Neue Abfahrt an der Glashütte Anwohner befürchten Unfallschwerpunkt - Klage gegen die Stadt

Abfahrt an der Glashütte: Unfallschwerpunkt befürchtet - Klage gegen Stadt
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Ludger Tigges und seine Nachbarin Edda Ortmann wohnen zusammen mit 28 weiteren Parteien in der Mehrfamilienhaus-Anlage in der Papenbrückstraße Nummer 5. Wenn der Halterner aus seinem Wohnzimmer schaut, genießt er einen fantastischen Blick auf die Lippeauen und die schottischen Hochlandrinder, die dort weiden. Wohnen an der Grenze zum Naturschutzgebiet. Vom starken Verkehr auf der Recklinghäuser Straße ist hier kaum etwas zu hören.

Ludger Tigges kann auch den Hinterhof der Glashütte einsehen. Ende vergangenen Jahres wurde er dort von Straßenbauarbeiten überrascht. Direkt an der ehemaligen Klempnerei seien an nur einem Tag zwischen Weihnachten und Silvester zwei Bäume gefällt und ein Schotterweg angelegt worden. Dieser führt direkt auf die Papenbrückstraße.

Erst nach Rücksprache mit der Stadt wurde klar: Hier entstand eine provisorische Ausfahrt vom Glashütten-Gelände. Der Kunden- und Lieferverkehr insbesondere der Bäckerei Malzers soll künftig über die Papenbrückstraße abfließen. Jetzt befürchten die Anwohner einen neuen Unfallschwerpunkt. Und eine enorme Lärmbelästigung.

Holprige Sackgasse

Etwa vier Meter breit ist die holprige Sackgasse, einen Geh- oder Radweg gibt es hier nicht. „Wenn sich Autos entgegenkommen, ist für Spaziergänger oder Radler kein Platz mehr“, sagt Tigges. Gerade im Sommer verenge wucherndes Gebüsch die Straße zusätzlich, meint Edda Ortmann. Zum Nadelöhr werde sie aber schließlich im oberen Bereich kurz vor der Einmündung zur Recklinghäuser Straße. Dort knickt die Sackgasse ab und wird unübersichtlich. Ein rege genutzter Parkplatz erschwert das Passieren mit dem Auto zusätzlich.

Vor zwei Jahren sei die Verwaltung mit dem Eigentümer der Glashütte überein gekommen, bei Bedarf von diesem Teilflächen erwerben zu können, falls es für die Realisierung des geplanten Wenders an der Recklinghäuser Straße erforderlich sein sollte. Das erklärte Baudezernent Siegfried Schweigmann auf Anfrage. „Zeitgleich wurde im Hinblick auf die Baugenehmigung für das zwischenzeitlich errichtete Bäckereicafe vereinbart, eine Ausfahrtsmöglichkeit zur Papenbrückstraße zu schaffen. Damit sollte dann auch der Wender verkehrlich entlastet werden“, heißt es aus dem Bauamt.

Der neu angelegte Schotterweg, der auf das Glashüttengelände führt.
Direkt neben der ehemaligen Klempnerei wurde eine provisorische und enge Ausfahrt vom Glashüttengelände geschaffen. © Ingrid Wielens

Ob mit dem Wender, dessen Bau zurzeit überhaupt nicht absehbar ist, grundsätzlich keine Möglichkeit mehr bestehen soll, vom Glashüttengelände auf die Recklinghäuser Straße zu gelangen, oder es dann zwei Ausfahrten - eine nach vorn, eine nach hinten - gebe, ließ Schweigmann offen. So weit habe man sich in der Verwaltung noch keine Gedanken gemacht. Man müsse sehen, wie sich der Kundenstrom auf dem Gelände generell entwickele. In der ehemaligen Glashütte sind neben der Bäckerei noch zahlreiche Betriebe, die Kunsthalle, ein Kindergarten sowie eine physiotherapeutische Praxis angesiedelt.

Linksabbiegen schwer möglich

„Hier werden städtische Probleme in der Verkehrsführung verlagert“, kritisiert Ludger Tigges. Der Gefahrenpunkt im Kreuzungsbereich Recklinghäuser Straße/Recklinghäuser Damm/Lorenkamp werde in den Bereich Recklinghäuser Straße/Papenbrückstraße verschoben. Das Einbiegen von der Papenbrückstraße in die Recklinghäuser Straße gelinge schon jetzt nur bedingt.

Ein Luftbild zeigt den Bereich Recklinghäuser Straße/Papenbrückstraße
Der Kundenverkehr an der Glashütte (Kreis oben) soll über die Papenbrückstraße auf die Recklinghäuser Straße (Kreis unten) zurückgeführt werden. © 3d.ruhr

„Wer links in Richtung Hamm-Bossendorf fahren will, hat gerade zu den Stoßzeiten keine Chance“, weiß er aus Erfahrung. „Also biegt man zunächst rechts ab, um sofort nach links auf das Tankstellengelände zu gelangen. Dort dreht man dann, um in Richtung Bossendorf weiterzufahren.“ Das sei zwar umständlich, aber aufgrund der stark befahrenen Recklinghäuser Straße oft gar nicht anders möglich.

Ludger Tigges steht vor der neuen Ausfahrt.
Die Papenbrückstraße betrachten die Anwohner wie hier auch Ludger Tigges als zu eng und zu holprig, um hierüber den Verkehr vom Glashütten-Gelände abzuleiten. © Ingrid Wielens

„Wenn nun der Kunden- und Lieferverkehr an der Glashütte nur noch über die Papenbrückstraße abfließen kann, wird es dort unweigerlich zu einer hohen Verkehrsbelastung und zu einem extremen Rückstau vor der Recklinghäuser Straße kommen“, mutmaßen Tigges und Ortmann. Tatsächlich hatte ein Mitarbeiter der Verwaltung schon 2020 auf Probleme in diesem Bereich hingewiesen, als es um den Bauantrag an der Glashütte ging. Der Verkehr Richtung Hamm-Bossendorf könne besonders zu Stoßzeiten nicht von der Papenbrückstraße abfließen, hieß es in der damaligen Stellungnahme.

Wird die Ausfahrt noch verlegt?

„Die Errichtung einer Ausfahrt war als Auflage in die Baugenehmigung aufgenommen worden“, berichtet Siegfried Schweigmann. Für die Ausfahrtmöglichkeit habe die Stadt eine nicht benötigte Grünfläche verkauft. Die jetzt angelegte provisorische Ausfahrt, die als solche kaum zu erkennen ist und in einem engen, rechtwinkligen Knick geführt wird, soll laut Schweigmann nach dem geplanten Abriss des ehemaligen Klempnerei-Gebäudes „um circa 50 Meter nach Norden und damit über die ehemalige städtische Fläche verlagert werden“. Ob es aber tatsächlich dazu kommen wird, ist unklar. Schweigmann: „Theoretisch könnte sie auch an der jetzigen Stelle bleiben. Wir haben nur eine Ausfahrt verlangt.“

Beweis muss erbracht werden

Aktuell ist die Ausfahrt nach Prüfung des Baudezernenten mehr als 2,50 Meter breit. Der Beweis, dass diese Lösung auch tatsächlich nutzbar ist, muss indes noch vom Eigentümer erbracht werden.

Aufgrund der erwarteten enormen und „unzumutbaren“ verkehrlichen Belastung haben die Bewohner des Hauses Nummer 5 Klage erhoben. Das Klageverfahren läuft noch. Wann mit einem Urteil gerechnet werden kann, ist nicht absehbar. Ludger Tigges und seine Mitstreiter sind „tief enttäuscht“ von der Stadtverwaltung, „die ihre Bürger nicht informiert, sondern vor vollendete Tatsachen stellt“.