Untersuchung im Weaningzentrum des Halterner St. Sixtus Hospitals: Oberarzt Dr. Stefan Matzko hört die Lunge des Patienten Abdullah Öz ab, im Hintergrund prüft Chefarzt Dr. Lars Heining die Werte des Überwachungsmonitors.

© Meike Holz

Wie Patienten im Sixtus-Hospital Haltern das selbstständige Atmen lernen

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In Zentren zur Beatmungsentwöhnung gibt es durch Corona mehr Andrang. Die Therapie ist langwierig und personalintensiv. Chefarzt Dr. Lars Heining vom Sixtus-Hospital in Haltern berichtet.

Haltern

, 24.04.2021, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Alle Betten belegt – diesen Satz hört Dr. Lars Heining zurzeit meistens, wenn es um die Stationen zur Beatmungsentwöhnung im Halterner St. Sixtus-Hospital und dem St. Elisabeth-Krankenhaus in Dorsten geht. „Der Andrang ist durch Corona in den letzten Monaten stark gestiegen“, berichtet der Chefarzt und Leiter der beiden Beatmungsentwöhnungs-Stationen, die zusammen über 13 Plätze verfügen. „Auch das Einzugsgebiet ist größer geworden: Wir haben inzwischen schon Patienten aus Schwerte, Dortmund oder Hamm auf unseren Stationen“, sagt Lars Heining.

Menschen, die lange beatmet wurden – in aller Regel mit Hilfe eines Luftröhrenschnitts – und nicht mehr vom Beatmungsgerät loskommen, sollen wieder das selbstständige Atmen erlernen. Das ist das Ziel der Behandlung in den sogenannten Weaningzentren (Das englische „to wean“ bedeutet „entwöhnen“).

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Ein schwieriger Prozess, wie Lars Heining erläutert – unabhängig von der Corona-Pandemie. „Unsere Patienten sind schwerkrank und meistens in schlechtem körperlichem Zustand“, sagt der Mediziner. Oft lägen schwere Lungenschädigungen, Herzschwächen, eine stark geschwächte Atemmuskulatur vor. Bei den Corona-Patienten, die länger beatmet worden sind, spricht Heining unter anderem von chronischen Vernarbungen im Lungenbereich und Nervenschädigungen. „Diese Patienten sind meistens sehr schwach, ihre Probleme hartnäckig.“

„Patienten bei der Entwöhnung nicht überfordern“

Und so ist auch die Behandlung im Weaningzentrum langwierig: „Die Kunst bei der Therapie ist es, die Patienten bei der Entwöhnung nicht zu überfordern. Man kann sie ja nicht von jetzt auf gleich von dem Beatmungsgerät trennen, sondern muss schrittweise, nach und nach, vorgehen. Das geschieht über ein individuelles Programm, meistens, indem man das Gerät mehrfach am Tag weglässt und diese Dauer langsam ausweitet. Hier muss man das richtige Maß finden – dabei ist jeder Patient anders, hat ein anderes Problem“, erläutert Heining.

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Zudem ist die Therapie der Beatmungsentwöhnung „wahnsinnig personalintensiv“, betont der Mediziner. „Hier sind Ärzte und im Beatmungsbereich erfahrene Pflegekräfte notwendig, wir haben verschiedene Therapeuten, weil die Patienten zum Beispiel häufig unter Schluck- und Sprachstörungen leiden. Auch der Sozialdienst und Psychologen sind bei uns am Start.“

Im Schnitt dauert Behandlung drei bis vier Wochen

Im Schnitt dauert die Behandlung im Weaningzentrum drei bis vier Wochen, wie der Chefarzt sagt. „Dabei werden etwa zwei Drittel der Patienten erfolgreich entwöhnt: Sie atmen wieder selbstständig oder kommen zumindest mit der Hilfe einer zeitweisen Maskenbeatmung klar. Häufig werden die Patienten dann zur Fortsetzung der Behandlung zur Reha weitergegeben.“

Für Lars Heining steht fest: „Natürlich ist die Therapie sehr aufwendig – aber wir vermeiden dadurch viel Leid, steigern die Lebensqualität und Lebensdauer.“

  • Bundesweit gibt es gut 50 zertifizierte Beatmungsentwöhnungs- oder auch Weaningzentren.
  • Im Kreis Recklinghausen finden sich zwei zertifizierte Zentren: Zum einen gibt es das Weaningzentrum mit Stationen im St. Sixtus-Hospital in Haltern und dem St. Elisabeth-Krankenhaus in Dorsten.
  • Beide gehören zum Klinikverbund KKRN (Katholisches Klinikum Ruhrgebiet Nord). Zum anderen verfügt die Paracelsus-Klinik Marl, die Teil des Verbundes Klinikum Vest ist, über ein zertifiziertes Weaningzentrum.