Wegen verstärkter Algenblüten im Spätsommer war es in den zurückliegenden Jahren in der Zwischenstever wiederholt zu einem großen Mangel an Sauerstoff gekommen. Dieser hatte jedes Mal ein Fischsterben ausgelöst. Jetzt unternehmen der Wasserversorger Gelsenwasser und die Stadt Haltern am See einen erneuten Versuch und begegnen dem Problem mit einer neuen Anlage.
Das Wetter an diesem Donnerstag meint es gut. Auf der Stever zwischen den Talsperren Haltern und Hullern sind Wasser-Fachleute mit einem Verlegeboot im Einsatz. Im Auftrag von Gelsenwasser und der Stadt Haltern versenken sie ein neues Belüftungssystem im Wasser. Dabei handelt es sich um einen perforierten Schlauch. Er ist schwer und sinkt direkt auf den Gewässergrund.

Auf einer Länge von 500 Metern und nach Herstellerangaben auf zehn Metern Breite soll er künftig diesen Teil der Stever, der offiziell Zwischenstever heißt, belüften. Der Schlauch ist an einen Kompressor angeschlossen, der gleichmäßig Luft in Gewässer und Sohlsediment einbringen wird.
Die Zwischenstever soll kontinuierlich mit Sauerstoff angereichert werden. Der Kompressor wird daher über das ganze Jahr arbeiten. Anders als die sechs Oberflächen- und Strahlbelüfter, die bereits an verschiedenen Punkten des Flusses installiert wurden und nur in akuten Belastungssituationen zum Einsatz kommen.
Sauerstoffknappheit im Sommer
Sauerstoff ist hier gerade zur Sommerzeit besonders knapp. Die Algen vermehren sich dann dramatisch und entziehen dem Wasser mehr Sauerstoff, als sie produzieren. Mit der aktuellen Maßnahme soll das Ökosystem mittel- bis langfristig widerstandsfähiger gegenüber den zunehmenden Belastungen aus klimatischen Veränderungen gemacht haben, erklärt Magnus Meckelburg, Leiter der Abteilung Wasserwirtschaft bei Gelsenwasser. Der Wasserversorger hat die Technik bezahlt, die Stromkosten wird die Stadt Haltern tragen.
Durch das neue Belüftungssystem namens Drausy wird allerdings nicht die Ursache des Sauerstoffmangels bekämpft. Dies sei auch gar nicht möglich, erklärt Rüdiger Szymczak, Biologe bei der Westfälischen Umwelt- und Wasseranalytik GmbH. Denn auf Einträge wie Nitrat aus der Landwirtschaft und die Algen, die sich bereits im Hullerner See bilden und dann in die Zwischenstever gespült werden, habe man keinen Einfluss. Vielmehr erhofft man sich eine dauerhafte Stützung des Ökosystems durch ein permanent erhöhtes Sauerstoffangebot in dem Gewässer-Abschnitt.

Der Luftsauerstoff wird am Gewässerboden zugeführt und soll dort einen kleinen „Sauerstoffteppich“ bilden, wie Magnus Meckelburg ausführt. Das soll einen besseren und vollständigen Umsatz der reichlich vorhandenen Nährstoffe im Gewässersediment auslösen. Meckelburg: „Dies sollte sich positiv auf die Resilienz des Gewässerabschnitts gegenüber kurzfristigen Sauerstoffmangelsituationen auswirken, die wir auch weiterhin bei fortschreitenden klimatischen Veränderungen erwarten“.
Effekt erst in nächsten Jahren
Einen Effekt werde man aber sicherlich noch nicht in diesem Sommer messen können, meint er. Frühestens in den nächsten Jahren seien messbare Veränderungen zu erwarten. „Zugleich haben wir nicht die Erwartung, dass damit zukünftig Fischsterben ausgeschlossen werden kann“, sagt Meckelburg weiter. Aber die Hoffnung besteht durchaus.
Regelmäßige Messungen
Im Abstand von zwei bis drei Tagen wird das Wasser-Analyse-Unternehmen im Sommer Messungen an der Stever sowie an den beiden Talsperren durchführen. Zusätzlich kommen Online-Sonden zum Einsatz, mit denen täglich per Internet Werte zur Wasserqualität abgerufen werden können.
Besucher der Stever werden die neue Belüftungsanlage nicht bemerken. Bestenfalls sind sehr kleine Luftbläschen an der Wasseroberfläche auszumachen. Der Kompressor dagegen ist in einem schalldichten Container versteckt.
- Abgestorbene Pflanzen und Einträge durch Tiere (Fische, Vögel) bilden tote Biomasse, die sich am Grund absetzt. Diese organische Biomasse bildet Faulschlamm – dadurch entsteht auch Sauerstoffmangel.
- Die die Biomasse zersetzenden Mikroorganismen verbrauchen mehr Sauerstoff, als von den Wasserpflanzen produziert wird.
- Das Drausy-System schafft durch sanfte Belüftung ein aerobes Milieu am Gewässerboden. Aerobe Mikrobakterien werden angelockt, verstoffwechseln die Organik und binden Schadstoffe am Sediment.
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