Brutale Beziehungstaten in Heek und Stadtlohn Peiniger wendet Haftstrafe ab

Brutale Beziehungstaten: Peiniger (30) muss nicht ins Gefängnis
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Es waren erschütternde Beziehungstaten, die sich im Januar und März 2023 in Heek und Stadtlohn zugetragen haben. Taten, unter den das Opfer – eine Frau (29) – noch heute schwer leidet. Nicht nur wegen einer großen Narbe im Gesicht. Zweimal rastete ein Heeker (30) aus und verprügelte seine Ex auf brutale Arte und Weise. Doch ins Gefängnis muss er nicht (mehr).

Die 29-Jährige – mittlerweile aus Sicherheitsgründen unbekannt aus Stadtlohn verzogen – ist stark geschminkt, doch das kann die lange Narbe in ihrem Gesicht nicht gänzlich kaschieren. Sie wirkt gefasst und doch mental gebrechlich. Die Prügelattacken haben zeichnende Spuren hinterlassen.

Ladngericht Münster
Der Heeker legte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung ein, die jetzt vor dem Landgericht Münster verhandelt wurde. © Till Heeker

„Panische Angst“

„Mir geht es schlecht, sehr schlecht“, sagt sie mit bedrückter Stimme. „Ich habe panische Angst ihn (den Heeker - d. Red.) zu sehen. Alleine, wenn ich auf der Straße den Handyklingelton höre, den er hatte, bekomme ich Panik.“ Worte, die belegen, wie es um ihre Psyche bestellt ist.

Und Worte, die vor der 5. Strafkammer am Landgericht Münster fallen. Dabei ist die 29-Jährige per Videoschalte aus einem anderen Saal zugeschaltet. So, dass sie ihren Peiniger nicht sehen muss. Es ist eine „audio-visuelle“ Befragung, die der Richter so vornimmt. Gezwungenermaßen.

„Belastungsstörung“

Ein Attest belegt, dass die Frau - die im Prozess als Nebenklägerin auftritt - eine direkte Konfrontation mit dem Heeker nicht verkraften würde. Begründet in einer „Belastungsstörung“ durch die Taten. Eine Panikattacke wäre laut Attest bei einem „Wiedersehen“ nicht ausgeschlossen.

Dass die ehemalige Stadtlohnerin überhaupt noch mal vor Gericht erscheinen musste, war darin begründet, dass der Heeker gegen das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichtes Ahaus Berufung einlegte. Die verhängte Gefängnisstrafe über ein Jahr und vier Monate wollte er nicht akzeptieren.

Blutergüsse, Prellungen am Körper und im Gesicht, Platzwunden, Hämatome, ein Cut auf der Stirn und ein immens angeschwollenes Gesicht samt Operation: Fotos, die im Krankenhaus gemacht wurden, dokumentieren, was die junge Frau in ihrer Statdlohner Ex-Wohnung und in der Wohnung des Heekers hat erleiden müssen.

In beiden Fällen soll Drogenkonsum eine Rolle gespielt haben. Wegen der Brutalität wird an dieser Stelle auf weitere Details verzichtet. Aber: Noch immer befindet sich die Frau in psychiatrischer Behandlung und war zuvor nach eigenen Angaben auch sieben Wochen stationär in einer Psychiatrie.

Taten eingeräumt

Dass es die Taten und ihre Folgen so wie geschildert gegeben hat, ist unstrittig. Unstrittig, weil die eingelegte Berufung des Heekers seitens seiner Verteidigerin kurzfristig „beschränkt“ wurde. Es ging nicht um die Schuldfrage, diese wurde so eingeräumt, sondern nur noch um die Strafhöhe.

Die Verteidigung wollte die Gefängnisstrafe zugunsten einer Bewährungsstrafe kippen. Begründung: Der Heeker sei seinerzeit „in keiner guten Verfassung“ gewesen, ihm tue das Vorfgefallene „leid“, er habe sein Leben „aufgeräumt“, habe wieder einen „unbefristeten Arbeitsvertrag“ und wieder eine Partnerin. Eine Gefängnisstrafe würde all das wieder zunichtemachen.

Einschlägig aufgefallen

Als Außenstehender schwierig nachvollziehbar: Die „neue“ Partnerin des Heekers ist seine Ex-Ex, die er laut rechtskräftigem Urteil in der Vergangenheit ebenfalls körperlich angegangen hatte. Sie verfolgte die Berufungsverhandlung mit dem gemeinsamen Sohn auf den Zuschauerplätzen.

Zwar räumte der Heeker durch die beschränkte Berufung die Tatvorwürfe gegen die Ex-Stadtlohnerin ein, doch so richtig überzeugend kam das im Wortlaut nicht rüber. Auf Nachfrage des Richters, ob die Taten exakt so waren, wie im erstinstanzlichen Urteil geschildert, entgegnete der Heeker nüchtern: „Das liegt im Auge des Betrachters.“

Das Amtsgericht Ahaus
Das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichtes Ahaus (Foto) wurde durch die 5. Strafkammer am Landgericht Münster revidiert. Der Heeker muss nicht Gefängnis. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. © Till Goerke

Nichtsdestotrotz hinterließ der Auftritt der Verteidigerin samt ihrer Ausführungen über den Lebenswandel ihres Mandanten Wirkung bei der Strafkammer. Denn die Gefängnisstrafe wurde in einer Bewährungsstrafe (1 Jahr) umgewandelt und so das Urteil des Amtsgerichtes Ahaus revidiert.

Bei der Urteilsverkündung huscht ein Lächeln über das Gesicht des Heekers. Auch seine Partnerin wirkt sichtlich erleichtert. Zur Urteilsbegründung führte der Richter aus, dass durch die beschränkte Berufung es der Geschädigten erspart wurde, nochmal im Detail über die Taten sprechen zu müssen. Das sei positiv zu werten.

Ebenso die Tatsache, dass die Sozialprognose des Heekers jetzt gut sei. Ein Aspekt, der zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils noch anderes ausgesehen habe. „Doch für uns zählt nur das Hier und Jetzt“, betonte der Richter.

Schmerzensgeld einklagen

Finanziell ist die Sache für den Heeker damit aber noch nicht ausgestanden. Im Rahmen der Bewährungsauflagen muss er 5000 Euro an den Ahauser Verein „Frauen für Frauen“ zahlen, ein Anti-Aggressions-Training auf eigene Kosten absolvieren und drohende zivilrechtliche Folgen stemmen.

Denn der Anwalt der Nebenklage, also der Rechtsbeistand der Geschädigten, kündigte bereits im Saal an, dass „es klar ist, dass ein zivilrechtliches Verfahren folgen wird“. Es geht also um das Einklagen von Schmerzensgeld. Und es sei klar, dass dieses „sicher fünfstellig“ ausfallen werde. Begründet in der Brutalität der Taten und ihren schlimmen Folgen für die Ex-Stadtlohnerin.