Helga Stellmacher ist auf Hilfe im Haushalt angewiesen. Die 88-jährige Seniorin kann durch gesundheitliche Einschränkungen nicht selbst Auto fahren und braucht bei vielen Tätigkeiten im Haushalt Unterstützung. „Ich brauche zum Beispiel Hilfe beim Putzen oder beim Einkaufen“, sagt sie.
Zweimal im Monat hatte sie deshalb eine Haushaltshilfe über den Halterner Pflegedienst PuG (Pflege- und Gesundheitsteam) gebucht. „Sie kam alle 14 Tage für 75 Minuten“, so Helga Stellmacher. Jetzt erhielt sie aber ein Schreiben des Pflegedienstes, in dem angekündigt wird, dass diese Dienstleistungen nur noch bis zum 31. Oktober gewährleistet werden können.
„Deshalb bieten wir Ihnen an und würden uns auch freuen, bei Ihnen weiterhin für mindestens 6 Stunden im Monat tätig zu sein“, heißt es in dem Schreiben weiter, das auch weitere Kunden erhalten haben. „Das kann ich mir aber nicht leisten“, sagt Helga Stellmacher. Sie erhält monatlich 125 Euro aus der Pflegeversicherung, womit sie bisher die Leistungen bezahlt. Für mehr würde die Summe nicht reichen.
Seit 2017 nicht erhöht
Bei Helga Stellmacher ist der Pflegegrad 2 anerkannt (Erhebliche Beeinträchtigung der Selbständigkeit). Die Leistung für Haushaltshilfen sind aber bei allen Pflegestufen identisch. „Sie wurden seit 2017, als die Pflegegrade eingeführt wurden, nicht erhöht“, sagt Sabine Jahnke vom Beratungs- und Infocenter Pflege (BIP) der Stadt Haltern.
Die PuG bietet den Kunden ein Gespräch über Finanzierungsmöglichkeiten an. Das hat Nachbarin Gabriele Greul für Helga Stellmacher geführt, die sie gelegentlich unterstützt. „Dabei wurde ich auf das Betreuungsgeld und auf die Möglichkeit der Beantragung von Mitteln aus der Verhinderungspflege hingewiesen“, sagt sie.
„Aus der Verhinderungspflege kann man zurzeit 1.662 Euro beantragen. Das ist aber eher als Ersatz für eine Kurzzeitpflege gedacht, denn sie kann für maximal sechs Wochen beantragt werden“, sagt Gabriele Greul. Helga Stellmacher erhält außerdem 332 Euro Betreuungsgeld im Monat. Das setzt sie aber für eine private Haushaltshilfe ein, die sie zusätzlich engagiert hat. „Das brauche ich auch unbedingt“, sagt sie.

Helga Stellmacher wird deshalb ihren Vertrag bei der PuG kündigen. „Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht“, sagt sie. Die ehemals selbstständige Friseurmeisterin mit Salon in Berlin ist sauer, dass der Pflegebereich wirtschaftlich nicht ausreichend ausgestattet wird. „Und das, obwohl ich mein Leben lang ausreichend in meine Altersvorsorge investiert habe.“
„Ausschlaggebend für unsere Entscheidung sind wirtschaftliche Gründe“, sagt Ludwig Borger, Geschäftsführer von PuG. „Wir sind als Pflegedienst, wie alle anderen Pflegeeinrichtungen auch, an das vor wenigen Jahren in Kraft getretene Tariftreue-Gesetz gebunden. Das heißt, wir bezahlen unsere Mitarbeiter nach Diakonie-Tarif. Deshalb müssen wir auch höhere Stundensätze berechnen.“
Kerngeschäft Pflege
Für Anbieter, die lediglich Haushaltshilfen anbieten, aber keine Pflege, gelte diese Tarifbindung nicht. „Sie können ihre Mitarbeiter grundsätzlich auch zum Mindestlohn beschäftigen und die Haushaltshilfen preiswerter anbieten“, so Ludwig Borger. „Dazu kommen steigende Kosten zum Beispiel für Energie, die Anfahrten werden teurer. Das hat dazu geführt, dass wir uns in Zukunft stärker auf unser Kerngeschäft konzentrieren werden: die Pflege.“
Bei Kunden, die auch Pflegeleistungen bei der PuG gebucht haben, würden auch weiterhin als Ergänzung die Haushaltshilfen durchgeführt. „Aber Extra-Anfahrten für vielleicht zweieinhalb Stunden im Monat rechnen sich bei den höheren Stundenlöhnen nicht“, so Ludwig Borger.

Borger bedauert, dass die Leidtragenden solcher Entwicklungen letztlich die hilfsbedürftigen Menschen sind. „Aber es ist nicht nur die PuG, die sich aus diesem Bereich zurückzieht. Das tun im Prinzip alle Pflegedienste, wir sind eigentlich nur die letzten. Das ist eine Konsequenz aus den aktuellen Rahmenbedingungen.“
„Gerade im Bereich der Haushaltshilfen gibt es eine riesige Nachfrage“, ergänzt Sabine Jahnke vom Beratungs- und Infocenter Pflege die Hintergründe. „Grundsätzlich sind Pflegedienste verpflichtet, auch diese Leistungen anzubieten, aber oftmals finden sie dafür kein ausreichendes Personal mehr. Deshalb gibt es inzwischen auch zahlreiche Anbieter, die ausschließlich Haushaltshilfeleistungen anbieten.“
Nachbarschaftshilfe möglich
Insgesamt hat Sabine Jahnke über 20 Dienstleister auf einer Liste, die sie zusammengestellt hat. „Inwiefern diese aber auch in Haltern aktuell tätig sind, kann ich nicht mit Sicherheit sagen, denn ich habe auch die Umgebung abgefragt.“
Sabine Jahnke weist darauf hin, dass seit dem 1. Januar 2024 die 125 Euro aus der Pflegekasse auch an Helfer aus dem privaten Umfeld vergeben werden können. „Das ist im Rahmen der Nachbarschaftshilfe möglich und kann mit der Pflegekasse abgerechnet werden“, so Jahnke. Die Beraterin steht Halterner Bürgern in Fragen zur Pflege unter der Telefonnummer 02364/933231 zur Verfügung.