Stolz hält Raimund Richter (76) die Kopie einer Anzeigenseite aus der Ahauser Kreiszeitung in der Hand. Vor 50 Jahren hat er sie geschaltet – zur offiziellen Eröffnung der Fahrschule Richter in Heek. Mittlerweile führt sein Sohn Ingo Richter (49) das Unternehmen. Zusammen haben die beiden rund die Hälfte der Bürger in der Gemeinde fit für den Straßenverkehr gemacht. Und noch mehr.
„Die Kerze von Familienmitgliedern für den Fahrschüler werden vor der Prüfung auch heute noch angezündet“, sagt Ingo Richter lachend. Wir treffen ihn und seinen Vater in der Nienborger Zweigstelle. Seit 2010 betreiben sie diese. Die Anfänge und der Hauptstandort liegen im Ortsteil Heek.
Rund 4000 Fahrschüler
Zusammen haben die Richters, so überschlagen sie, rund 4000 Fahrschülern in den letzten 50 Jahren zum Führerschein verholfen. Also praktisch jedem zweiten Heeker. „Wir haben hier heute junge Menschen sitzen, deren Eltern und Großeltern schon bei uns waren“, verdeutlicht Raimund Richter.
Oberste Prämisse der Richters: Gewildert in anderen Kommunen wird nicht. Heek, Nienborg und die Bauerschaften. Darauf wird sich konzentriert. Nicht mehr und nicht weniger. Expandieren? Ingo Richter winkt ab. Sein Vater lächelt zustimmend.

„Wir sind sehr zufrieden, haben genug zu tun“, versichert Ingo Richter. Die beiden gebürtigen Heeker sind mit der Gemeinde verbunden. Beruflich und privat. Und zusammen können sie gut skizzieren, was sich in 50 Jahren Fahrschule so alles geändert hat. Auch bezüglich des eigenen Unternehmens.
Während für den heute 76-Jährigen nach der Gesellenprüfung zum Kfz-Mechaniker schnell klar war, doch lieber Fahrlehrer zu werden und zugleich 1973 in der Gemeinde Heek etwas Eigenes aufzubauen, hat es bei Ingo Richter etwas länger gedauert mit der Berufung.
Einstieg ins Unternehmen
„Geplant war das eigentlich gar nicht“, blickt der gelernte Kaufmann zurück und schaut dabei seinen Vater erwartungsvoll an. Dieser greift die Worte auf und erwidert: „Zum Glück hat er es sich dann doch noch anders überlegt.“
Das war 2011. Jenes Jahr, in dem Raimund Richter so langsam aber sicher anfing, an den Ruhestand zu denken. Ingo Richter gab sich einen Ruck, machte die Fahrlehrer-Ausbildung und stieg ins Unternehmen ein. Bereut habe es dies nie, wie er betont. Zwei Jahre war er zunächst „Angestellter“ bei seinem Vater.

Dieser zog sich in der Folge Stück für Stück aus dem Geschäft zurück. Doch die Leidenschaft für den Beruf Fahrlehrer hat er bis heute nicht verloren. Das merkt man schnell, wenn man dem 76-Jährigen zuhört. Auch sein allererstes Fahrschulauto, ein BMW 1802, ist noch in seinem Besitz. Ein Hobby.
Längst sind die modernen Fahrschulautos mit allen möglichen Assistenzsystemen ausgestattet. Zum Fuhrpark der Fahrschule Richter zählt natürlich auch ein Elektrofahrzeug. Der Wandel vom BMW 1802 zum E-Fahrzeug steht dabei beispielhaft für die vielen Veränderungen in dieser Branche.
Digitalisiertes Lernen statt Papierbögen, jüngere Fahrschüler – Stichwort Begleitetes Fahren ab 17 Jahren – und erst recht keine Möglichkeit mehr, während der Fahrprüfung über die Pedale regulierend eingreifen zu können, sind einige weitere Veränderungen im Laufe der letzten Jahrzehnte.
Raimund Richter kennt die Zeit, in der die Prüfungshilfe möglich war, noch gut. „Wir haben das nicht gemacht, aber es wäre möglich gewesen.“ Den Fuß unter das eigene Gaspedal halten und der Prüfling konnte nicht schneller werden. Würde man dies heute tun, ginge ein akustisches Signal los.
Fuhrpark in Nienborg
Der Fuhrpark ist mittlerweile nach Nienborg gewandert. Dort ist einfach mehr Platz und der Startpunkt, gerade für Fahranfänger, verkehrstechnisch passender als in unmittelbarer Nähe zur Kreuzschule im Ortsteil Heek. Zum Fahrschulteam gehört übrigens seit 2016 auch Fahrlehrer Jörg Schulz.
Wenig überraschend war die Corona-Zeit inklusive Lockdown die härteste Zeit für das Unternehmen. „Wir hatten ja wochenlanges Berufsverbot“, so Ingo Richter. Das sei schon an die Substanz gegangen. Und natürlich an das Portemonnaie. Mitte 2022 gab es dann Licht am Ende des Corona-Tunnels.
Eines wird im Gespräch deutlich: Die Richters freuen sich über das, was sie in den vergangenen 50 Jahren aufgebaut haben. Die Bodenhaftung haben sie jedoch nicht verloren. Raimund Richter formuliert es so: „Stolz ist zu hoch angesetzt. Zufriedenheit trifft es viel besser.“
Da wundert es auch nicht, dass das Jubiläumsjahr nicht groß gefeiert wurde. Der Auftritt beim Hasensonntag war der „offizielle“ Teil. „Am Tag selbst (29. März) werden wir noch den Grill anschmeißen“, so Ingo Richter.
Wünsche für die Zukunft
Und wo soll es mit der Fahrschule noch hingehen? „Gesund bleiben, bis zur Rente weiterarbeiten und hoffentlich einen Nachfolger finden“, antwortet Ingo Richter, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Und er wünscht sich sehnlichst, nicht noch mal eine Situation wie zu Corona erleben zu müssen.