien, damit der gesamte Kreis Borken den Freiheitsstatus nicht verliert.
Kerkhoff zeigt die Konsequenzen eines Statusverlusts auf. Die Rinder müssten 30 Tage in Quarantäne und ihnen müsste eine Blutprobe entnommen werden. Bei den geringen Margen sei das wirtschaftlich uninteressant, so Kerkhoff. „Für den ganzen Kreis wäre das dramatisch“, sagt der Kreisveterinärdirektor zu den Bauern. Im vergangenen Jahr wurden rund eine halbe Million Rinder aus dem Kreis Borken exportiert und überwiegend in Deutschland vermarktet.
Hohe Rinderdichte in Heek
Die Region sei so stark betroffen, weil sie „eine exorbitant hohe Rinderdichte“ aufweise, so Michael Kerkhoff. Andere Regionen seien breiter aufgestellt. Das Ziel der verhängten Maßnahmen ist klar: „Den Sumpf einmal trocken legen.“ Heißt: Das BVH-1-Virus im Sperrbezirk ausmerzen.
Die wichtigste Maßnahme ist aus seiner Sicht das Testen. In drei Untersuchungsstellen können die Bauern ihren Tieren kostenlos Proben entnehmen lassen. Auch am Schlachthof erfolgt eine kostenlose Probenentnahme. Bei Blutproben auf dem Bauernhof werden die Laborkosten von der Tierseuchenkasse bezahlt, die Entnahme müssen die Landwirte bezahlen.
Abgestimmte Maßnahmen
„Wir haben geschafft, dass sich die Situation beruhigt“, sagt Landrat Dr. Kai Zwicker. Er wisse um die schwierige Lage der Bauern. „Wir hoffen, dass wir gemeinsam da durchkommen“, setzt der Landrat auf gemeinsame Anstrengungen aller Beteiligten. Die Maßnahmen seien mit Bund und Land abgestimmt, so Zwicker.
Eins wird während der Sitzung deutlich: Ohne negative Tests werden die Maßnahmen nicht gelockert. Im Gegenteil: Bei positiven BVH-1-Tests Ende März drohen weitere Maßnahmen oder gar irgendwann das Wegfallen des Freiheitsstatus.

Michael Kerkhoff wirbt für ein möglichst frühes Testen, um die Seuchenentwicklung nachvollziehen zu können. Wenn Anfang Januar 80 Prozent der Tiere getestet wären, sei das eine gute Zahl, so der Kreisveterinärdirektor. Erst kurz vor Ende März damit zu beginnen, sei einfach zu spät.
Ein weiteres Problem der Bauern: Sie bekommen kaum noch Rinder von außerhalb geliefert. „Die Händler wollen sich nicht beproben lassen“, stellt ein Landwirt fest. Die Händler hätten Angst, dass bei ihren Tieren das BHV-1-Virus nachgewiesen wird. Wer nicht testet, fällt nicht auf.
Solidarität gefordert
„Sie müssen ihre Handelspartner in schwierigen Zeiten auch mal in die Pflicht werden“, sagt Michael Kerkhoff. Die Bauern sollten an die Solidarität der Viehhändler appellieren. Die Händler müssten auch in schwierigen Situationen zu den Bauern stehen, nicht nur in leichten Zeiten.