Zoe Reining (24) hatte Selbstmordgedanken Halternerin fühlt sich schuldig am Klimawandel

Klimaangst nimmt Zoe Reining die Freude am Leben
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Als Zoe Reining anfängt, sich im Studium „Liberal Art and Sciences“, eine Kombination aus Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften und Naturwissenschaften, mit dem Klimawandel zu beschäftigen, bekommt sie schnell Zweifel. In ihren ersten Studienprojekten im niederländischen Groningen erfährt sie von kleinen Inseln vor Australien, die wegen des steigenden Meeresspiegels eines Tages verschwinden werden. „Zu diesem Zeitpunkt habe ich die Klimaangst in mir realisiert“, erinnert sich die 24-Jährige aus Sythen noch so genau, als wäre es ihr gerade erst bewusst geworden.

Ihre erste Panikattacke

Zoe fühlt sich damals in einer aussichtslosen Situation gefangen. In einem Artikel stößt sie auf den Begriff „Eco Anxiety“ und versteht, dass sie nicht allein von Klimaangst betroffen ist. Sie bekommt ihre erste Panikattacke und erzählt ihren Eltern davon.

Mutter und Vater versuchen, ihre Tochter zu beruhigen. „Das war keine wirkliche Hilfe. Sie konnten das Ausmaß und die Intensität des Klimawandels nicht verstehen“, sagt die 24-Jährige rückblickend. Zugleich befeuern die schlimmen Buschbrände in Australien ihre Klimaängste weiter.

Die Angst bestimmt ihr Leben

Nach ihrem Bachelor-Abschluss wollte Zoe Reining im Masterstudiengang

„International Development Studies“ in Amsterdam nachvollziehen, wie sich Länder entwickeln und verändern, wenn zu wenig auf die ökologischen Aspekte geachtet wird. Der voranschreitende Klimawandel lässt sie aber auch in ihrer Freizeit nicht los. Sie verfällt dem „Doomscrolling“ - dem exzessiven Konsum negativer Nachrichten.

„Ich hatte immer das Gefühl, dass ich mich mit dem Thema befassen muss, um Solidarität zu zeigen“, sagt Zoe Reining. Die Pandemie hat den Konsum dieser Nachrichten zusätzlich verstärkt.

Zoe Reining schaut in die Ferne. Im Hintergrund sind Gebirge zu sehen.
Zoe Reining ernährt sich vegan. Sie kauft Shampoo nicht mehr in Plastikflaschen. In Amsterdam wurde sie zur Klimaaktivistin. © Zoe Reining

Das Gefühl der Machtlosigkeit bestimmt in dieser Zeit ihren Alltag. Wenn andere im Kaffee sitzen oder ausgehen, hinterfragt Zoe Reining das Leben ihrer Mitmenschen. Die Studentin rätselt, wie man das Leben genießen kann anstatt etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. Aus dem Kreislauf der Angst entkommt sie jetzt nur noch mithilfe von Beruhigungsmitteln.

„Ich bin in eine starke Depression gefallen. Ich fühlte mich selbst schuldig am Klimawandel, weil ich selber Ressourcen verbrauche und damit zum Klimawandel beitrage. Das ging so weit, dass ich ernsthafte Selbstmordgedanken entwickelte.“

Klinikaufenthalt in Herten

Diese Worte kommen Zoe Reining nur schwer über die Lippen. Im gleichen Atemzug wird sie leicht wütend und übt Kritik: „Unser System ist so kompliziert und verwirrend, dass ich das Gefühl habe, dass man als Individuum nichts verändern kann. Ich bin enttäuscht, dass die Politik nicht mehr gegen den Klimawandel unternimmt.“

Im April 2022 bricht Zoe Reining das Studium in Amsterdam ab. Zurück in Deutschland sucht sie die LWL-Klinik in Herten auf. Vier Monate verbringt sie auf der Depressionsstation. Danach besucht sie zweieinhalb Monate die Tagesklinik in Haltern. Tabletten helfen der Studentin, wieder gesund zu werden. Zoe Reining arbeitet aktuell als Au pair-Mädchen in Spanien.

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