Waschbär, Marderhund & Co. Invasive Arten sind auf dem Vormarsch nach Haltern

Waschbär & Co.: Invasive Arten sind auf dem Vormarsch nach Haltern
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Die Beeinflussung des ökologischen Gleichgewichts durch invasive Tier- und Pflanzenarten ist kein neues Thema, es wird aber aktuell durch den Bericht des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) von September befeuert. Auch in Haltern ist die Einwanderung gebietsfremder Arten bekannt.

Dazu zählt beispielsweise die Besiedlung der Gewässer durch den amerikanischen Kamberkrebs. Heimische Arten sind dadurch in Haltern vollständig verdrängt worden.

Zurzeit steht die asiatische Hornisse im Fokus, die bereits in Nordrhein-Westfalen angekommen ist, aber noch nicht in Haltern nachgewiesen wurde. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis das der Fall sein wird, schätzt Landschaftsökologe Niels Ribbrock von der Biologischen Station in Lembeck, ein. „Da sind wir auf die Mithilfe der Bürger angewiesen“, fügt er hinzu. Eine Sichtung der Hornisse sollte gemeldet werden, denn ihren Bestand würde man eliminieren.

Gefürchtet wird das Insekt besonders von Imkern, denn Bienen gehören zu ihrer bevorzugten Beute. Eine Hornisse kann bis zu sechs Bienen pro Stunden fangen. Ausgebreitet hat sich die tropische Hornisse in Europa und Deutschland auch deshalb, weil der Klimawandel ihr günstige Bedingungen beschert. Eingeschleppt wurde das Insekt übrigens 2004 von China nach Südwestfrankreich – vermutlich mit einer Warenlieferung.

Drei asiatische Hornissen krabbeln auf einem Baumstamm.
Asiatische Hornissen (Vespa velutina nigrithorax) sammeln sich an einem Ausgang ihres Nestes. © picture alliance/dpa

Ein positiveres Image hat der Waschbär, der uns wegen seines putzigen Aussehens gefällt. Laut IPBES wurde er 1927 für die Pelzzucht aus Nordamerika nach Deutschland importiert. Ein Forstmeister habe zwei Waschbärpaare am hessischen Edersee ausgesetzt, damit sie sich für die Jagd vermehren. Am Ende des zweiten Weltkrieges seien außerdem einige Dutzend Tiere aus einer Pelzfarm östlich von Berlin entkommen.

Inzwischen gibt es schätzungsweise 1,5 Millionen Waschbären in Deutschland und die Ankunft in Haltern wird erwartet oder hat vielleicht schon unbemerkt stattgefunden.

Niels Ribbrock steht vor der Biologischen Station in Lembeck.
Landschaftsökologe Niels Ribbrock von der Biologischen Station Lembeck hat Fragen zu invasiven Arten in Haltern beantwortet. © Silvia Wiethoff

In den Lippeauen bei Datteln sei er schon gesichtet worden, berichtet Niels Ribbrock. Von dort ist es „nur Katzensprung“ bis nach Flaesheim. Der nachtaktive Waschbär liebt feuchte Wälder und Höhlen, geht aber auch in Siedlungsstrukturen. Er ist sehr anpassungsfähig, kann mit seiner Vorderpfote Spechthöhlen und Meisenkästen leeren, macht sich aber auch über Komposthaufen her und kann sogar Mülltonnen öffnen.

Ein Marderhund mit gestreiftem Fell blickt in die Kamera.
Der Marderhund (Nyctereutes procyonoides) wurde im Raum Haltern schon gemeldet. © picture alliance/dpa

Ein geringeres Schadpotenzial als der Wachbär besitzt der Marderhund, der ihm auf den ersten Blick aufgrund der Maskenstruktur des Gesichts ähnlich sieht. Das deutlich größere Tier ist noch nicht so weit verbreitet, aber sehr viel wanderfreudiger als der Waschbär.

Marderhund in Haltern gesehen

Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des Marderhundes umfasst das östliche Sibirien, das nordöstliche China, die koreanische Halbinsel und Japan. In Europa ist er ein Neubürger (Neozoon), der ursprünglich ausgesetzt wurde, um das Marderhundfell wirtschaftlich zu nutzen. Im 19. Jahrhundert führte man Marderhunde in Westrussland ein. Seit 1960 breitet sich das Tier auch in Deutschland aus.

Es wurde im Raum Haltern bereits nachgewiesen. Es wird allerdings nicht mit einem großen Bestand gerechnet, sodass die ökologischen Auswirkungen weniger groß sein werden. Marderhunde sind Allesfresser, die sowohl kleine Säugetiere als auch Insekten, aber auch Beeren und andere Früchte vertilgen.

Unterwasserfoto eines Kamberkrebses
Dieses Foto vom Kamberkrebs stammt aus dem Silbersee. © Dr. Wolfgang Strickling

Zwar breiten sich Tierarten auch aufgrund des Klimawandels durch natürliche Wanderung in unserer Region aus, aber oft, so wie bei Kamberkrebs, Hornisse, Waschbär und Marderhund, hat der Mensch seine Hände im Spiel.

Dass der Hamburger Hafen als Gebiet mit höchster Biodiversität gilt, sei kein Fun-Fact, sagt Niels Ribbrock. „Die Tier halten sich nicht dort auf, weil es da so schnuckelig ist“, so der Experte. Sie würden durch Handelstransporte und Reisende eingeschleppt.

Ein großer Teil schafft es dann nicht über den Hafen hinaus, weil er unter den veränderten Bedingungen nicht überleben kann. Aber manche Tierarten fühlen sich geradezu pudelwohl, pflanzen sich munter fort und kommen irgendwann auch in Haltern an. Von Pflanzenarten ganz zu schweigen, aber das ist ein besonderes Kapitel.

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