Nicht mehr lange bis Weihnachten. Zeit, die man mit den Liebsten bei gutem Essen im heimeligen Zuhause verbringt. Für Markus N. liegt diese Idylle in weiter Ferne. Der 53-Jährige hat keinen festen Wohnsitz, haust, wie er sagt, in einem Wohnwagen hinter dem Bikertreff „Drügen Pütt“ in Sythen. „Bei mir sieht’s aber aus wie auf einer Müllkippe. Deswegen bin ich lieber auf der Straße.“ Oder, wie an jenem Morgen im Dezember, in der Volksbank-Servicestelle an der Merschstraße. „Hier ist’s schön warm, das tut gut bei meinen ganzen Malessen.“
Probleme habe er viele, insbesondere mit seinem Körper: Eine kaputte Schulter und Hüfte, Schmerzen in den Füßen, Arthrose in den Gelenken. „Wenn ich alles aufzähle, sitzen wir noch bis morgen hier“, sagt N.
Seine Beschwerden hätten zu seiner jetzigen Lebenssituation beigetragen: Ursprünglich hat der 53-Jährige nach seinem Realschulabschluss eine Lehre als Maurer abgeschlossen, aufgrund seiner körperlichen Verfassung nach sieben Jahren zum Vermesser umgeschult. „Aber das war auch eine Höllenarbeit.“ Nach einigen Jobs auf Zeit folgte die Arbeitslosigkeit.
Erreicht habe er dennoch einiges: „Ich hab‘ ein Haus gebaut, zwei Söhne gezeugt, zwei Bäume gepflanzt. Was will man mehr im Leben?“, sagt N. Als glücklich würde er es dennoch nicht bezeichnen: „Ich sag‘ immer, Glück ist Geschick, und das habe ich nicht.“
Von Eheberatung zur Suchtberatung
Dazu seien noch einige „menschliche Zwischenfälle“ gekommen: Polizeieinsätze, Todesfälle, Trennungen. Über die Geburt von einem seiner Söhne sagt er: „Ich hatte Zweifel, ob der überhaupt von mir ist.“ Aus der einstigen Eheberatung wurde schließlich eine Suchtberatung. Alkohol ist seither sein ständiger Begleiter. „Das hilft, wenn man vor Schmerzen nicht mehr weiß, wohin.“
Auch mit einer neuen Frau wollte es nicht klappen: Häufig musste die Polizei kommen. Die Beamten sprechen von häuslicher Gewalt, Markus N. sagt: „Sie hatte eine Figur wie eine Ballerina, sie brauchte nur irgendwo gegen laufen, schon hatte sie blaue Flecken.“ Schließlich bekam N. Hausverbot in seinem eigenen Haus, erzählt er. Irgendwann musste er es verkaufen.
Das Geld ging unter anderem für Unterhaltszahlungen drauf, den Großteil verprasste er für Hotelaufenthalte. Nun verwaltet ein Betreuer den Rest. „Das ist lästig.“ Alle zwei Wochen bekommt N. 500 Euro. Außerdem kämpft er um Erwerbsminderungsrente.
Viele Tränen
Während er spricht, laufen ihm Tränen über die Wangen. „Weil ich so gerührt bin von meiner eigenen Geschichte“, sagt er. „Ich denk‘ viel darüber nach.“
Jetzt, in der Vorweihnachtszeit, hält sich N. gern auf dem Nikolausmarkt auf. „Weil die Atmosphäre dort so schön ist.“ Einmal hätten sie dort sogar sein Lieblingslied gespielt: „The Power of Love“ von Frankie goes to Hollywood. Das stimme ihn immer ganz tröstlich.
Hoffnung hat der 53-Jährige auch trotz Weihnachtszeit nicht mehr: „Ich such‘ die immer, aber ich find‘ die nicht.“
Zumindest Wünsche sind noch da: „Ein geregeltes Leben. Dass das mit den Rentensachen klappt. Und vielleicht eine Wohnung mit Bad, Küche und einem festen Bett. Im Grunde brauch‘ ich nicht viel.“
