Ralf Freise, Tischler und Orgelbauer, kennt die Klais-Orgel in der Laurentius-Kirche sehr genau. Vor Jahren hat er, Mitarbeiter der Firma Fleiter aus Münster-Nienberge, sie komplett umgebaut. Nun zerlegt er sie mit seinem Chef Orgelbaumeister Stefan Linke sowie den Kollegen Utukin Rostyslav und Jonah Halfmann. Denn die Laurentius-Kirche ist entweiht und wird abgerissen. Doch die Orgel wollte Kantor Thomas Drees unbedingt retten. „Sie ist das wertvollste Instrument der Stadt“, sagt er. Dieses Instrument wird nun sorgsam zerlegt und im nächsten Jahr in der Annabergkirche wieder aufgebaut.
Der Abbau erfordert nicht nur Sachverstand, sondern auch Muskelkraft. Manche Teile wie der Spieltisch zum Beispiel wiegen 200 Kilogramm und mehr. Die Orgelbauer nehmen Technik zur Hilfe, aber auch - im Wissen um physikalische Hebelgesetze - einen mechanischen Kraftwandler in Form eines gefundenen Holzpfahles. Denn die Münsteraner hatten nicht damit gerechnet, dass das Taufbecken bei der Demontage im Weg stehen könnte.

Eine Woche ist notwendig, um die Klais-Orgel mit ihren 2200 Pfeifen zu zerlegen. Sie wird zunächst eingelagert und erhält dann nach und nach einen neuen Schliff. Firma Fleiter kann nach einem Werkstatt-Brand im Januar vorübergehend nur eingeschränkt arbeiten.
„Die mechanische Orgel wird in Münster-Nienberge elektrifiziert“, erzählt Thomas Drees, Kantor von St. Sixtus. Das werde den Klang keinesfalls negativ verändern. Im Sommer 2025 etwa erwartet die Sixtus-Pfarrei das Instrument in Haltern zurück. „Es wird dem neuen Zuhause angepasst und das ist viel Arbeit“, sagt Ralf Freise. Der Orgelspieltisch wird künftig fahrbar sein und kann je nach Gebrauch flexibel versetzt werden.
Nach Italien oder Spanien
Die Orgel aus der Wallfahrtskirche ist bis dahin, so hofft die Pfarrei, verkauft. Für 9000 Euro soll sie nach Italien oder Spanien veräußert werden. Für die Kirche auf dem Annaberg fehlt ihr die Klangvielfalt, sie wurde, wie Ralf Freise als Fachmann sagt, unterdimensioniert geplant. Im Übrigen hätte sie repariert werden müssen, etwa 40.000 Euro hätte das schätzungsweise gekostet.

Der Ab-, Um- und Wiederaufbau der Klais-Orgel schlägt mit rund 100.000 Euro zu Buche. Kirchenvorstand und Bistum haben sich dennoch für den Umzug entschieden. Für die Pfarrei ist das finanziell ein Kraftakt. Sie muss 70.000 Euro Eigenkapital aufbringen. 20.000 Euro mehr als geplant, weil das Bistum den Zuschuss gekürzt hat. Für eine neue Klais-Orgel in dieser Dimension und Qualität hätte der Preis übrigens bei 500.000 Euro gelegen.
Schon 32.000 Euro Spenden
Kantor Thomas Drees und Mitstreiter sammeln seit Monaten, um am Ende die Rechnung für den Umzug bezahlen zu können. 32.000 Euro sind bislang dank großzügiger Spenderinnen und Spender zusammengekommen. Das reicht nicht, deshalb wird es weiterhin Benefizkonzerte geben und auch der Erlös aus der Sonntagskonzertreihe soll für den Standortwechsel der Klais-Orgel verwendet werden. „Außerdem suchen wir 250 Menschen, denen die Kirchenmusik am Herzen liegt und die zu einer Spende ab 200 Euro bereit sind. Sie werden dafür künftig auf einer Spendentafel an der Orgel namentlich erwähnt.“

Derweil ziehen die Mitarbeiter der Orgelbaufirma Fleiter alle Register, um ihren Auftrag bestens zu erfüllen. Das heißt, sie setzen sich mit aller Kraft für diese Sache ein. Sie tun das nicht bei Orgelmusik - im Hintergrund läuft vielmehr aktuelle Popmusik. Sonst wäre die Atmosphäre auch sicherlich zu dramatisch.
Der Beruf eines Orgelbauers umfasst viele Berufe: „Ich muss ein guter Schreiner sein, genauso wie ein guter Elektriker, Akustiker, Intonateur, Holz- und Metallbauer“, beschreibt Ralf Freise seine Tätigkeiten. Orgelspielen kann er als Multitalent allerdings nicht. „Wir sind Handwerker!“ Den Aufbau einer Orgel können er und seine Kollegen natürlich in allen Einzelheiten erklären, sie tun das auch gerne.
Die Orgel, eine Maschine?
Der romantische Schriftsteller Honoré de Balzac schrieb über die Orgel, sie sei ein ganzes Orchester, „das kühnste und das herrlichste aller von menschlichem Geist erschaffenen Instrumente“. Die Orgelbauer aus Münster stimmen ihm gerne zu. Auch wenn heute von einer Orgel als „Maschine“ gesprochen wird, was Stefan Linke gar nicht gefällt. Immerhin nahm die UNESCO den Orgelbau 2017 in die Liste des immateriellen Kulturerbes auf.

Spenden sind willkommen
Für die Finanzierung des Orgel-Umzugs hat die Pfarrei ein Spendenkonto bei der Sparkasse Westmünsterland eingerichtet: IBAN DE82 4015 4530 0000 0287 46, Kennwort Orgel-Umzug. Auf Wunsch stellt das Pastoralbüro eine Spendenquittung aus.