Schützenwesen bleibt Männersache in Lavesum In anderen Schützenvereinen dürfen Frauen mitmischen

Schützenwesen und Frauen: So regeln es die Vereine in Haltern
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Die Lavesumer Schützen blicken auf eine langjährige Tradition zurück. Im nächsten Jahr feiern sie ihr 150-jähriges Bestehen. „Die Satzung ist schon etwas älter“, sagt Werner Hesse, 1. Vorsitzender des Schützenvereins. Bei der alljährlichen Generalversammlung haben die Lavesumer abgestimmt, ob die Satzung geändert werden soll. Zur Abstimmung stand folgender Punkt: Dürfen Frauen künftig vollwertige Mitglieder im Schützenverein werden?

Hintergrund der Abstimmung war eine Anfrage von einer Lavesumerin. Sie wollte dem Schützenverein gerne beitreten. „Das bedarf einer Änderung der Satzung, über die bei einer Generalversammlung abgestimmt werden muss“, erklärt Werner Hesse. „Es müssen dann noch genug Mitglieder anwesend sein, damit wir stimmfähig sind.“

Das war am 16. Februar 2024 gegeben. Die Lavesumer Schützen stimmten in einer geheimen Abstimmung darüber ab, ob sie Frauen als vollwertige Mitglieder aufnehmen wollen. Die Mehrheit war dagegen. Etwa 77 Prozent, schätzt der Vorsitzende.

Ein Schütze guckt durch ein Fernglas
In Lavesum bleibt es dabei, dass nur Männer vollwertige Mitglieder im Verein werden können. © Victoria Garwer (A)

„Ich habe mir schon gedacht, dass die Wahl so ausgehen wird“, sagt Werner Hesse. „Ob das gut oder schlecht ist, möchte ich nicht beurteilen. Frauen bereichern das Schützenwesen. Auf der anderen Seite haben wir 150-jährige Traditionen, die bricht man nicht so schnell.“ Man müsse immer beide Seiten betrachten, meint der Vorsitzende. Aber eins steht für ihn und seine Kameraden fest: „Ein Schützenfest ohne Frauen macht auch keinen Spaß, da sind wir uns alle einig.“

Frauenkompanie in Hamm-Bossendorf

Wie machen es andere Schützenvereine in Haltern? In Hamm-Bossendorf gibt es seit 2001 eine Frauenkompanie. Junge, engagierte Frauen haben damals den Anstoß gegeben. Sie wollten nicht mehr nur als Beiwerk zum Mann dastehen, der Mitglied im Verein war. Um die 50 Frauen sind in der Kompanie. „Wir waren von Anfang an im Verein willkommen“, sagt Katrin Laakmann, Vorsitzende und Kompaniechefin.

Mitglieder der Frauenkompanie Hamm-Bossendorf beim Schützenfest
Seit 2001 hat Hamm-Bossendorf eine Frauenkompanie. Es ist mittlerweile die einzige in Haltern. © Holger Steffe (A)

Die Frauen treffen sich mehrmals im Jahr, haben eine einheitliche Uniform, packen beim Schützenfest mit an. Aber: „Wir schießen nicht auf den Vogel“, sagt die Vorsitzende der Frauenkompanie. „Das war damals der Kompromiss.“ Nur beim Krikedien-Schießen am letzten Tag des Schützenfests dürfen auch die Frauen schießen - und Königin werden.

Sie findet es schade, dass die anderen Vereine in Haltern keine Frauenkompanien haben. „Für mich ist es selbstverständlich“, sagt sie. „Als ich nach Bossendorf gezogen bin, gab es die Frauenkompanie schon. Ich war damals vor meinem Mann Mitglied im Schützenverein.“ Die Gemeinschaft mit den anderen Frauen möchte sie nicht mehr missen. „Es ist ein toller Zusammenhalt.“

Frauenkompanie Haltern-West aufgelöst

Vorreiter mit einer Frauenkompanie in Haltern waren die Bossendorfer allerdings nicht. „Die Schützengemeinschaft Haltern-West nimmt seit Jahrzehnten Frauen auf“, sagt Vorsitzender Helmut Strüwe. „Wir waren der erste Verein in Haltern, der eine Frauenkompanie gegründet hat. Meine Mutter war die Mitbegründerin.“ Irgendwann in den 90er-Jahren muss das gewesen sein. Das genaue Datum weiß der Vorsitzende nicht mehr.

Die Frauen durften mitmarschieren und auch auf den Vogel schießen - aber nur bis zur heißen Phase. Sobald es um den Königsschuss ging, mussten die Frauen wieder Platz für die Männer machen. „Die Satzung hätte geändert werden müssen, damit sie auch bis zum Königsschuss teilnehmen dürften“, sagt der Schütze. Es kam sogar einmal zur Abstimmung. Aber die Formulierung war nicht im Sinne der Kameraden. Die Mehrheit stimmte dagegen.

Eine Frau schießt auf den Vogel beim Schützenfest
Die Frauenkompanie Haltern-West hat sich aufgelöst. Allerdings finden interessierte Frauen Anschluss in der Seniorenkompanie des Vereins. © Benjamin Kübart (A)

Heute gibt es gar keine Frauenkompanie mehr in Haltern-West. „Leider Gottes“, sagt Helmut Strüwe. Mangels Größe haben sich die Frauen im vergangenen Jahr dazu entschieden, nicht mehr weiterzumachen. Nur noch fünf oder sechs Frauen waren in der Kompanie.

Trotzdem haben interessierte Frauen in Haltern-West eine neue Anlaufstelle gefunden. „Die Seniorenkompanie hat die Frauen bei sich aufgenommen“, sagt der Vorsitzende und freut sich über die Lösung. Trotzdem würde er sich wünschen, dass sich irgendwann wieder eine eigene Frauenkompanie gründet, um den Umzug zu verschönern.

Generell steigt die Mitgliederanzahl in den vergangenen Monat wieder an. „Eben weil wir uns modernisieren“, sagt Helmut Strüwe. „Nur mit Brauchtumspflege und Tradition lockt man niemanden mehr hinter dem Ofen hervor.“

Schützengilde ist offen für Gespräche

Bei der Schützengilde sind aktuell etwa 30 bis 40 Frauen Mitglied. Demgegenüber stehen 1040 Männer. „Die Frauen dürfen am Vereinsleben teilnehmen und auch mit dem Luftgewehr am Schießstand schießen“, sagt Frank Leopold von der Schützengilde.

Frauen bejubeln ihre Männer
Die Frauen der Kompanien der Schützengilde haben ihren großen Auftritt beim traditionellen Schanzenstürmen. Da jubeln sie ihren Männern im Verein zu. © Jürgen Wolter (A)

Mitmarschieren dürfen sie aber nicht. Es gibt auch keine eigene Frauenkompanie. „Aktuell gibt es keine Tendenzen, dass das kommen wird“, sagt der Gildepräsident. Sollte der Wunsch danach geäußert werden, sei man aber durchaus offen für ein Gespräch.

Nur männliche Mitglieder in Flaesheim und Hullern

Solche Diskussionen und Gespräche gibt es auch bei den Flaesheimer Schützen. In der Satzung steht, dass nur Männer Mitglied werden dürfen. „Es ist noch keine Änderung der Satzung vorgesehen“, sagt Johannes Schulte-Althoff, der bis zur nächsten Sitzung noch Vorsitzender des Bürgerschützenvereins Flaesheim ist, „aber eine positive Diskussion nimmt zu.“

Der Schützenverein Hullern hat ebenfalls nur männliche Mitglieder. „Vor vielen Jahren gab es Anfragen von Frauen“, erinnert sich Vorsitzender Achim Korste. Nach gemeinsamen Gesprächen haben die Hullerner einen Kompromiss gefunden, der alle glücklich gemacht habe: Beim Schanzenstürmen am letzten Tag des Schützenfests marschieren die Frauen am Königspaar vorbei. „Und wenn der Partner Mitglied im Verein ist, dann haben die Frauen freien Eintritt ins Zelt“, sagt Achim Korste.

In letzter Zeit habe keine Frau in Hullern den Wunsch geäußert, Mitglied im Verein werden zu wollen. Die Vorsitzenden der Schützenvereine in Lippramsdorf und Sythen waren nicht für eine Stellungnahme zu dem Thema zu erreichen.

Schützenkönigin in HoTaLü

In der Nachbarschaft Holtwick-Tannenberg-Lünzum (HoTaLü) ist das übrigens anders. Seit Gründung der Nachbarschaft 1973 hat schon zweimal eine Schützenkönigin regiert: 2008 war Lisa Stegemann die erste Königin in HoTaLü, 2016 hat Annette Riedel den Vogel abgeschossen. „Endlich mal wieder eine Frau als Schützenkönigin“, hatte der damals abdankende König gesagt.

Annette Riedel nach dem Königsschuss
Annette Riedel hat 2016 den Vogel in der Nachbarschaft Holtwick-Tannenberg-Lünzum abgeschossen. Sie war damit die zweite Schützenkönigin in HoTaLü. © Mark Pillmann (A)

Um Haltern herum geht das auch bei den „großen“ Schützenvereinen. In Marl oder Dorsten hat es schon des Öfteren Frauen gegeben, die den Vogel abgeschossen haben.