
© Silvia Wiethoff
Verschollen im Krieg: Lavesumerin forscht nach Verbleib von Vermissten
Vermisstensuche
Karin Seine möchte allen Vermissten aus Haltern, die in den beiden großen Weltkriegen verschollen sind, ein Gesicht geben. Sie bittet um die Mithilfe der Halterner.
Seit 20 Jahren beschäftigt sich Karin Seine mit ihrer Familiengeschichte und der Ahnenforschung. Bei ihren Recherchen ist sie immer wieder auf Vermisste gestoßen, die in Kriegswirren buchstäblich verloren gegangen sind. Ihr Schicksal hat sie nicht losgelassen. Deshalb arbeitet die 53-jährige Lavesumerin daran, den Verbleib betroffener Personen aufzuklären.
Die Initialzündung für dieses ungewöhnliche Hobby wurde bei ihr durch die Auflistung von Gefallenen in der Lavesumer Kirche und Kapelle sowie auf dem Friedhof ausgelöst. „Ursprünglich wollte ich meine Suche auf Lavesum beschränken“, sagt Karin Seine. Doch schnell weitete sich ihr Forschungsgebiet auf ganz Haltern aus.
Karin Seine hat viele Informationen gesammelt
In ihren Aufzeichnungen hat sie 1370 Halterner aufgeführt, die als Soldaten gefallen sind, als Zivilpersonen durch Kriegseinwirkungen ums Leben kamen oder als Vermisste registriert sind. Auch verstorbene Fremdarbeiter und spätere Bewohner des sogenannten Polenlagers gehörten dazu, erklärt sie.
Karin Seine hat in den vergangenen Jahren viele Informationen gesammelt. Manchmal hat sie selbst den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes für Recherchen eingeschaltet, manchmal hat sie auch durch den Austausch mit Anderen Licht in verschüttete Geheimnisse gebracht.

So suchte die Familie Rohlf nach ihrem vermissten Angehörigen. © Silvia Wiethoff
So hat ihr die Familie Rohlf die eigenen Nachforschungen nach den im Zweiten Weltkrieg verschollenen Brüdern Aloys und Josef Wilhelm zur Verfügung gestellt. Aloys Rohlf ist laut DRK-Gutachten vermutlich am 16. März 1943 bei Kämpfen im Raum Charkow/Russland ums Leben gekommen. Josef Wilhelm, so hat es die ehemalige Wehrmachtsauskunftsstelle (heute kurz Deutsche Dienststelle (WASt)) ermittelt, wird seit Gefechten bei Leova/Rumänien (heute Republik Moldau) am Fluss Pruth zwischen dem 23. und 30. August 1944 vermisst.
Während die Angaben zu den Halterner Gefallenen wohl relativ komplett sein dürften, seien diese zu den vermissten Personen aus der Stadt wohl noch lückenhaft, vermutet die Hobbyforscherin. „Ich möchte allen Vermissten ein Gesicht geben“, betont Karin Seine. Auch 76 Jahre nach Kriegsende lassen sie das Leid und die Ungewissheit der Familien nicht kalt.
Deshalb wünscht sie sich den Kontakt zu Halternern, die von einem vermissten Angehörigen wissen (Tel. 108329 in Haltern). Mit einem Namen, dem Geburtsdatum oder dem Namen der Eltern könne immerhin eine Suchanfrage beim DRK gestellt werden.
Bis 2025 ist die Arbeit des Weltkriegs-Suchdiensts beim DRK noch finanziell gesichert, weil man auch der Enkelgeneration die Chance zur Nachforschung nach Angehörigen geben möchte. 2019 wurden noch 10.100 Suchanfragen gestellt, rund 23 Prozent der Fälle können laut DRK aufgeklärt werden.
Karin Seine möchte ihre Recherchen dem Halterner Stadtarchiv zur Verfügung stellen.
Jeder Mensch hat eine Geschichte zu erzählen und hinter jeder Zahl steckt eine ganze Welt. Das macht den Journalismus für mich so spannend. Mein Alltag im Lokalen ist voller Begegnungen und manchmal Überraschungen. Gibt es etwas Schöneres?
