Agnes Wigger (85) ist seit 1985 Küsterin in Ahle „Bei ihr laufen alle Fäden zusammen“

Agnes Wigger (85) ist seit 1985 Küsterin in Ahle und will es weiter bleiben
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Viel beschäftigt ist Agnes Wigger (85). Jeden Tag schließt sie die Kapelle um 8 Uhr auf. Danach kann der Tag beginnen. An diesem Morgen hat sie bereits das Rosenkranzbeten hinter sich. Kurze Verschnaufpause, bis es dann weitergeht mit Vorbereitungen und Aufräumarbeiten in der Kapelle. Seit 40 Jahren ist die gebürtige Nienborgerin, die bereits seit 1962 in Ahle wohnt, Küsterin in der Gemeinde. In der Zeit hat sie viel erlebt und vor allem den Zusammenhalt der Ahler schätzen gelernt.

Fulltime-Job

Langweilig wird Agnes Wigger nicht. Das Pflegen und Reinigen der Kirche und Messgewänder, Blumen gießen, Kerzen, Hostien und Messwein auffüllen, das sind nur eine handvoll der Aufgaben, die für die 85-Jährige in ihrer Tätigkeit als Küsterin anfallen. „Sie hält alles zusammen“, sagt Pastor Josef Leyer.

Viel wichtiger noch: Sie ist der Dreh- und Angelpunkt der Kirchengemeinde. „Agnes ist die Kontaktperson für alle, die am Kirchenleben beteiligt sind“, sagt Josef Leyer. „Bei ihr laufen alle Fäden zusammen.“ Das weiß nicht nur der Pastor zu schätzen, sondern die ganze Gemeinde. Agnes Wigger nickt verlegen. Die Anerkennung scheint sie nicht alleine für sich annehmen zu wollen. Das Leben in und mit der Gemeinde – das steht für sie im Vordergrund. Und aus dieser bekommt sie viel Unterstützung.

Starker Zusammenhalt

„Die Menschen wissen einfach, was sie an Agnes haben“, sagt Josef Leyer. „Sie wissen aber auch, dass Unterstützung gefordert ist“, so der Pastor weiter. Und diese Unterstützung, der Zusammenhalt der Ahler Gemeinde, das ist das, worauf Agnes Wigger stolz ist. „Es sagt nie jemand, das geht nicht“, erzählt die 85-Jährige. Wenn sie um Hilfe bittet, stehe die Gemeinde hinter ihr. „Das ist einfach so schön“, sagt sie.

Auch nach Arbeitseinsätzen, zum Beispiel nach der 72-Stunden-Aktion der Ahler Landjugend, sitze man noch zusammen und genieße die Gemütlichkeit der Gemeinschaft. „Dann erzählen wir immer schöne Geschichten von früher“, sagt sie. „Der Zusammenhalt ist einfach groß.“ Das bestätigt auch Pastor Leyer. „Wir haben in Ahle eine der größten Landjugenden im Umkreis. Das merkt man auch bei solchen Aktionen. Alle packen mit an“, sagt er. „Am Ende eines solchen Tages sitzen wir dann auch immer zusammen. Ich bringe meistens Süßigkeiten mit“, sagt Agnes Wigger.

Erinnerungen, die bleiben

In den 40 Jahren als Küsterin hat Agnes Wigger schon viele schöne, aber auch traurige Momente erlebt. Erinnerungen, die ihr bis heute im Kopf geblieben sind. „Wir hatten hier mal eine Beerdigung von drei jungen Müttern“, sagt sie. „Das nimmt einen dann schon sehr mit, wenn man sieht, wie die Angehörigen, und vor allem Kinder trauern“, erzählt sie. Zum Glück überwiegen aber die schönen Momente.

Zum Beispiel dieser: Zur Fastenzeit sei ein Mädchen in der Kapelle gewesen. „Ich habe ihr ein Bonbon zugesteckt und ihr gesagt ‚Sonntags ist keine Fastnacht‘“, erzählt sie mit einem Lächeln. „Sie ging erst weiter, kam dann aber nochmal zurück“, sagt Agnes Wigger und freut sich auch heute noch darüber. „Sie hat mich dann umarmt, das war total schön“, so die 85-Jährige.

Agnes Wigger steht in der Ahler Kapelle
Viele verschiedene Aufgaben hat Agnes Wigger als Küsterin in Ahle. Und solange die 85-Jährige noch fit ist, solange möchte sie ihren Aufgaben auch noch nach kommen. © Lena Wittig

Und wenn sie alleine ist und die Dinge in der Ahler Kapelle auf Vordermann bringt? Dann achtet das Umfeld auf sie. „War da nicht mal ein Vorfall an Ostern herum?“, erinnert Pastor Josef Leyer die Küsterin. Damals seien zwei junge Männer nach dem Kegeln bei Hovestadt direkt gegenüber an der Kapelle herumgelungert. „Die sind dem Wirt bereits tagsüber schon aufgefallen“, weiß Agnes Wigger noch. „Er hat dann geguckt, wo ich bleibe und auf mich aufgepasst“, sagt sie und ist erneut stolz auf den Zusammenhalt in der Gemeinde.

„Learning by doing“

Eine Ausbildung hat Agnes Wigger in dem Bereich, in dem sie schon seit Jahrzehnten arbeitet, nie gemacht. Sie hat damals den Beruf der Schneiderin gelernt und dort auch erste Erfahrungen gesammelt. Bis sie dann mit 23 geheiratet, von Nienborg nach Ahle gezogen ist und vier Kinder bekam. Dann hat sie auch Frau Reinersmann kennengelernt.

Der Haupteingang der Kapelle in Ahle
Die Kapelle in Ahle ist der Arbeitsplatz von Agnes Wigger. Sie pflegt diese nicht nur, hier fühlt sie sich auch zu Hause. Die 85-Jährige ist ein wichtiger Bestandteil der Ahler Kirchengemeinde. © Lena Wittig

„Frau Reinersmann war eine Institution“, sagt Pastor Josef. „Generationen von Ahlern sind durch ihre Hände gegangen“, weiß der Pastor. Die damalige Lehrerin habe alle Aufgaben rund um Schule und Kirche übernommen. Frau Reinersmann habe damals im Haus von Agnes Wigger gewohnt und immer wieder Aufgaben an sie verteilt. „Ich bin dann da so hereingerutscht“, weiß die Küsterin noch. „Es war also learning by doing“, so der Pastor. „Ich habe einfach versucht, alles so gut anzunehmen, wie ich kann“, sagt Agnes Wigger bescheiden.

Kein Ende in Sicht

Wie lange die 85-Jährige noch Küsterin sein möchte? Da gebe es keinen festen Zeitpunkt. „So lange ich noch kann, so lange mache ich das noch“, sagt Agnes Wigger. Und warum? „Das hält mich geistig, aber auch körperlich fit“, sagt sie voller Elan. Natürlich weiterhin mit Unterstützung der Ahler Gemeinde. „Egal wer kommt, es ist immer nett hier“.