Es sieht aus, als parke das landwirtschaftliche Gerät auf dem Acker und warte auf ein Zugfahrzeug. Doch plötzlich setzt sich das knapp zwei mal zwei Meter große Teil völlig selbstständig in Bewegung. Leise surrend und behäbig rollt der Roboter über das Feld. Man kann daneben her spazieren. Aber der Roboter hat Ausdauer.
Der Lippramsdorfer Landwirt Jan Bromenne hat den High-Tech-Gehilfen mit der Bezeichnung „Farmdroid“ testweise im Einsatz. Ein dänisches Start-Up-Unternehmen entwickelte ihn. Der Roboter kann säen und Unkraut hacken.
Nur 350 Exemplare seiner Art gibt es in Europa. Jan Bromenne ist nach eigener Aussage der erste deutsche Landwirt, der den Farmdroiden über sein Spinatfeld schickt.
Auf einem sechs Hektar großen Acker baut der 32-Jährige das Blattgemüse für den Lebensmittelhersteller Iglo an. Das auf Tiefkühlkost spezialisierte Unternehmen unterstützt Bromenne in seinem Bestreben, neue Technologien auf den Prüfstand zu stellen.

„Es tut sich so viel im Bereich der Landwirtschaft und gesetzliche Bestimmungen ändern sich und werden zum Teil noch verschärft. Wir müssen uns darauf einstellen“, sagt Jan Bromenne.
Der Roboter macht nicht nur menschliche Arbeitskräfte auf dem Acker überflüssig. Auch Unkrautbekämpfungsmittel werden nicht benötigt, wenn er zum Einsatz kommt. Der Farmdroid hackt das Unkraut höchstselbst.
Alles per GPS
In dem „Feldversuch“ hat die solarbetriebene Maschine bereits Anfang Juli innerhalb von vier Tagen den Spinat gesät. Per GPS kennt der Roboter millimetergenau die Position jeder einzelnen Saatkorn-Reihe und hackt dann in den Zwischenräumen etwa vier bis fünf Wochen lang das Unkraut.
Die letzten zwei bis drei Wochen vor der Ernte ist er allerdings arbeitslos. Bromenne erklärt: „Der Spinat ist dann im besten Fall so hoch und dicht gewachsen, dass der Roboter nicht mehr dazwischenkommt.“

Bis dahin aber setzt der Bauer den Roboter etwa jeden zweiten Tag per App ein. „Er hält den Spinat weitestgehend von Unkraut sauber“, beobachtet der junge Landwirt. Ende August wird das Gemüse geerntet. Danach wird der Farmdroid den Acker ein zweites Mal bestellen.
Schlaflose Nächte
Grundsätzlich ist Jan Bromenne, der auch Kartoffeln und Erdbeeren anpflanzt, mit dem hochtechnisierten „Zeitarbeiter“ zufrieden. Um sich das etwa 110.000 Euro teure Gerät aber selbst anzuschaffen, müssten noch einige Verbesserungen vorgenommen werden, meint er.
So habe sich der Roboter hin und wieder auf dem Acker festgefahren. Auch seien die Akku-Laufzeit über Nacht nicht gewährleistet und Saatkästen zu klein. Bei der Aussaat waren teilweise die Leitungen verstopft. „Das hat mir drei schlaflose Nächste beschert“, sagt Bromenne. Auf seinem Handy schlägt der Roboter Alarm, wenn etwas nicht nach Plan läuft.

Hinsichtlich der bevorstehenden Ernte ist Jan Bromenne aktuell nicht allzu optimistisch. Die Witterungsbedingungen seien in diesem Jahr für den Spinat nicht sehr gut gewesen. Der Wind habe oft dazu geführt, dass die kleinen Pflänzchen von dem künstlich aufgelockerten Boden „abgeschmirgelt“ worden seien.
Hinzu komme ein bodenwütiger Pilz, der bei sehr schwüler Witterung die Pflanzen angreift. Dieser habe bei vielen Jungpflänzchen zur so genannten Schwarzbeinigkeit geführt. Der Spinat kippt dann regelrecht um.

Spinat sei eine „Mimose“, ein risikobehaftetes Gemüse, weiß Jan Bromenne. Jede fünfte Aussaat falle nicht zufriedenstellend aus. „Das hier ist dann wohl so etwas wie die fünfte Aussaat“, blickt der 32-Jährige auf seinen Acker, auf dem noch viel zu viel Erde zu sehen ist. Großen Gewinn wird er damit wohl nicht einfahren. Im Gegenteil: „Bei der Miete für den Roboter wird das dieses Jahr ein Nullgeschäft.“
Fazit
Ob er den Roboter 2024 wieder einsetzt? Jan Bromenne wartet erst einmal ab: „Das ist auch sehr abhängig vom Ertrag.“ Da er aber Spaß an Technik habe, könne er sich durchaus einen zweiten Versuch vorstellen.
Es gebe aber noch ein weiteres Argument. Man dürfe die Augen nicht verschließen vor dem Trend zu autarken und innovativen Arbeitsweisen in der Landwirtschaft, die zudem einen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln überflüssig machen.
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