Geflüchtete Ukrainerinnen in Haltern schließen Rückkehr aktuell aus „Krieg hält noch an“

Ukrainische Frauen: „Rückkehr in die Heimat aktuell ausgeschlossen“
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Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine sind mehrere Millionen Menschen aus ihrer Heimat geflüchtet, viele davon nach Deutschland. Knapp drei Jahre nach Kriegsbeginn wirbt das Land nun um die Rückkehr der Landsleute: So soll dem enormen Bevölkerungsschwund entgegengewirkt werden. Für die ukrainischen Geflüchteten in Haltern, darunter viele Frauen und Kinder, ist das zum jetzigen Zeitpunkt unvorstellbar.

„Der Krieg hält nach wie vor an, wie soll man da mit kleinen Kindern zurückkehren?“, fragt Anna Kikosh. Vor knapp einem Jahr war ihr Glaube an eine Heimkehr noch größer. Damals hoffte sie, dass sie nur vorübergehend in Haltern bleiben würde. Seither hat sich die Mutter von zwei Söhnen weiter in der Seestadt eingelebt, hilft nun anderen Frauen mit weniger Sprachkenntnissen, sich hier zurechtzufinden.

Anna Kikosh
Vor einem Jahr hat Anna Kikosh noch von einer Rückkehr in die Heimat geträumt. © Vivien Nogaj

Einmal wöchentlich treffen sich die ukrainischen Geflüchteten zum gemeinsamen Mittagessen im Pfarrhaus St. Marien. Dabei ist das Geschehen in der Heimat immer wieder Gesprächsthema. Die Frage nach einer Rückkehr stellt sich bei den meisten Frauen aktuell aber nicht. „Man hat nirgendwo die Möglichkeit zu leben, wir haben keine Wohnung mehr, keine Arbeit“, heißt es einstimmig. Eine weitere Geflüchtete ergänzt: „Meine Tochter ist jetzt sieben Jahre alt, wir sind seit drei Jahren hier. Sie hat die Hälfte ihres Lebens in Haltern verbracht.“

„Kein normaler Alltag“

In der Ukraine haben viele der Frauen mit ihren Familien in Städten gelebt, die direkt an der Frontlinie oder nur weniger Kilometer davon entfernt liegen. „Da gibt es keinen normalen Alltag mehr“, sagen sie. Besonders für ihre Kinder wünschen sich die Mütter Sicherheit, ruhige Nächte und ein möglichst normales Familienleben. Das sei für sie aktuell nur in Deutschland möglich – auch, wenn es bedeutet, dass die Kinder getrennt von ihren Vätern aufwachsen. Viele Männer kämpfen nämlich weiterhin an der Front.


So auch der Ehemann von Anna Kikosh. Zuletzt hat er seine Familie während seines Urlaubs in Haltern besucht. 36 Stunden Busfahrt hat er dafür in Kauf genommen. Nach zwei gemeinsamen Wochen hieß es dann erneut Abschied nehmen. „Die Männer haben fast keine andere Wahl. Aber auch sie werden langsam müde“, weiß Kikosh. Die anfängliche Euphorie, für das Vaterland zu kämpfen, sei nahezu verflogen.

Ehemann kämpft in der Heimat

Das kann die Ukrainerin Olena Trach nur bestätigen. Sie lebt mit ihrem jüngsten Sohn seit September 2023 in Haltern, ihr Mann und die beiden älteren Söhne sind zum Kämpfen in der Heimat geblieben. Ihr 24-jähriger Sohn ist dabei im vergangenen Jahr verletzt worden. „Er gilt nun als Kriegsverwundeter und muss zum Glück nicht zurück an die Front“, sagt Trach.
Umso mehr hofft sie, dass ihre Familie bald wieder vereint ist. Eine Rückkehr in die Heimat kommt für sie erst aber erst dann in Frage, wenn der Krieg vorbei ist. So wie für die meisten Geflüchteten in Haltern auch.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 27. Januar 2025.