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Meta Rentzsch ist tot - „Du hast unser Leben so wunderbar verändert“
Förderverein Khayelitsha
Meta Rentzsch machte den Ärmsten im Slum von Khayelitsha Mut, wieder an ein Leben ohne Gewalt und Ungerechtigkeit zu glauben. Sie selber schöpfte aus dieser Arbeit Kraft und Lebenswillen.
Für viele Menschen im südafrikanischen Township Khayelitsha war Meta Rentzsch aus Haltern die „Mutter Afrikas“. Sie haben sie verehrt, „denn du hast unser Leben so wunderbar verändert!“ So viel Anerkennung gab Kraft für ein langes Leben. Nun ist Meta Rentzsch im hohen Alter von 99 Jahren gestorben.
In einer trostlosen Gegend voller Chaos, Gewalt und Leid - 12.000 Kilometer von Haltern entfernt - erschien Meta Rentzsch 1988 wie ein Engel. Sie besuchte damals ihre nach Kapstadt ausgewanderte Tochter Hiltraud, sah die ausgesetzten Kinder in den Elendsquartieren, sah, dass sich niemand mehr um sie kümmerte und erkannte ihre Lebensaufgabe. Wieder zurück in Deutschland, gründete sie den „Förderverein Khayelitsha“. Seither sammelte Meta Rentzsch mit ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern für „ihre“ Kinder in Südafrika: Kleidung und Spielzeug, als noch Transporte nach Südafrika möglich und bezahlbar waren, später nur noch Geld.

Ein Familienfoto vom 90. Geburtstag: Meta Rentzsch mit ihren Kindern Uschi, Michael und Hiltraud. © Foto: Elisabeth Schrief
Darüber führte ihre Tochter Hiltraud Elsing, ehemalige Vermessungstechnikerin im Tief- und Hochbau mit Wahlheimat Kapstadt, Buch. Sie kümmerte sich um die vielen gemeinnützigen Projekte, die dank der Spenden aus Haltern und darüber hinaus eingingen. Kindergärten, Vorschulen, Gemeindezentren entstanden, wurden dann südafrikanischen Wohlfahrtsorganisationen übergeben.
Die Menschen in Khayelitsha sollten sich mit dem jeweiligen Projekt identifizieren und Verantwortung dafür übernehmen. Vor allem die Frauen schöpften aus der Arbeit in den Projekten Selbstwertgefühl. Sie wurden bewundert für ihre Arbeit mit den Kindern, Jugendlichen und den Aidskranken und das machte sie glücklich. Meta Rentzsch flog immer wieder nach Kapstadt, um sich selbst ein Bild von der Arbeit in dem Armenviertel zu machen und den Menschen nah zu sein.
Bundesverdienstkreuz und Bürgerpreis Ehrenamt
1997 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz verliehen, 2004 erhielt sie den Bürgerpreis Ehrenamt der Stadt Haltern. „Ihr Wirken für eine am anderen Ende der Welt liegende Region ist ein Beweis dafür, dass Solidarität nicht am eigenen Kirchturm halt machen muss“, würdigte sie der damalige Bürgermeister Bodo Klimpel.
Für die SPD im Stadtrat
Meta Rentzsch gehörte von 1975 bis 1984 dem Halterner Stadtrat an. Sie war die erste Frau in der SPD, die ein solches Mandat errang. Meta Rentzsch führte den Vorsitz im damaligen Sozialausschuss sowie im Jugendausschuss und gehörte weiteren Fachausschüssen an. Für Meta Rentzsch war das Friedenarbeit. Die Ängste in den Bunkernächten während der Bombardierung Wilhelmshavens, „die sinnlose, totale Zerstörung mit all den Toten, dem Blut und den Tränen machten mich zur Pazifistin“, erzählte die gebürtige Ostfriesin einmal. Das Ende der Gewalt 1945 empfand sie als ungeheure Erleichterung: „Keine Angst mehr haben zu müssen, wieder frei reden zu können, das bedeutete für uns endlich Leben.“
Ihre Ideale nahm sie mit nach Haltern, als sie Herbert Rentzsch heiratete, ihre Kinder Hiltraud, Ursula und Michael großzog. Aber die Justizangestellte merkte auch bald, dass viele Politiker durch den Krieg nichts dazu gelernt hatten. Meta Rentzsch trat in die Partei ein: „In der SPD unter Willy Brandt sah ich meine Interessen am besten vertreten.“
Gegen Nato-Doppelbeschluss, für atomwaffenfreie Zone
Ihre aufrichtige Gesinnung vertrat sie mit dem Mut einer Löwin: Als Delegierte beim Bundesparteitag in Berlin 1979 stimmte sie gegen den umstrittenen Nato-Doppelbeschluss. 1983 schlug sie als Ratsmitglied (seit 1975) vor, Haltern zur atomwaffenfreien Zone zu erklären und schrieb damit ungewöhnliche Schlagzeilen. Dass ihr Antrag später im Rat abgeschmettert wurde, brachte Meta Rentzsch‘ Lebensideal nicht zum Einsturz. Sie fand, dass es wichtig, richtig und gut ist, wenn Frauen sich einmischen. Ein schönes Vermächtnis.
Haltern am See ist für mich Heimat. Hier lebe ich gern und hier arbeite ich gern: Als Redakteurin interessieren mich die Menschen mit ihren spannenden Lebensgeschichten sowie ebenso das gesellschaftliche und politische Geschehen, das nicht nur um Haltern kreist, sondern vielfach auch weltwärts gerichtet ist.
