Feldhasen-Bestände in Gefahr Experten warnen vor Folgen der Virusmutation

Neuartiger Virustyp tötet Feldhasen: Experten
Lesezeit

Nach und nach wird deutlich, wie gravierend und gefährlich der neuartige Virustyp der Myxomatose für die Population der Feldhasen im Kreis Borken werden kann. Während der Kreis aktuell „nur“ von Verdachtsfällen spricht, geben die Experten von der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung auf Anfrage eine düstere Einschätzung ab.

Den dieser Redaktion zugespielten Dokumenten nach sind bereits viele Feldhasen im Kreis Borken mit der Virusmutation, die ursprünglich Wildkaninchen-Bestände drastisch dezimierte, betroffen. Der Kreis hat für den gesicherten Erregernachweis „weitergehende Untersuchungen“ angekündigt.

Ein Hase mit geschwollenen Augen
Auch dieses Foto eines Feldhasen aus Heek wurde der Redaktion zugespielt. Gut zu erkennen sind beim Tier die geschwollenen Augen. Der Fluchtreflex soll auch nicht vorhanden gewesen sein. © Privat

Weitere Untersuchungen

Tote Tiere werden nun durch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe sowie das Friedrich-Loeffler-Institut untersucht. Damit soll auch geklärt werden, ob es der gleiche Virustyp ist, der 2018 in Spanien Tausende Hasen das Leben kostete.

Die Experten von der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung (FJW) des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) geben auf Anfrage eine Einschätzung dazu ab, was der Virusausbruch für den Hasenbestand im Kreis Borken bedeuten könnte.

Nach Angaben des FJW wurde die Myxomatose bisher „nur vereinzelt“ bei Feldhasen nachgewiesen. Das deckt sich mit Angaben des Kreises, der bereits betonte, dass eine nachgewiesene Infektion absolutes Neuland wäre.

Laut FJW gibt es aber seit 2024 ein „seuchenhaftes Auftreten“ beim Feldhasen mit einer „rasanten Ausbreitung“ vom Niederrhein ausgehend in „ganz NRW und die Niederlande“ hinein. So auch im Nachbarkreis Wesel.

Keine Tierseuche

Auch wenn der Begriff „Seuche“ fällt, ist die Myxomatose keine solche, wie die Experten betonen. Eine Tierseuche wäre „anzeigepflichtig“. Bei dem neuartigen Virus handelt es sich hingegen um eine „Erkrankung“ ohne Meldepflicht. Das erschwert letztlich auch die Erfassung des Ausmaßes.

Die Übertragung des Virus erfolgt laut FJW über blutsaugende Insekten (Floh, Stechmücke, Zecke), aber auch von Tier zu Tier. Direkt und indirekt. Deshalb verbreite sich das Virus auch so schnell innerhalb der Populationen.

Und: Eine Infektion sei ein Todesurteil. Eine Behandlung bei dieser Krankheit sei „nicht möglich“. Der FJW weist zudem – wie schon zuvor der Kreis Borken – darauf hin, dass Hauskaninchen geimpft werden sollten.

Da auch schon im Heeker Stiegenpark infizierte Tiere aufgetaucht sein sollen, ist der Schritt der Impfung den Experten nach der einzige effektive Weg, seine Haustiere vor dem neuartigen Virus zu schützen. Eine Impfung bei Wildtieren sei hingegen „nicht praktikabel“.

Schnelle Verbreitung

Die Inkubationszeit – also jene Zeit von der Infektion bis zum Ausbruch des Virus –liegt laut FJW bei drei bis neun Tagen. In Kombination mit der hohen Ansteckungsgefahr wird klar, warum die Experten von einer „wirklich sehr schnellen Verbreitung“ des Virus sprechen.

Und: Die Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung bestätigt jene Informationen, die die Redaktion zuvor schon von Jägern aus dem Kreis Borken erhalten hat. Die Sterberate durch das Virus in den Hasenpopulationen sei nach aktuellen Erkenntnissen „sehr groß“.

Konkret sprechen die Experten von 60 bis 70 Prozent Sterberate nach Ausbruch des Virus innerhalb einer Hasenpopulation. Was das für den Kreis Borken und die einzelnen Hegeringe bedeutet, kann sich jeder ausmalen.

Wie sich das Virus langfristig auf die „gesamte Feldhasenpopulation“ in NRW auswirken wird, kann das FJW noch nicht abschätzen. Einfach, weil das neuartige Virus noch viele unbekannte Variablen enthält.

Zum Thema

Tote Hasen melden

  • Meldung an die Unteren Jagdbehörde des Kreises (Tel. 02861/681 3010). Diese informiert dann die jeweiligen Jagdpächter, die die verendeten Tiere an das Kreisveterinäramt weiterleiten.
  • Bei Funden „innerorts“ das jeweilige Ordnungsamt informieren.
  • Verendete Tiere nicht ungeschützt berühren.
  • Krankheitsanzeichen: Apathie (kein Fluchtreflex), Schwellungen/Pocken im Kopfbereich