1948 - vor genau 75 Jahren - gründete Heinz Nienstedt in Haltern ein Unternehmen, das automatisierte Sägen für die Holzverarbeitung im Bergbau herstellte. Unter anderem für den Strebausbau wurden passende Stützen gebraucht.
Dass sein Unternehmen einmal zum Weltmarktführer bei der Herstellung von Maschinen zur Produktion von Tiefkühllebensmitteln werden würde, hätte er sich sicher damals noch nicht träumen lassen.
Die Firma Nienstedt sah sich mit dem Rückzug des Steinkohlebergbaus in der gleichen schwierigen Lage, wie viele andere Bergbauzulieferer der Region auch. Um die Auftragsbücher weiter zu füllen, mussten alternative Produktionswege und Absatzmärkte erschlossen werden.
Umstellung der Produktion
„Da gab es Mitte der siebziger Jahre einen Auftrag zur Reparatur einer Fischsäge bei der Tiefkühlfirma Iglo in Reken“, beschreibt Jan Groneberg, heutiger Geschäftsführer des Unternehmens, den Wendepunkt in der Firmengeschichte. „Es stellte sich heraus, dass der Neubau einer Maschine die bessere Lösung war, und so produzierte Nienstedt die erste Lebensmittelsäge für Tiefkühlkost.“
Ein zweites Produktstandbein kam in den neunziger Jahren dazu. Die industriell standardisierten Tiefkühllebensmittel sollten wieder in eine naturnahe Form gebracht werden. Produktionsstraßen zum sogenannten „shapen“ wurden der zweite Schwerpunkt bei Nienstedt. Heute beschäftigt das Unternehmen gut 50 Mitarbeiter.

Neun von zehn weltweit produzierten Fischstäbchen werden heute mit Maschinen von Nienstedt aus Haltern hergestellt, allein in Deutschland jährlich weit über drei Milliarden. Aber auch Maschinen zur Verarbeitung von Geflügel, Fleisch, Reis Kartoffeln oder Gemüse gehörten heute zur Produktpalette.
Aktuell sind bei Nienstedt die Bagger in Aktion: Direkt neben der bisherigen Produktionshalle wird eine zweite mit rund 2000 Quadratmetern Fläche errichtet, mit der das Halterner Unternehmen seine Produktionskapazitäten in Zukunft mehr als verdoppeln wird.

Mehr als drei Millionen Euro wird Nienstedt in den Neubau investieren, zum Teil gefördert von der NRW Bank aus dem Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm (RWP). „Mitte Juni wird mit der Errichtung der Halle begonnen“, sagt Jan Groneberg. „Die starken Regenfälle in den ersten Monaten dieses Jahres haben die Erdarbeiten leider etwas verzögert.“
Starkes USA-Geschäft
Das zurzeit starke internationale Geschäft, zum Beispiel in den USA, hat die Firmenleitung dazu bewogen, den schon länger geplanten Anbau jetzt zu realisieren. „In den USA haben Lebensmittelproduzenten während der Coronakrise viele Mitarbeiter entlassen, weil die Nachfrage aus Restaurants und Take-Aways wegen Schließungen zum Teil eingebrochen war. Der sogenannte Food Service spielt dort eine viel größere Rolle als in Europa“, sagt Jan Groneberg.

„Jetzt finden sie keine Mitarbeiter mehr, weil diese oft in andere Jobs gewechselt sind. Da können wir mit unseren vollautomatischen Produktionsstraßen helfen. Das hat für uns einen positiven Auftragseffekt, der sicher noch mehrere Jahre anhalten wird“, so Jan Groneberg.
Schwieriger sei dagegen zurzeit das Geschäft in Europa, stellt der Nienstedt-Geschäftsführer fest. „Hier produzieren die großen Hersteller viel für den Lebensmittel-Einzelhandel. In Coronazeiten war die Nachfrage stark gestiegen, die Produktionskapazitäten wurden hochgefahren. Heute gehen wieder mehr Leute essen, oder sparen auch insgesamt bei Lebensmitteln wegen der Inflation.“
Eingebrochen ist in Folge des Ukrainekrieges auch das Geschäft mit Russland. „Wir halten vorsichtig die Kontakte, aber das sind bestenfalls langfristige Perspektiven, aktuell sind dort keine Geschäfte wahrscheinlich.“
75 Jahre Unternehmensgeschichte in Haltern: Dieses Jubiläum will man bei Nienstedt natürlich auch feiern. Am 19. Juni werden Gäste aus der Stadt, der IHK und der Gesellschafterfamilie erwartet. Prof. Heinz-Werner Nienstedt, Sohn des Firmengründers und Hauptgesellschafter des Unternehmens, wird dazu den Festvortrag halten.
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