Die Ratsparteien Halterns sind sich einig, dass sie eine Entwicklung mit Wohn- und Gewerbeimmobilien an der Annabergstraße wollen. Es fehle allerdings ein ordentliches Verkehrskonzept, sagen beispielsweise die Grünen. Wir haben die Parteien nach ihren Standpunkten gefragt.

CDU-Fraktionsvorsitzender Hendrik Griesbach kann die grundsätzlichen Sorgen der Anwohner verstehen, diese würden auch berücksichtigt. „Alle Parteien sind sich einig, die Flächen entlang der Annabergstraße zu entwickeln. Art und Umfang der Entwicklung werden auch mit Blick auf etwaige zusätzliche Verkehre festgelegt und das keinesfalls unüberlegt“, schreibt er auf Nachfrage. Hierzu würden unter anderem unabhängige Gutachten erstellt.
Schon jetzt sei für die CDU klar, dass das Parken auf der Annabergstraße reduziert werden müsse, um den Verkehrsfluss und die Sicherheit für Radfahrer nicht zu verschlechtern. Dazu brauche es zusätzliche Parkverbotszonen sowie an den Gleisen einen Quartiersparkplatz für Anwohner und das entstehende Gewerbe. „Die aktuellen Anwohner im Bahnhofsquartier werden wir bei allen Planungsschritten mit einbinden“, verspricht Hendrik Griesbach.

Die Grünen sehen bei der Planung Verbesserungsbedarf. Fraktionsvorsitzende Sarah Radas betont, dass die Grünen deshalb bereits eine genaue Analyse der Verkehrssituation im Kontext der geplanten städtebaulichen Entwicklungen
gefordert hätten. „Der Verkehrsraum, der heute den motorisierten Individualverkehr privilegiert, muss für alle Verkehrsarten gerechter aufgeteilt werden.“ Die Grünen wollen sich für den Radweg entlang der Bahntrasse einsetzen, für vorgezogene Seitenbereiche, Mittelinseln und Materialwechsel auf der Fahrbahn Annabergstraße.
Die Planungen des Medical Centers am Bahnhof sehen sie als Chance für eine gewerbliche Entwicklung im Einklang mit der Mobilitätswende. „Eine Entwicklung auf der ‚grünen Wiese‘ am Stadtrand würde zwei wichtigen Zielen zuwiderlaufen: Einerseits würden die Bemühungen zur Reduzierung des Flächenverbrauchs konterkariert und andererseits gibt es hier keine bzw. eine weniger gute Anbindung an den ÖPNV.“

Die SPD-Fraktion hat einen Offenen Brief einiger Anwohnerinnen und Anwohner der Annaberg- und der Bahnhofstraße mit kritischen Hinweisen zur Verkehrssituation erhalten. „Durch eigene Erfahrung kann ich diesen Eindruck nur bestätigen. Daher hatte ich bereits mit Hinweis auf die Sicherheit für den Schüler-Radverkehr in einer Stadtentwicklungsausschusssitzung in 2022 auf die Gefahren hingewiesen und um Verbesserung (durch entsprechende Eingrenzung der Parkmöglichkeiten) gebeten“, erklärt SPD-Fraktionsvorsitzende Beate Pliete.
Im weiteren Genehmigungsverfahren werde es zwingend notwendig sein, die verkehrliche Situation als auch die damit verbundenen Belastungen für die Anwohner in den Fokus zu nehmen. Hier müssten Varianten zur Verkehrsführung wie z. B. Einbahnstraßenregelung, Nachtfahrverbot, Verbot von Schwerlastverkehr geprüft werden. Wenn eine zufriedenstellende Lösung nicht möglich sei, müsse die bauliche und gewerbliche Entwicklung an diesem Standort auf ihre Machbarkeit geprüft werden.
Beate Pliete: „Wir drängen seit langem auf die Realisierung des Gewerbegebietes an der Münsterstraße im Halterner Norden.“

Die Wählergemeinschaft Haltern sieht die Verkehrssituation ebenfalls als kritisch an. „Kurzfristig könnten eine Regulierung des Parkraumes sowie Geschwindigkeitsbegrenzungen im Bereich der Annabergstraße die Situation entspannen“, sind Fraktionsvorsitzende Marlies Breuer und Ratsherr Dr. Heinz-Werner Vißmann überzeugt. Im Rahmen der zukünftigen Entwicklung des Gebietes müsse ein tragbares Verkehrskonzept erstellt werden, das einen Kompromiss zwischen allen Interessen darstellen sollte.
Durch die Verlagerung des Pendlerparkplatzes sei der Zuflussverkehr zum Bahnhof erheblich reduziert worden. „Das geplante Medical Center wird am Knotenpunkt des ÖPNV geplant, und ist damit ohne Auto auch gut von allen Stadtteilen zu erreichen“, heißt es seitens der WGH.

Die FDP unterstützt die städtebauliche Entwicklung dieses zentralen Bereiches, denn sie werte Haltern am See an dieser Stelle auf und schaffe wertvolle Arbeitsplätze, könne ärztliche Versorgungsstrukturen ergänzen, lasse Haltern weiter attraktiv für Unternehmen werden und generiere Steuereinnahmen für den städtischen Haushalt, zählt FDP-Fraktionsvorsitzender Kai Surholt Vorteile auf. Der Standort eigne sich für die angedachte Nutzung, gerade wegen der sehr guten Anbindung zum Bahnhof und zum Busbahnhof.
„Die Verlagerung des Pendlerparkplatz auf die Rückseite des Bahnhofes hat schon zu einer großen Entlastung des Verkehrs an der Annabergstraße beigetragen“, sagt Kai Surholt. Dennoch werde die FDP die Sorgen der Bürger ernst nehmen. Allerdings sei die Annabergstraße schon immer durch eine Mischung von Wohnen und Gewerbe geprägt gewesen. „Grundsätzlich möchten wir die bestehenden Zufahrten zum Bahnhof und zum Gewerbegebiet über die Krumme Meer, die Holtwicker Straße und die Bahnhofstraße offenhalten, so dass sich der Verkehr verteilt.“ Stadt und FEG seien in der Pflicht, für genügend Parkplätze zu sorgen.