Die Schmuckschatullen liegen kreuz und quer auf dem Bett im Obergeschoss verteilt. Alles ist durchwühlt. Ein Bild der Verwüstung. Doch längst nicht alle Schmuckstücke fehlen. Die Einbrecher haben ausreichend Zeit, sich in aller Ruhe nur die richtig hochwertigen Stücke herauszusuchen.
Über ein Fenster sind die Männer in das Haus im Herzen Heeks eingestiegen. Es ist der Nikolaustag (6. Dezember) 2023 irgendwann vor 18 Uhr. Auf den Straßen ist wenig los, das besagte Haus verwaist. Die drei Männer aus Osteuropa können ungestört agieren. Nicht weit davon entfernt wartet ein vierter Mann in einem Fluchtwagen.
Professionell agiert
Die Männer agieren auffallend professionell. Das bestätigte seinerzeit auch die Polizei auf Nachfrage. Modeschmuck interessiert die Täter nicht. Sie müssen Ahnung von der Materie haben. Und sie machten in Heek reichlich Beute. Sie lassen Schmuck im Wert von mindestens 54.000 Euro mitgehen.
Wie lange sich die Täter im Haus aufhielten, ist bis heute unklar. Sie scheinen es aber über die Haustür verlassen zu haben, denn diese stand offen, als die Bewohner am Abend gegen 18.30 Uhr nach Hause kamen. Wochen später klickten dann Anfang Februar 2024 in Gelsenkirchen die Handschellen.
Bei der Festnahme von drei der Männer (39/47/53) kamen auch Spezialeinsatzkräfte zum Zuge. Die Männer wurden von der Polizei in ihrem Fahrzeug überrascht, nachdem sie zuvor noch Einbrüche im Ruhrgebiet verübt hatten. Der vierte Täter (36) wurde wenig später in Bochum verhaftet.
Seitdem sitzen die Männer – die laut Staatsanwaltschaft einer überregional agierenden Bande angehören und auf deren Konto 50 Einbrüche gehen sollen – in Untersuchungshaft. Die Männer sollen auch mehrfach im Kreis Borken zugeschlagen haben. Nicht nur in Heek.

Mittlerweile ist der Prozess gegen die vier Männer vor der 8. Großen Strafkammer am Landgericht Münster angelaufen. Unter strenger Bewachung mehrerer JVA-Beamten werden die kleinen, fast schon schmächtigen Männer in den Saal geführt. Gleich sechs Verteidiger stehen ihnen zur Seite.
Die vier Männer haben Knöpfe im Ohr, damit sie die Verhandlung mittels Dolmetscher-Übersetzung verfolgen können. Selbst sagen sie kein Wort. Die Mimik ist starr. Fast teilnahmslos hören die Männer zu, wie die ersten Betroffenen darüber sprechen, was die Einbrüche in ihnen ausgelöst haben.
Dass derartige Taten tiefe seelische Narben bei den Opfern hinterlassen können, wird auf traurige Weise am Heeker Fall deutlich. Die Stimme der Heekerin zittert im Zeugenstand. Sie kämpft mit den Tränen. Dann sagt sie hörbar frustriert: „Wie Menschen so vorgehen können, ist schon der Hammer.“
Auch eine Anspielung darauf, dass die Täter im Schlafzimmer ein Kopfkissen abgezogen haben, um in diesem Bezug den Schmuck aus dem Haus schaffen zu können. Zu wissen, dass jemand Fremdes im Haus war, sei einfach ein „beklemmendes Gefühl“.

„Wenn ich auf dem Bett sitze und die Rollläden sind nicht heruntergelassen, habe ich immer Angst, beobachtet zu werden“, schildert die Heekerin mit bedrückter Stimme. Worte, die zeigen, wie nah ihr die Tat noch immer geht.
Und mehr noch: Früher habe sie sich in der Flüchtlingshilfe engagiert. Nach dem Einbruch sei das Geschichte. „Das geht jetzt leider nicht mehr. Das hat man mir genommen.“ Das Misstrauen gegenüber Ausländern ist durch die Tat offenkundig einfach zu groß geworden.
Da spielte es auch keine Rolle mehr, dass der jüngste der Männer über seinen Anwalt eine Entschuldigung ausrichten ließ. Er – so weit sein Geständnis – war unter anderem bei dem Einbruch in Heek der Fahrer des Fluchtwagens. Dafür soll er von den drei „Haupttätern“ bezahlt worden sein.
Noch sind viele Fragen offen. Auch, nach welchem Prinzip sich die Männer die Tatorte aussuchten, ob sie diese zuvor ausspionierten und wie hoch die Gesamtbeute war. Über 50.000 Euro waren es schon einmal alleine in Heek.
- Der Prozess wird am 23. August um 9 Uhr (Saal A23) fortgesetzt. Den Männern drohen laut Staatsanwaltschaft langjährige Haftstrafen.