
Backofenbauer Claus Heuft hat nicht viel Platz beim Arbeiten in der Backofenkammer. © Jürgen Wolter
Neue Steine für historischen Backofen bei Balke: Handwerker geben alles
Ältester Backofen
Tradition trifft Tradition: Backofenbauer aus der Eifel reparieren den historischen Stein-Backofen der Bäckerei Balke in Haltern. Das kann heute nur noch eine Handvoll Handwerker.
Mitten in der Backstube der Bäckerei und Konditorei Balke an der Mühlenstraße in Halterns Innenstadt steht er: ein Backofen, der auf das Jahr 1832 zurückgeht, vermutlich aber sogar noch älter ist. Jetzt war er für gut eine Woche außer Betrieb. Traditionelle Backofenbauer aus der Eifel erneuerten die Steine im Ofen. Eine Arbeit, die heute nur noch sehr wenige Handwerker beherrschen.
Dafür muss Firmenchef Claus Heuft einige Strapazen auf sich nehmen. Er kriecht in den schmalen Backofen, der vielleicht 40 Zentimeter hoch ist. Bergarbeiter im Steinkohleabbau hatten deutlich mehr Platz bei ihrer Arbeit. Platzangst darf Claus Heuft nicht haben. Dazu kommt: Der Sand im Ofen ist noch warm, etwa 35 Grad, obwohl der Ofen bereits seit einer Woche ausgeschaltet ist.

Bäckermeister Wilhelm Balke Senior (84) arbeitet auch heute noch täglich am historischen Backofen. © Jürgen Wolter
Handwerk mit langer Tradition
1985 sind die Tuff-Steine im Ofen das letzte Mal ausgetauscht worden. Jetzt ist die Reparatur wieder fällig. Es haben sich kleine Risse gebildet. Das kann heute in Deutschland kaum noch jemand. „Zwei bis drei Backofenbauer gibt es noch in der Bundesrepublik“, sagt Claus Heuft. Das Handwerk hat eine lange Tradition. Die Firma Herrmann Heuft in Bell in der Eifel gibt es bereits seit sechs Generationen, genauso lange, wie die Bäckerei Balke.
Der Ort Bell liegt am Laacher See, einem der Mare in der Eifel, die vulkanischen Ursprungs sind. Aus dem Lavagestein bildete sich der Tuffstein, den die Backofenbauer zur Innenausstattung des Ofens brauchen: „Er ist feuerfest, speichert die Wärme schnell und gibt sie langsam – die Bäcker sprechen von weich – wieder ab“, weiß Claus Heuft.

Der Tuffstein wird vor dem Einsetzen in den Ofen von Claus Heuft und Rolf Golling vorbereitet. © Jürgen Wolter
Original Königswinter Steinbackofen
In der Bäckerei Balke ist der Ofen noch im täglichen Einsatz. Befeuert wird er mit Holz. „Das bekommen wir vom RVR, Eiche und Buche aus der Haard hauptsächlich“, sagt Dirk Balke, Sohn des Seniorchefs Wilhelm Balke, der trotz seiner 84 Jahre auch noch täglich in der Backstube steht und den alten Ofen bedient. Er ist nach wie vor mit Leib und Seele Bäcker. „Wir backen ein echtes Original Steinofenbrot“, sagt er.

Der erste von 15 Tuffsteinen wird in den Ofen eingesetzt. © Jürgen Wolter
Heute leiten die Söhne, Konditormeister Dirk Balke und Bäckermeister Wilhelm Balke Junior den Betrieb. Auch die nächste Generation ist schon im Geschäft: Christoph Balke hat sowohl das Bäcker- als auch das Konditorhandwerk gelernt. Anja Balke managt den Verkauf und das Café.
„Bei dem Ofen handelt es sich um einen sogenannten ‚Königswinter Ofen‘“, sagt Dirk Balke. Die Bezeichnung geht zurück auf den damaligen Herstellungsort. „Bekannt ist 1832 als älteste Datierung“, so Dirk Balke. „Wir vermuten aber, dass er noch älter ist, weil das Haus, in dem er steht, aus dem 16. Jahrhundert stammt. Bei der Größe des Ofens vermuten wir, dass er von der gesamten Nachbarschaft als Backofen genutzt wurde, aber belegen lässt sich das leider nicht.“

Drei Generationen arbeiten in der Bäckerei und Konditorei Balke, v.l.: Christoph Balke, Wilhelm Balke Senior, Anja Balke und Dirk Balke. Im Bild fehlt Bäckermeister Wilhelm Balke Junior. © Jürgen Wolter
Ofen backt mit 400 Grad Celsius
Der Ofen wird seitlich über Brennkammern aus Gusseisen befeuert. Der eigentliche Backofen ist an der Decke und am Boden mit Tuffsteinen ausgelegt. „Er erreicht eine Temperatur von etwa 400 Grad“, sagt Dirk Balke. Beim Anheizen erreicht er sogar über 1000 Grad. Nach etwa einer Stunde sind die Brote knusprig gebacken, die aus dem Ofen kommen. Heute werden sie eng aneinander gelegt, damit die Krume nicht das ganze Brot umschließt. „Bei unserem Doppelback werden sie aber auch noch einmal mit Abstand gebacken“, so Balke.

Backofenbauer Claus Heuft muss in den Backofen kriechen, um die Verlegung der neuen Tuffsteine vorzubereiten. © Jürgen Wolter
Die Backmethode mit dem historischen Ofen ist zeitaufwändiger als mit modernen Öfen, die es in der Bäckerei und Konditorei Balke auch gibt. „Aber wenn Putin jetzt das Gas abdreht, können wir problemlos weiter backen“, sagt Dirk Balke. „Andere Öfen werden meist mit Gas betrieben“.
Durch eine Glasscheibe im Café Balke kann man den historischen Ofen auch in Aktion erleben. „Gelegentlich machen wir auch Bäckereiführungen, dann ist das Interesse an dem alten Ofen immer sehr groß“, so Balke.
Studium der Germanistik, Publizistik und Philosophie an der Ruhr Universität Bochum. Freie Autorentätigkeit für Buchverlage. Freier Journalist im nördlichen Ruhrgebiet für mehrere Zeitungshäuser. „Menschen und ihre Geschichten faszinieren mich nach wie vor. Sie aufzuschreiben und öffentlich zugänglich zu machen, ist und bleibt meine Leidenschaft.“
