Stadtbibliothek Haltern „Ist das Buch von gestern, Frau Coenen-Brinkert?“

Stadtbibliothek Haltern steigert ihre Ausleihzahlen rasant
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Welttag des Buches am 23. April - ist das ein Datum für Nostalgiker? Überall prägen Bilder unseren Alltag. Lesen ist von gestern, oder? Wenn jemand in Haltern auf diese Frage eine Antwort geben kann, dann ist das die Leiterin der Stadtbibliothek Andrea Coenen-Brinkert. Zwar spiele die Medienvielfalt in der modernen Einrichtung eine wichtige Rolle, sagt sie, aber am Buch, besonders in seiner gedruckten Form, gehe kein Weg vorbei. Als sollte diese Aussage am Freitag besonders unterstrichen werden, trägt ein Kleinkind seine neueste Ausleihe, ein Bilderbuch, aus der Bücherei. Hier geht offensichtlich die Zukunft schon ein und aus.

Die Stadtbibliothek überrascht zudem mit neuen guten Zahlen: Die Ausleihen sind 2022 auf 126.323 gestiegen. Ein solch hoher Wert wurde auch vor der Pandemie nicht erreicht. Außerdem haben sich im vergangenen Jahr 728 neue Nutzer bei der Stadtbibliothek in Haltern angemeldet, das sind ebenfalls so viele wie nie zuvor.

Seit der Einrichtung einer Gaming-Ecke im Untergeschoss, die bei Jugendlichen hoch im Kurs steht, erreiche die Bibliothek sogar neue Besuchergruppen, freut sich Andrea Coenen-Brinkert. Sie berichtet in diesem Zusammenhang davon, dass auch Eltern gemeinsam mit ihren Kids in die Bücherei kommen, wo diese unter Aufsicht eines Buftis an der Console spielen. Nach „Fifa“ oder Super Mario“ gehe es mit einer Tasche voller Lektüre wieder nach Hause.

Spitzenreiter der Ausleihe

Noch muss man keine Totenglocken für das Buch läuten. Es wird weiter in ihm geblättert. Gewandelt habe sich seit der Pandemie allerdings die Anspruchshaltung der Büchereinutzer, verrät Andrea Coenen-Brinkert. „Alte, abgegrabbelte Bücher haben keine Chance mehr“, sagt sie. Die Büchereiausgabe von Sebastian Fitzeks Roman „Mimik“ könnte bald dazu gehören, denn sie gehört zu den absoluten Rennern bei den Ausleihen. Bei den Erstlesern ist das überraschenderweise der gute, alte „Michel aus Lönneberga“ von Astrid Lindgren. Neben ihrem Präsenzbestand von 45.000 Medien bietet die Stadtbücherei auch die Ausleihe von E-Books bzw. E-Medien an.

Büchereileiterin Andrea Coenen-Brinkert in einer Leseecke
Unter der Leitung von Andrea Coenen-Brinkert hat die Stadtbibliothek Haltern ihr verstaubtes Image abgelegt. © Silvia Wiethoff

Die Halterner Bibliotheksleiterin sieht die Zukunft des gedruckten Buches zweigeteilt. Für Kinder werde das Haptische (der Tastsinn, das Anfassen und Fühlen) weiterhin entscheidend sein. Sie hoffe und wünsche sich, dass es das gedruckte Buch neben digitalen Angeboten weiterhin parallel geben werde. Lesen sei eine Bildungsfrage. Deshalb versucht Andrea Coenen-Brinkert, die Kinder in Haltern möglichst früh abzuholen und auf die Bücherei als Ort hinzuweisen, der mehr biete als nur die Buchausleihe. So gehören Kindergartenführungen zum Programm der Einrichtung.

Die Bücherei ist für alle da

Die Bücherei in Haltern ist im wahrsten Sinn des Wortes für alle da. Es handelt sich um ein niederschwelliges Angebot für den Zugang zu Kultur. Ob die Ausgaben für die Einrichtung gut investiert sind, ist für ihre Leiterin keine Frage. „Wer sich für eine Bibliothek entschieden hat, hat sich für seine Bürger entschieden“, erklärt sie.

Davon haben in Haltern gerade beispielsweise auch einige Abiturienten profitiert. Sie haben die Bücherei zu ihrem Lernort gemacht, um sich gemeinsam auf ihre Prüfungen vorzubereiten. „Unser Kaminzimmer war total belagert. Es war toll“, berichtet Andrea Coenen-Brinkert. Ein anderer junger Mann nutzt die Räumlichkeiten, um Nachhilfestunden anzubieten.

Selbst leiht Andrea Coenen-Brinkert übrigens auch gerne Bücher aus. „Das mache ich, seit ich 15 bin.“ Nur wenige Bücher hätten es dagegen in ihren Besitz geschafft. „Die meisten liest man nicht zwei Mal.“ Mehrfach gelesen hat sie „Die Säulen der Erde“ von Ken Follet („Ein sehr komplexes Buch“) sowie „Die Entdeckung der Currywurst“ von Uwe Timm und „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink.

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