Es ist ohne Frage eine Hausnummer: Ein Landwirt aus der Heeker Bauerschaft Ahle wird in Zukunft rund 700 Kühe melken und zusätzlich 100 Kälber auf seinem Hof halten dürfen. Der Bestand der Milchkühe wird somit fast verdoppelt. Gab es zunächst in Heek noch deutliche Kritik am Vorhaben, sind jetzt alle kritischen Stimmen verstummt. Die Bahn ist nun offiziell frei.
Ohne erkennbare Regung nimmt der Ahler Landwirt am späten Mittwochabend (11. September) die Entscheidung der Heeker Lokalpolitik zu seinem geplanten Vorhaben im Bauausschuss zur Kenntnis. Er hat es sich auf den Zuschauerplätzen bequem gemacht und lauscht der Debatte.
Virus spielt keine Rolle
Wobei es de facto keine Debatte mehr war. Denn es war bereits im Vorfeld klar, dass der Gemeinde die Hände gebunden sind. Weder Lokalpolitik noch Verwaltung hätten das Vorhaben des Landwirtes noch stoppen können.
Denn zuvor hatten bereits die Landwirtschaftskammer NRW sowie der Kreis Borken grünes Licht für die Planung gegeben. Die Genehmigung nach dem Bundesimmissionsgesetz ist damit rechtens. Unabhängig davon, ob im Kreis Borken und Heek jüngst mal wieder das Rindervirus ausgebrochen ist.
Dazu stellte der Kreis bereits auf Anfrage klar, dass es „bau- und immissionsschutzrechtlich kein gesetzliches Verbot von Tierbeständen dieser Größenordnung“ gebe. Entsprechend sei die geplante Größe des Betriebes „kein Kriterium für eine Genehmigungsverweigerung“.
Und: Natürlich sei aus veterinärrechtlicher Sicht die Rinderdichte in einer Region als ein Risikofaktor für die Ausbreitung von Tierseuchen anzusehen. Aber: Dabei stehe jedoch nicht „die Größe eines einzelnen Betriebes im Vordergrund“. Vorausgesetzt, dass alle „Biosicherheitsmaßnahmen“ durch den Tierhalter „konsequent umgesetzt“ würden.

Bereits vor der jüngsten Bauausschusssitzung machte die Heeker Verwaltung auf Nachfrage deutlich, dass man „keinen Einfluss“ (mehr) auf die Genehmigung habe. Die Lokalpolitik hätte aber die Verwaltung beauftragen können, dass es keine Stellungnahme zum Vorhaben in Richtung Kreis gibt.
Es wäre ein symbolischer Akt des „Neins“ gewesen, denn dann hätte die sogenannte Genehmigungsfiktion gegriffen. Das bedeutet, dass bei Ausbleiben einer Entscheidung seitens der Gemeinde binnen einer Zwei-Monats-Frist die positive Entscheidung dieser einfach hypothetisch angenommen wird.
Keine Bedenken mehr
Doch etwas überraschend wurde diese Option seitens der Lokalpolitik nicht gezogen. Nachdem sich zuvor noch große Teile dieser kritisch bezüglich der geplanten, enormen Vergrößerung des Tierbestandes geäußert hatten. Thomas Söbbing (CDU) sagte fast schon stellvertretend für alle: „Bei der Größe hatten wir erst Bedenken, aber diese wurden ausgeräumt.“
Auf die Frage seitens der Lokalpolitik, wo denn das Mehr an Gülle – bei 300 weiteren Milchkühen wird sich diese schließlich deutlich erhöhen – bleibe, stellte die Verwaltung klar, dass dies nicht Sache der Gemeinde sei. Die Prüfung obliege der Landwirtschaftskammer NRW.
Wachsames Auge
Dass diese ein kritisches und wachsames Augen auf diese Dinge hat, belegen auch die schon seit vielen Monaten laufenden Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und LKA gegen ein vermeintliches Gülle-Betrugsnetzwerk mit möglichen Verflechtungen in den Kreis Borken.
Die Ermittlungen samt LKA-Razzia Ende März 2022 in 50 Objekten – auch in Heek und Ahaus – gehen auf einen konkreten Hinweis der Landwirtschaftskammer NRW zurück.
Zurück nach Ahle und der dortigen Tierbestandsvergrößerung. Jetzt, wo die Gemeinde Heek zum Vorhaben ihr Einvernehmen gegeben hat, kann auch der Kreis dem Landwirt die „abschließende immissionsschutzrechtliche Genehmigung“ erteilen. Damit ist der Weg für die Hof-Erweiterung frei.