
© Stefanie Rink
Wer sich in Haltern einsam fühlt, findet hier Hilfe
Hilfe bei Einsamkeit
Einsamkeit ist ein Problem in der Gesellschaft. In Haltern hat sich die Gruppe „Gemeinsam gegen einsam“ gebildet, die Abhilfe schafft. Ein weiteres Projekt steht in den Startlöchern.
Wenn Gabriele Voigt nach Hause kommt, wartet dort niemand, mit dem sie sich austauschen kann. Die 68-jährige Rentnerin fühlte sich in der Seestadt einsam – keine lustigen oder tiefsinnigen Gespräche, kein menschlicher Kontakt. Verschiedene Gründe wie Umzug und Scheidung haben zu dieser Lebenssituation geführt. Einen Ausweg hat sie in der Gruppe „Gemeinsam gegen einsam“ gefunden.
Das ist ein von der Halternerin Petra Kussler ins Leben gerufener Treff. Jeden Montag tauschen sich Leute aus, planen Aktivitäten und haben einen schönen, gemeinsamen Nachmittag. Die 51-jährige Sozialversicherungsfachangestellte unterstützt hauptberuflich bei der Antragstellung auf Pflegeleistungen. Bei ihrer Tätigkeit habe sie gesehen, dass die Menschen einsam sind und daran auch kein bewilligtes Pflegegeld etwas ändert.

In den Wintermonaten kommen die Teilnehmer zu Kaffee und Kuchen in Pfeiffer´s Sythener Flora zusammen. © Stefanie Rink
„Gerade im höheren Alter leiden Menschen unter Verlust eines Angehörigen und Immobilität, was schicksalhaft einsam macht“, so Petra Kussler. Einsamkeit sei eine Volkskrankheit, für die man sich nicht schämen müsse. Wer neue soziale Kontakte knüpfen wolle, der könne gern dazustoßen.
Das erste Treffen von „Gemeinam gegen einsam“ kam nach einigen Werbemaßnahmen Ende Mai zustande. Mittlerweile kommen bis zu 18 Personen im Alter von 56 bis 91 Jahren zusammen, wobei die Teilnahme nicht zu jedem Termin ein Muss ist. Jeden ersten Montag im Monat ist Petra Kussler auch vor Ort, doch „mittlerweile organisiert sich sie Gruppe über Whatsapp und eine Telefonliste selbst, auch Fahrgemeinschaften haben sich gebildet“, so Kussler.
Reales Leben statt soziale Medien
Gabriele Voigt sagt, „es ist mir schwergefallen, im Alter Leute kennenzulernen.“ Sie sei unter anderem auch in sozialen Medien unterwegs, doch bei Facebook seien Gespräche eher oberflächlich. Dort habe sie aber den Aufruf gelesen, und nun im realen Leben ginge alles viel leichter. „Man lernt Menschen etwa bei einem Spaziergang viel besser kennen.“
Ihre zwei Hunde sind oft bei den Treffen dabei, sagt die tier- und naturliebende Rentnerin. Oft verabrede man sich zu Spaziergängen. So seien sie schon an der Stever oder durch die Heide gelaufen. Auch Tanzveranstaltungen und eine Fahrradtour standen bereits auf dem Programm.
Grundlage für Freundschaften
„Es wäre schlimm, wenn ich nicht mehr hierhin könnte,“ sagt Gabriele Voigt. Sie freue sich schon jedes Mal auf den Montag und zukünftig stünden neben Kartenspielen und gemeinsamen Kochrunden auch ein Weihnachtsessen und ein Weihnachtsmarktbesuch an. Damit ist auch in der kalten Jahreszeit für gemütliche Runden gesorgt – Grundlagen, um tiefgründigere Freundschaften zu bilden.
Doch was ist, wenn man aus den eigenen vier Wänden gar nicht mehr heraus kommen kann oder möchte? Ulrike Steck-Drescher, Wohnberaterin der Diakonie in Haltern, sagt: „Die ambulanten Dienste der Träger berichten stetig von einsamen Halterner Bürgern. Die Menschen werden immer älter und dadurch verstärkt sich das Problem der Einsamkeit.“
Ursachen für Vereinsamung
Es gebe diverse Usachen für die Vereinsamung von Halternern. Der Verlust des Partners, Kinder, die nicht mehr in der Nähe wohnen oder Pflegebedürftigkeit seien einige Gründe. Doch auch Altersarmut führe dazu, dass Menschen soziale Kontakte nicht mehr pflegen könnten. Hinzu komme die Erwerbstätigkeit der Frauen, wodurch Familienangehörige weniger selbst gepflegt werden könnten.
„In den Halterner Außenbezirken passen die Menschen gut aufeinander auf, es gibt gute soziale Strukturen vor Ort“, so Ulrike Steck-Drescher. Aber es komme dennoch vor, dass Menschen sich zurück ziehen. Es passiere auch, dass sich viele schämen, weil man sich selbst oder die Wohnung nicht mehr so gut pflegen könne und somit aus Eitelkeit keinen mehr in die Wohnung lassen wolle.
Neues kreisweites Projekt
Das Netzwerk aus Wohlfahrtsverbänden „Zuhause leben im Alter“ möchte mit dem neuen Projekt „Telefonischer Hausbesuch“ dagegen wirken. Das kreisweite Angebot vermittelt Ehrenamtliche, die regelmäßig Gespräche am Telefon mit älteren Menschen, die viel alleine sind, führen möchten. „Einmal wöchentlich für circa eine Stunde ist für die Telefonate vorgesehen“, sagt Ulrike Steck-Drescher.
Im Februar gibt das Netzwerk eine sechsstündige Schulung, bei der man etwa Grundlagen der Gesprächsführung lernen soll, wie man ein Gespräch in Gang hält oder welche Notizen man sich machen sollte.