Zweifel am „Ersatzkonzept“ des VRR Warum ist nur Sythen von Einschränkungen betroffen?

Die Zweifel am „Ersatzkonzept“ des VRR bestehen weiter
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Der neue Fahrplan der Bahn, der ab Sonntag (10. Dezember) gültig ist, hängt bereits am Bahnhof Sythen. Auf den ersten Blick sieht es gar nicht so schlimm aus. Wer genauer hinschaut, liest jedoch unter zahlreichen Verbindungen die Zusatzangabe „Ab 20. April“. Bis dahin werden viele Züge der Linie RE 42 von Münster nach Mönchengladbach ohne Halt den Bahnhof Sythen passieren.

Die Anbindung des Ortsteils ans Bahnnetz wird für Monate stark eingeschränkt. Das liege an geplanten Arbeiten am Schienennetz rund um Wanne-Eickel, hat der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) mitgeteilt, allerdings erst auf Nachfrage der Redaktion. Rund 950 Bahnkundinnen und -kunden, die regelmäßig in Sythen in einen Zug steigen, machen für den VRR keine offensive Informationsstrategie notwendig. So teilte es die Presseabteilung des VRR mit.

Planung und Kommunikation des VRR sind deshalb weiterhin in der Kritik. „Sythen ist nicht irgendein Kaff, sondern ähnlich groß wie Ruhpolding in Bayern“, sagt Olaf, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung veröffentlicht sehen möchte und am Donnerstagmorgen am Sythener Bahnhof auf die Linie RE 42 Richtung Mönchengladbach wartet. Zum Glück ist er nicht täglich auf die Bahn angewiesen. Er hat sich aber ein Deutschlandticket gekauft, dessen Nutzung aus seiner Sicht nur Sinn macht, „wenn die Bahn ihre Strecken zuverlässig und in ausreichender Frequenz“ bedient.

Seine Kinder nutzen den Zug ab Sythen, um zu ihren Schulen nach Haltern und Dülmen zu gelangen. Deshalb hofft Olaf, dass die Einschränkungen für den Haltepunkt Sythen wirklich nur bis zum nächsten Frühjahr gelten werden.

Einige Sythener befürchten schon, dass der VRR mit seinen Einschränkungen den Versuchsballon startet, den Ortsteil auf Dauer ganz vom Schienennetz abzuhängen. Auf Anfrage teilte dieser jedoch mit, dass „durchaus auch in Zukunft mit dem Halt Sythen“ geplant werde.

Eine Grafik zeigt das Schienennetz im VRR-Gebiet mit dem Haltepunkt Sythen
Die Grafik mit dem Schienennetz zeigt einen Teil der Planungen im VRR-Gebiet bis 2040, der Haltepunkt Sythen ist dabei. © VRR

Ansonsten bleiben viele Fragen zum „Ersatzkonzept“, so bezeichnet der VRR seine Maßnahmen der nächsten Monate, offen. Dazu gehört in einer Lesermail an die Redaktion, warum „ausgerechnet der Haltepunkt Sythen ausgelassen wird und nicht etwa die ebenfalls „kleinen“ Marl-Sinsen, Buldern, Nottuln-Appelhülsen, Senden-Bösensell oder Münster-Albachten.“

Der VRR scheine hier „sowohl einen mit der Einrichtung eines Schienenersatzverkehrs nicht unerheblichen finanziellen Mehraufwand als auch damit verbundene Belastungen der Umwelt geringer zu gewichten als einen Zeitverlust von nur wenigen Minuten.“

Trotz mehrfacher Anfragen geht der VRR genau dieser Thematik aus dem Weg. Statt die Bahnfahrenden transparent an der Planung teilhaben zu lassen, wiederholt der VRR Sätze wie „Um überhaupt SPNV (=Schienenpersonennahverkehr) zwischen Münster/Osnabrück und dem Ruhgebiet während der Bauarbeiten anbieten zu können, ist ein Ersatzkonzept entstanden, das einen Halt in Sythen in einigen Zeiträumen betrieblich auslässt“.

Auch zu den Kosten, die der Schienenersatzverkehr verursacht, äußert sich der Verbund nicht.

Für die Bahnkunden in Sythen bedeuten die Einschränkungen, dass die Wege zur Arbeit oder zur Schule meistens länger dauern werden. Auf Anfrage teilte die Stadt Haltern mit, sie bedaure das Verkehrsproblem am Haltepunkt Sythen sehr.

Ansonsten aber sieht sich die Verwaltungsspitze nicht zuständig. Jedenfalls habe der VRR seine Planungen nicht mit der Stadt erörtert, diese habe auch kein Mitspracherecht. Mangels vorheriger Abstimmung habe es auch keine Möglichkeit gegeben, sich beim VRR für die Belange der Sythener Bürger einzusetzen.

Am Donnerstag hatte der RE 42, auf den Olaf wartete und der kurz nach voller Stunde Sythen erreicht, nur wenige Minuten Verspätung. Olaf ist mit seiner Familie von Hamburg nach Sythen gezogen und hat dort ein ganz anderes Verkehrsnetz kennen gelernt. Kommunen im weiteren Umland der Großstadt, wie beispielsweise Buxtehude, seien im Minutentakt ans S-Bahnnetz angeschlossen. „Wenn sie dort mal eine Bahn verpassen, macht nichts, in zehn Minuten kommt die nächste“, sagt Olaf.

Hier hat er mit seiner Familie ein Theater im Ruhrgebiet besucht und bei der Anfahrt mit der Bahn eine Stunde Puffer eingeplant. Da müsse man schon fast Glück haben, pünktlich anzukommen, beschreibt Olaf seine Erfahrung.

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